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E P IG O N E N K U N S T D E R A T LA N T ISC H EN KULTUR IN YORUBA Opferumen von A ltä re n des Gottes Schango. C. Arriens del. (DIAFE 1910) an dem 2 Steinbeile befeftigt find. Die heute am meiften gefchätzten Formen ähneln den Flügeln an der Haubenfchleife Schwarzwälder Bäuerinnen. (Siehe vor allem die beiden Figuren oben auf S. 149, fowie die erfte von links in der mittleren und die letzte in der unteren Reihe. Vgl. auch die Figur oben rechts auf S. 148. Eine großzügige Mythologie umgibt Schangos Bild. Der Gott war vordem ein großer, graufamer König auf Erden. Seine Gattin war Oya, der Nigerftrom (f. dieTextfig. S. 152 rechts und in der Mitte), die einft von feiner Medizin geftohlen hatte und von ihm verfolgt wurde. Das Bild der Jagd an der Bahn des Nigers bis'in die Lagune wird großartig erzählt. Schango ift als Gewittergott gewaltig, herrifch, ein Zerftörer und doch auch wieder ein Segnender. Sein grollender Zorn fchreckt. Sein Blitz mordet, aber mit feinem Regen fließt Fruchtbarkeit zur Erde. Als König auf Erden wohnt er in einem Palafte aus Meffing. Er war ein Reiterfürft. Immer wird er als Reiter dargeftellt. Zuletzt wurde er so grau- fam, daß das Volk feiner überdrüffig wurde. Er wurde aufgefordert, fich zu töten. Zornig ging er in ¿en Wald. Man fand, ihm nachgehend, nur noch eine aus dem Boden herausragende Kette, an der er fich nach den einen erhängt, nach den ändern in die Erde hinab- gelaffen hatte. Wieder andere fagen, er fei an einer Kette zum Himmel aufgeftiegen. Der Gott Schango ift mit feinem Kultus die führende Gottheit des Yorubalandes, sein dreitägiges Opferfeft das geräuschvollfte des Jahres. Blutige Opfer, Orakelwürfe, Umzüge, Tänze und Schmäufe wechfeln miteinander ab. Der Topf mit dem heiligen Feuer des Gottes fpielt eine bedeutfame Rolle. Keine profane oder priefterliche Obrigkeit kann fich dem raufchenden Fefte entziehen (vgl. Und Afrika sprach III S. 258 ff.). Wir können uns keines von den großen Ritualien des Altertums denken, von denen wir mit Staunen und wohl auch mit Entsetzen in den Akten der Kulturgefchichte lefen, das nicht in feiner Weife in irgendeinem folchen yorubifchen Kultus fein Weiterleben E P IG O N EN K U N S T D ER A T LA N T ISC H EN KULTUR IN YORUBA Opferumen v on Altären des Gottes Schango. C. Arriens del. (DIAFE 1910) feierte. So riefenhaft graufam, fo prunkvoll und fo großartig hinreißend wie der Schango- dienft fcheint aber inWeftafrika kein anderer Kultus gewefen zu fein. Und fo bunt und formreich wie Schangos Tempel und Kultusgerät ebenfalls kein anderer. Weitausgedehnte Altäre, mächtige Tempelvorhänge, überfät mit Emblemen und Symbolen, lederne Tafchen, Prieftertiaren, Holzfiguren, Opferklötze und Opferurnen. Diefe letzteren find eigenartig genug, unfer Intereffe in Anfpruch zu nehmen. (Vgl. die Textabbildungen S. 150,151,155.) Befonders die Opferkrüge, offenbar uralte Stücke, zum Teil aus alten Grabftätten der Vorzeit wieder ausgegraben, zeigen einen Reichtum an ornamentaler Ausgeftaltung in fchwerer erhabener Arbeit, die eigenen Sinnwert verrät und deffen nähere Betrachtung Ausficht auf Erfchließung von allerhand Ausblicken bietet. Auf S. 151 find drei folcher Urnen abgebildet. Auf der rechten in der Mitte ein Ofe Schango, hier direkt bezeichnet als Doppelbeil, als Waffe des Gewittergottes und gleichzeitig auch als Phallus mit Teftikeln. Auf der mittleren von den drei Urnen auf der gleichen Seite ift diefes Emblem nicht weniger als fechsmal zu fehen, zweimal in größerem, viermal in kleinerem Format. Die Bedeutung der Gefchlechtsteile ift hier noch deutlicher. In der Textabbildung S. 153 unten fehen wir (befonders in der unteren Aufrollung) eine ganze Kette intereffanter Darftellungen, und zwar von links nach rechts: 1. zwei Handgriffe, 2. eine fifchfchwänzige Gottheit, (vgl. auch Tafel 177), 3. einen Mann, rechts Griff und Steinbeil, links die Schlange haltend, 4. wieder eine fifchfchwänzige Gottheit, 5. eine Frau, 6. zwei Handftiele mit Steinbeilen darüber, 7. eine Schlange. Hierzu erhielt ich folgende eigenartige Erklärung: Die Urne follte das Opferblut aufnehmen (bei Fürbitte in der Zeit gefährlichen Regenmangels und der Dürre!), Das Opfer beftand in diefem Falle aus einem Sklaven und einer Sklavin. Mit einem Steinbeil wurde dem Manne das Ge- fchlechtsglied abgefchlagen und diefes in das Feuer geworfen. Die Frau wurde getötet, aber


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