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wälferung des übervollen Schwammes, des hundert- und taufendfach verzweigten Netzes von Quellen, Bächen und Flüffen, an deren Talböfchungen der das Waller auf- faugende und zuTammenhaltende Urwald aufragt. Wir willen bisher von keiner Kultur, die fich in diefer Hyläa Afrikas gebildet habe. Wir kennen nur Kulturen, die lieh in he als in eine fchützende Wildnis gerettet und folche, die diefer Wildnis Boden abgerungen haben. Die Hyläa ift zunächft im entgegengefetzten Sinne zur Sahara der Feind der Kultur. DIE HYLÄA ALS ZUFLUCHTSSTÄTTE (Hierzu T a fe l 122— 127) In geologifch nicht fo fehr weit zurückliegender Zeit dürfte der größte Teil Mittelafrikas von der Hyläa behänden gewefen fein. In langfamer Drehung um feine Längs- achfe bewegt ñch der Erdteil, hebt fich die Oftküfte, fenkt fich die Weftküfte. Heute ift die Oftküfte Steppenland, Zega; die Weftküfte war aber bis vor noch nicht lang ver- ftrichener Zeit Hyläa, eine Hyläa, durch die einige Savannenzugänge zur großen nördlichen und ö ftlichen Zega hinaufführten. Da der bis an die Küfte heranreichende Urwald (wie wir aus der Erfahrung in anderen Erdteilen wiffen) als eine unendlich fchwer zu durchbrechende Barriere den Zugang zum Erdteil fo gut wie verfchließt, fo war alfo Afrika von alters her von Often zugänglicher als von Weiten. Alle von der Seite der Erythräa (Rotes Meer und Indifcher Ozean) kommenden Kulturen hatten es verhältnismäßig leicht, den Erdteil zu erobern. Alle von der atlantifchen Seite kommenden Kulturen hatten fogar um fchwache Haftung fchwer zu ringen. Es ift nach unferem Wiffen zu keiner Zeit anders gewefen. Jahrhundertelang verfuchten die europäifchen Koloniften vergebens, von der Weftfeite aus vorzudringen. Die eigentliche Erfchließung des Erdteils erfolgte nach verhältnismäßig kurzem Kampfe von Often und Norden her. Wie ein urzeitliches Riefenwefen liegt diefe Hyläa im Weiten Afrikas. Gleich Frühlings- ftrömen gegen den Gletfcher branden feit Taufenden von Jahren die Kultur wellen von Norden, Often und Süden gegen ihre gigantifcheUrkraft. Unter folchem Druck fchwindet die Hyläa langfam, aber merklich. Der Hauptfeind der Hyläa ift der Steppenbrand, den die Bewohner der Zega alljährlich zur Jagdzeit entzünden. In ihren Randgebieten ift die Hyläa auf tief eingefchnittene Täl§r, an deren Böfchungen und auf deren Sohlen fie fich noch erhalten kann (Galeriewaldungen), angewiefen. Aber wie auch der europäifche Wald die Zufluchtsftätte von allerhand Getier wurde, fobald der Menfch feine Felder- und Wiefenwirtfchaft ausdehnte, fo zogen fich in die Hyläa zu allen Zeiten gern Völker und Kulturrefte zurück, die anftürmenden jüngeren M I T T E L E R Y T H R Ä I S C H E K U L T U R S Y M P T O M E (Gemeinsamkeit der Nord- und der Süderythräischen Kultur) 46. Der Hase als Fabelheld — 47. Die Kegeldaclihütte - 48. Die .Beamtenhierarchie m it den 4-Erzbeamten Kräften in der Zega nicht Widerftand zu bieten vermochten. Am berühmteften find jene Pygmäen, die zu Herodots Zeit anfeheinend noch in nördlichen Sumpf- und Flußgebieten lebten, deren Exiftenz im Urwald Schweinfurths Zeugnis zum erften Male wiffenfchaftlich beftätigte, die die nächften Verwandten der Felsbilder malenden Bufchmänner der Sahara find und von deren Bildmagie ich oben berichtete. Diefe Pygmäen find überall Träger der gleichen Kultur, haben überall den gleichen Hüttenbau (hamitifchen Bienenkuppelbau, Tafel 122) und find ziemlich ebenmäßig über den Urwald verbreitet. Nächft den Pygmäen fällt als weitere Gruppe die Pfahlbauerfchaft auf, die fich von der äthiopifchenKultur abzweigte, durch jüngere Kulturftrömungen aus der Steppe verdrängt. Befonders am Südrande des Kongowaldes und in den füdlich darin gelegenen ebenfo fchwer zugänglichen Sumpfgebieten find ihre Reite in weiter Verbreitung gut erhalten. (Vgl. Tafeln 124-II126; hierzu Nr. 8 auf Textfigur S. 895 Tafel 127.) Diefen beiden Erfcheinungen der Zerfplitterung und Auflöfung, der Degeneration und der Ifolierung fteht eine dritte, ganz andersartige gegenüber: eine ganze Kulturgruppe, die abgerundet und gefchloffen einft an der Oftküfte des Erteiles gelandet und dann als Einheit in den Urwald gedrängt worden fein muß. Wir nennen fie heute die alterythräifche. Sie ift charakteriftifch durch eine Architektur, durch eine ganz befondere Bogenform (echarpe Bogen, vgl. „Kulturbilder aus dem Weftfudan“ , 1910), durch Schlitzpauke und entwickelte Trommelfprache, durch Kultur des Schweines und der Banane. Gerade letztere ift für die Zeitbeftimmung der Einwanderung diefer Kultur von großer Bedeutung. Dr. Bernhard Struck hat hierüber eine wichtige Arbeit in Vorbereitung, der ich nicht vorgreifen möchte. (Im übrigen Kartenfkizzen S. 129.) Diefe alterythräifche Kultur nimmt in diefem Teile infofern unfer ganzes Intereffe in Anfpruch, als fie fchon über eine ganz hervorragende Kunft in der Holzfchnitzerei ver


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