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Unternehmungen im Gegenfatz zum Altertum befchleunigt wurde, — mit der gleichen Energie wurde das Problem Afrika angepackt: Abbau des Goldgehaltes der Negerländer, Export des „Sklavenmaterials“ nach Amerika und (zur Erleichterung der letzten Unternehmung) Erklärung der Unfähigkeit der „Negerraffe“ gingen Hand in Hand und hatten zur Folge, daß zwar (wenigftens die Küften des Erdteils) Afrika w ied e rentdeckt und dem aufkeimenden Welthandel zugäng lich gemacht wurde, daß es im Wefen aber unbekannt blieb, fo vollkommen unbekannt, daß auch w ir nach vie r Jahrhunderten noch mit diefer Tatfache zu rechnen haben. DIE DURCHDRINGUNG AFRIKAS DURCH JUNGEUROPA Es kann kein Zweifel darüber beftehen, daß Afrika felbft zwifchen feinem Verfall in Vereinfamung nach der erften Entdeckung durch die Afiaten und feiner Wiederentdeckung durch die Europäer allerhand große Umwälzungen kultureller Natur erlebt hat, und daß die Portugiefen z.B. die Oberguineaküfte fchon in einem Stadium mindeftens ftaatlichen Zufammenbruches antrafen.- Immerhin berichten felbft diefe Portugiefen allerhand über Tracht und Luxus, über Ordnung in Befiedlung und Kunft im Anbau (Weida!), über Prunk und Pracht an den Höfen (Stoffe wie Samt und Seide in Kongo), über Elfenbeinfchnitzereien etc., was uns mit den anderen Belegen zufammen beweift: daß das XV. Jahrhundert die Kulturzuftände in den Küftenländern nicht anders kennen lernte, als wir fie im XX. dann in dem auch endlich zugänglich gewordenen Inlande fanden. Fernerhin ift nicht zu bezweifeln, daß die großen Religionsfyfteme, fo das gewaltige templare der Joruba, damals ebenfo wie heute, ja in noch fchönerer Blüte als heute ftanden. Der erfte Europäer fprach aber nur vom Fetifchdienft und, foweit es fich um Kultfymbole handelte, von „Fetifchen“ . Es war dem europäifchen Hochmut nicht möglich, die Neger anders anzufehen denn als Nutzungsobjekte. Und in diefer Vorftellung trat auch mit der Abfchaffung der Sklaverei kein anderer Umftand ein, als daß die Peitfche durch Gefetzestafel und Syftem erfetzt wurde. Zum dritten endlich ift es unzweifelhaft, daß viel tüchtige und warmherzige Menfchen mit dem größten Opfermut darum kämpften, die Neger uns nicht nur mit ihren Sprachen, Namen und Wohnorten kennen zu lehren, fondem fie uns auch bekannt zu machen. Und ficherlich haben diefe prachtvollen Menfchen wie Ohrwalder und Livingftone, Pogge und Junker die Menfchen an fich perfönlich gut gekannt, ohne daß es ihnen indefTen gelungen wäre, die die Menfchen leitende Kultur, das Größere und D IE A T L A N T ISC H E K U L T U R IN A FR IK A 18. Ruinen- u n d Einfallgebiet — 14. Größte Auswirkung — 15. B erührung u n d Beziehung z u r (3) syrtischen, (2) nord- erythräisclien u n d (1) süderythräischen K u ltu r Tiefere alfo, in feinem Wefen zu erfaffen. Wie viel näher rückte der Wanderer des Altertums dem Fremden, von dem er wußte, daß er den und den Göttern, die er felbft, wenn auch unter anderen Namen hatte, diente, als wenn ein moderner Ethnograph dem Lefer in einem umfangreichen Werke Befchreibungen liefert! Die Alten lebten damit in Vo rftellung, Erfahrung und Beziehung, w ir aber find ang ewiefen auf Begriffe. Und das ift für das vorige Jahrhundert das Selbftverftändliche und Notwendige ge- wefen. Nachdem einmal die Wege der Analyfe, der Begriffsbeftimmung und des Spe- zialiftentums befchritten und fürs erfte die Metaphyfik eliminiert war, mußte diefer Weg ftreng beibehalten werden. Diefer Weg aber war ebenfo notwendig wie gut, denn er führte zur Möglichkeit der Zielgewinnung. Auf ihm wurde nämlich von hunderten von opferwilligen Männern das Material herangetragen, das die Synthefe des XXI. Jahrhunderts und zwar auf diefem Gebiete die entfcheidende deutfche Synthefe ermöglicht. Zwei Wege nämlich gibt es, die vom erften Kennenlernen zur wirklichen Bekannt- fchaft, d. h. vom äußerlichen Wahrnehmen zum wirklichen inneren Erfaffen leiten. Der erfte ift der des -SS hier dürfen wir uns diefer Ausdrücke bedienen inftinktiven Er- lebniffes, das keinerlei Vorbereitung bedarf, ja, durch eine Vorbereitung fogar gehemmt, wenn nicht überhaupt in feiner Zielficherheit bedroht wird. Die Fähigkeit des Durch- fchauens auf den erften Blick ift eine natürliche Anlage für alle unbeirrten weiblichen Wefen, demnach auch Völker. Fernerhin ift fie den Trägem jünglingshafter Kulturen angeboren, und war fomit den Afiaten und Halbafiaten des Altertums doppelt natürlich. Der zweite Weg ftellt die experimentelle, durch Analyfe zur Synthefe führende reflek- tive Schulung dar. Die Anlage zu folcher Bahnbefchreitung ift eine männliche und die der Alteren, foweit die Träger nicht den Erfahrungen als Zwecken verfallen find, fon- dern fie als Mittel zu verwenden vermögen. Diefe Bahn ift wie in allem anderen fo auch auf diefem Gebiete eine z. B. der deutfchen Entelechie naturgemäße. F r o b e n iu s , Afrika 2


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