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und wuchtig, qualitativ bedeutfam und machtvoll erlcheint das eine, das „ Großftädtilche “, das Staatliche. Und im Gegenlatz dazu tritt das Intime, Formreiche, das Feingliedrige und Sinnvolle auf in der Kunft der fippenhaft lebenden Bauern, — das aber heißt der äthiopifchen Kultur, die überall die ftärkere, das Ganze bedingende, fchickfalentfcheidende fcheint, ift, bleibt, wo das Pfahlgerüft, das alte Pfahlbaufyftem durch jüngere Formen hindurchlebt. Hier nun ift es am Platze, einen fcharfen Gegenfatz aus dem Wefen der Architektur abzulefen und zu betonen. Auch der Hamite hat Burgen. Vgl. Tafeln 45— 45. Das find Hochburgen einer harten Ariftokratie, der Ausdruck einer Kaftengliederung, wie fie in der Artung aller chthonifchen Kultur liegt. Hier herrfcht eine in der Horizontal- fchichtung ausgebildete Herrenkafte. Die ftarre Felsburg, die Steinarchitektur ift ihr Ausdruck. Die Felsburgen der hamitifchen Ariftokraten erheben fich über den Behau- fungen der dienenden Bauern. Diefe Anlagen mögen in irgendeinem hiftorifchen Zu- fammenhange mit den Lehm- und Pfahlwerkburgen der Bauern des Sudan ftehen. Trotzdem find lie etwas anderes, etwas diefem Wefen diametral Entgegengefetztes. In den Burgen der äthiopifchen Kultur leben Sippen. Diefe Sippen leben in vertikaler Gliederung nebeneinander, B wie ihre Burgen. Die tellurifche Kultur kennt nicht die Kalte; kommt die Kafte zu ihr, nimmt fie neue Formen an. Die beiden Bauftile der Burg find alfo Ausdrücke verfchiedener Paideumata. Wenn demnach einerfeits auch ein hiftorifcher Zufammenhang befteht, fo ift doch anderer- feits ein Gegenfatz herausgewachfen. Und damit ift wieder betont: es kommt nicht nur darauf an feftzuftellen, was eine Kultur hervorbringt; wefentlicher ift es zu erfaffen, was fie aufhimmt und in welcher Weife fie das Aufgenommene ihrem Geifte entfprechend im Eigenleben ausdrückt. TEMPEL ALS BAUWERKE (Hierzu T a fe ln 103— 116) Im erften Teil fprach ich von der Natur als Tempel, im letzten habe ich von der Welt als Tempel zu handeln, und hier Toll dem Tempel als Bau wefen ein Wort gewidmet werden. Es handelt fich hier alfo um eine Formfrage und um die Vorbereitung deffen, was fich dann fpäter über die Bedeutung und den Sinn diefer Zeugniffe ergehen muß. Zwei unter den Weltreligionen gaben Afrika auch im Bauwerk ausgedrückte Umformungen: der Islam und das Chnftentum. Beide rangen miteinander auch in Afrika, und bislang trug der erftere den Sieg von dannen. Rein äußerlich kommt dies dadurch zum Ausdruck, daß außerhalb Ägyptens nur noch Abeffynien eineneingeborenen, „chrift


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