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verfchiedene Prinzipien. Die größeren Räume haben das äthiopifche Pfahlgerüft. Mit der Ubereinanderfchichtung der Pfahlrofte fteigt die Burg empor. Nur im Kreisbau tragen die Lehmwände, nämlich einmal in der Geftalt der hineingebauten Türme und dann als hohle Säulen (b), welche den Speicherurnen als Unterbau dienen. Alles übrige Wand werk ift, man möchte Tagen „darumgeklebt“ . Die Türmchen a, die als Schränke benutzt werden, haben die Aufgabe, die rundherum geführte Außenwand zufammenzuhalten. Es kommt vor, daß ein tüchtiger Tornado einige a-Säulen um wirft und damit die rechts und links angehafteten Wandteile. Damit wird der Zufammenhang des Ganzen aber gar nicht gefährdet. Die Pfahlrofte halten und tragen ja. Die guten Eingeborenen werden dadurch auch nicht be- fonders berührt. Die Wand wird neu zufammengeklebt und der Schaden ift geheilt. Gerade aus letzterem charakteriftifchen Merkmal erfieht man fo recht die Wucht des äthiopifchen Kultureinfluffes, d. h. des Pfahlroftes, der nicht nur das Bauwerk in die Höhe getrieben hat, fondern ihm auch Feftigkeit und Halt gewährt, wogegen das andere Element, die Lehmwand, nur als Säule oder Turm formerhaltend wirkt. Faft entgegengefetzt ift die Ausgeftaltung der S. 97 bis S. 99 wiedergegebenen Burg der Somolo. Auch hier find allerdings noch zwei Eingangsarten erhalten, der Eintritt zu ebener Erde und der Einftieg über Kerbbäume. Das Bezeichnende des Bauwerkes beruht aber einerfeits fchon in dem rein äußerlich gebotenen Anblick einer Reihe aneinander gruppierter Rundtürme, aus denen in der Höhe der Stockwerkdecken Kränze von Tragbalkenenden herausragen, und zweitens in der Tatfache, daß zwar noch einige Gabelftützen im Innern vorhanden lind, daß die Enden der Balken aber zum großen Teil und mit wuchtiger Laft auf den Lehmmaffen ruhen. Wenn alfo auch noch mehrere Pfahlrofte übereinander ftehen und damit die Idee des Emporftrebens beftätigen, fo ift doch als tektonifches Prinzip die Kreismauer des Rundturmes entfcheidender. Und ebenfo verhält es fich bei dem nur zweiftöckigen Bau der Tufia (Abbildung S. 67). Wieder eine andere Gruppe von Erfcheinungen wird repräfentiert durch die Häufer der Bobo-fing (Abbildung S. 99/100). Ein neuer Architekturgedanke ift hinzugekommen. Den Volta hinauf hat lieh bis hierher das Prinzip des urfprünglich mit Satteldach ver- fehenen rechteckigen Haufes mit Korridorwohnungen eingeftellt. In diefen Bauten teilt fich Wand und Holzftütze in das Gefchäft des Tragens der Deckenbalken und der darüber gefchichteten Holzlager und Lehmverftreichungen. Außerordentlich originell ift hier fchon die Behandlung des Türrahmens im Lehmrelief. Monumentale Formen nehmen diefe Bildungen der Torbetonung im Gurunfilande an (Textfigur S. 101). Hier wird der Befchauer an ägyptifche Formen erinnert. Hier äußert fich eine Gefchicklichkeit in der Verwendung des Lehms und der ihm entfprechenden Formen, die es nahelegen, die Verwendung des Lehms zu künftlicher Ausfchmückung überhaupt ins Auge zu faffen. L E HM P L A S T IK ALS FASSADENSGHMUGK D E S SY R T ISC H EN K U L TU R K R E IS E S Fassade des Schlosses d e r Massinafttrsten in B adiangara. Nach Photographie v on L. F robenius (DIAFE1908) gez. von H. H agler DIE FORMWELT DES TONES UND LEHMES (Vgl. Tafeln 69—95) Im zweiten Teile dieles Buches gingen wir aus von der Frage, welche Bedeutung der Stein als lolcher im Kulturaufwachlen gehabt habe und w ir zeichneten in großen Zügen die Linie, die mit dem ersten kaum merklich umgebildeten Steinwerkzeug einletzt und im gewaltigen Steinbau endet. Wir verfolgten den Werdegang durch zwei Gruppen einer älteren Steinzeit (Alt- und Jung-Paläolithikum). Jetzt, wo Lehm und Ton im Bereich unterer Studien Beachtung heifchen, gelangen wir unmerklich in die jüngere Steinzeit, in das Neolithikum. Die beiden gröbften Merkmale, die das Neolithikum vom Paläo- lithikum als klar lieh abhebende Neuzeit charakteriüeren, Gnd erftens das Auftreten des


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