Page 180

27f 32-1

ragte. Eine leidliche Brise brachte uns so schnell vorwärts, dass ein Fangen von Seethieren unmöglich war, und manche in das Boot spritzende Welle die ruhenden Neger aus ihren Träumereien weckte und zum Ausschöpfen des Wassers veranlasste. Damals notirte ich in mein Tagebuch: „Die Sonne brennt heiss hernieder und strahlt heiss vom Wasserspiegel wieder; es ist halb 2 Uhr und noch lange hin bis zum Abend, den heiligen Abend.“ — Glücklicherweise beschattete das Segel meinen Oberkörper, während die Füsse ohne Gnade sich preisgeben mussten. Solche Reisen auf kleinen Fahrzeugen, in denen man sich kaum bewegen' kann, der Küste entlang, doch weit genug von ihr entfernt, um sie bei etwaigen Unglücksfällen nimmer zu erreichen, gehören, selbst wenn der Magen auf die hochgradig schaukelnden Bewegungen nicht anders als mit verstärktem Appetite reagirt, zu den wenig erwünschten Vorkommnissen. Ich erinnere mich, dass mir und den Schwarzen bei einer anderen Fahrt um die sogenannte Teufelsspitze nördlich von Banana, die schon vielen kleinen Seglern gefährlich geworden ist, durchaus nicht wol zu Muthe war, als bei ziemlich hochgehender See uns Welle auf Welle von der Breitseite fasste, und plötzlich mit einem hörbaren, peinlich berührenden Laut das Steuer in der Mitte barst. Indessen gewöhnt man sich auch an solche Situationen und macht es sich, obgleich an eine Cajüte nicht gedacht werden kann, sondern nur gerade Raum zum Sitzen oder ausgestreckten Liegen vorhanden ist, so behaglich, als es die Umstände irgend gestatten; ja es gelingt sogar auch hier, die Toilette, die dem ähnliche Lagen Ungewohnten recht unbequem und beschwerlich scheint, mit der gleichen Sorgfalt und besonders auf Reisen nothwendigen Penibilität zu vollenden, als befände man sich daheim in seinen mit allem Comfort ausgestatteten Räumen. Nachdem ich so drei Tage und zwei Nächte unter freiem Himmel verbracht hatte und leidlich verbrannt war, langten wir in Loanda an, wo mir noch die eine Hauptaufgabe zu lösen blieb, Lastthiere für das bessere Fortbringen des Gepäckes der Expedition beim Marsche zu beschaffen. Wir hatten bereits in Tschintschotscho die Frage ven- tilirt, ob Ochsen oder Eseln der Vorzug gegeben werden solle, und hatten uns namentlich deshalb für erstere entschieden, weil eine seit Jahren in Landana prosperirende Herde von sechs Stück den Beweis zu liefern schien, dass sich keine klimatischen Hindernisse der Einführung entgegensetzen würden. Ueberdies stellte sich heraus, dass sich zum Ankauf von Eseln weder in Loanda noch Ambriz Gelegenheit fand, während Ochsen an beiden Orten als Zugthiere vielfach Verwendung fanden und so für den späteren Zweck wenigstens einigerfnassen > geeignet zu sein schienen. Da der Preis ein recht bedeutender war und sich inclusive des Transportes auf 300 Mark pro Stück stellte, auch überhaupt erst der Versuch der Brauchbarkeit in unserer Gegend gemacht werden musste, so. beschränkte ich mich auf zwölf Stück, lauter Prachtexemplare, die ich aus einer grossen Herde unter Beihülfe von Sachverständigen aussuchte und zur Vermeidung von Verwechselungen sofort durch ein eingebranntes Zeichen markiren Hess. Ich wünschte mir zu dem abgeschlossenen Handel innerlich von ganzem Herzen Glück; denn ich konnte natürlich nicht ahnen, welchem Schicksal die Thiere entgegen giengen und .welche vergebliche, endlose Mühe sie uns verursachen sollten. Damals aber Hessen mich die Schilderungen des englischen Consuls von Fernando Po, Mr. Hardley, welcher zehn Jahre lang im Damara-Lande die Elephantenjagd betrieben hatte und der mir seine Erfahrungen mit dankenswerther Bereitwilligkeit mittheilte, das Beste von unserem Unternehmen hoffen; jetzt weiss ich nur zu gut, dass jeder Platz Africas seine eigenen Erfahrungen beansprucht, und dass, wer an einer Stelle reiste, dadurch keine Berechtigung erhält, über die Art des Reisens in anderen Gegenden zu urtheilen. Bei unseren Erörterungen gaben mir die vielfach betonten Vorzüge einer aus beiden Geschlechtern gemischten Trägercolonne deshalb besonders zu denken, weil auch Senhor Prazeres darauf hingedeutet hatte, dass es bei einiger Vertrautheit mit dem Negerleben fast nothwendig erscheine, den Trägern die Mitnahme ihrer Frauen zu gestatten, von- denen jede ohne Zweifel dasselbe leiste wie ein Mann. Mr. Hardley"' schilderte mir die Dienste, welche die Weiber im Lager durch Heranschleppen von Bau- und Heizmaterial, durch Besorgen des Essens und der Wäsche leisteten, die Freudigkeit der Männer, wenn sie nach längeren Ausflügen die Aussicht hätten, sich im Lager bei ihren Frauen von den Strapazen zu erholen, das Vermeiden von Reibereien in den zu passirenden Dörfern so überzeugend, dass ich nachträglich an Herrn Prazeres die Weisung sandte, er solle unserer bereits gepflogenen Rücksprache eingedenk bei dem zweiten Transporte statt der fünfzig Neger nur dreissig und dafür zwanzig Frauen mitschicken: eine Massnahme, die von Herrn Dr. Güss- feldt gut geheissen, sich in jeder Weise bewährte. Nachdem so alle Geschäfte nach bestem Ermessen glücklich abgewickelt waren, gieng ich am 7. Januar 1875 an Bord des kleinen holländischen Flussdampfers „Zaire“, da ein fürchterlicher Regen und Sturm das am Tage vorher beabsichtigte Auslaufen unmöglich ge


27f 32-1
To see the actual publication please follow the link above