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lichsten Sauberkeit bei allen Processen gleichmässig befleissigt. Ich selbst habe einen Unterschied zwischen dem Arbeiten hier und in den Tropen nicht gefunden und bin überzeugt, dass ein guter Photograph dort auf gar keine Schwierigkeiten stossen wird. Die Chemikalien conserviren sich ausgezeichnet, sobald sie in Flaschen mit eingeriebenem Glaspfropfen und obenein durch Cementkitt vor Lufteintritt geschützt versandt werden; ich habe die letzte Flasche Collodium von meinem Yorrathe nach drei Jahren ebenso brauchbar gefunden wie die erste; für die Zusammensetzung der Reagentien habe ich absolut dieselben Recepte wie die in Europa angewendeten wirksam gefunden. Anfangs habe ich zwar mehrfach Veränderungen, namentlich in Bezug auf den häufig angerathenen stärkeren Säuregehalt des Silberbades un'd Hervorrufers vorgenommen, bin aber später wieder ganz davon abgegangen. Die Expositionszeit ist wegen der auch bei bedecktem Himmel intensiven Lichtwirkung eine stets kurze, doch lassen sich darüber natürlich keine Vorschriften geben, da sie ja gleichzeitig von der Sensibilität des benutzten Collodiums abhängig ist; auffällig war mir, dass, obgleich die Sonne um sechs Uhr auf- gieng, doch vor sieben Uhr auf kein recht wirksames Licht gerechnet werden konnte, ja dass man, um tadellose Bilder zu erhalten, lieber noch eine Stunde länger warten musste, und dass umgekehrt grelles Sonnenlicht für Landschaftsaufnahmen durchaus nicht in der Weise schadet, wie man vielfach annimmt. Ein Theil meiner besten Bilder ist in voller Mittagsbeleuchtung aufgenömmen, zeigt aber gleichwol die gefürchteten schneeartigen Beläge nicht. Bezüglich des Copirens könnte man die Frage aufwerfen, ob man diesen Process auf Reisen überhaupt üben oder ihn der Heimat überlassen soll. Allein bei allen Unternehmungen, die einen zeitweisen längeren Aufenthalt voraussetzen, sprechen mehrfache Gründe unbedingt dafür, an Ort und Stelle zu copiren, da die geringe Arbeit dem grossen Vortheil gegenüber, sich das Material auf jeden Fall hin gesichert zu haben, gar nicht in Betracht kommen kann. Wie leicht können Sendungen verloren gehen oder beschädigt werden; wie oft aber ergiebt auch erst die Copie die Mängel der Platte! Schliesslich wird man sich durch das Versprechen, dass die Sitzenden selbst ihr Bild erhalten sollen, die Neger zur Aufnahme geneigter machen und so eine grössere Auswahl des Materials haben, was anthropologisch verwerthbar ist. Zwar hatte ich mich zu diesem Zwecke anfänglich auf Positive eingerichtet, habe aber das Verfahren, das doch immer eine besondere Aufnahme bedingt, bald ganz aufgegeben, da die Neger den Vorzug eines guten Negativs sehr schnell erkannten und von den anderen Nichts wissen wollten. Die einzige schwer zu überwindende Schwierigkeit beim Copiren bietet die Conservirung des Albuminpapiers, das auch bei steter Sorgfalt in Folge des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft ungemein leicht - Stockflecke bekommt; doch habe ich auch dies Uebel ziemlich vermieden durch Verpacken in Stanniol und öfteres Herausstellen des die Rollen bergenden Kastens in die Sonne; auch hier ist es rathsam, sich in gewissen Intervallen kleinere Sendungen nachkommen zu lassen. Dieselben Gründe, welche mich das sofortige Copiren befürworten liessen, bestimmen mich, unter gleichen Verhältnissen gegen das Trockenverfahren zu sprechen; nicht als ob ich dasselbe unter allen Bedingungen verwürfe, aber es dürfte doch nur in den Fällen, wo man den umfangreicheren anderen Apparat wegen des Terrains oder des Verhaltens der Eingeborenen nicht transportiren kann, also als •Nothbehelf, gebraucht werden; von anderen Uebeln abgesehen, weiss man bei dem Trockenverfahren nie, wie der Erfolg sein wird; auch reichen die Bilder bezüglich ihrer Güte bei Weitem nicht ah die heran, welche sich bei einiger Uebung immer durch das nasse Verfahren erhalten lasseh. Mag das Photographiren in dieser Weise, namentlich wenn man einen der neuen portativen, französischen Taschenapparate besitzt, auch unendlich einfach sein, ich ziehe doch die Sicherheit des Erfolges der Bequemlichkeit der Methode vor. Leider habe ich nie Stereoskopen verfertigt, weil die Vorrichtungen dazu in meiner Ausrüstung fehlten, und ich auf diese Lücke später nicht aufmerksam gemacht wurde; jetzt bedaure ich es sehr. Mag man Stereoskopen immerhin von mancher Seite für wissenschaftlich entbehrlich, ja für eine ergötzliche Spielerei halten, so ist es doch unzweifelhaft, dass das grosse Publicum sie-anderen Bildern sehr vorzieht; und da man eben nicht für einen kleinen Bruchtheil, sondern für Alle zu arbeiten wünscht, und da auch die Anschaulichkeit beim körperlichen Sehen unbestreitbar gewinnt, so würde ich Jedem rathen, sich auch in dieser Richtung zu versuchen-. Zum Schluss kann ich die Anwendung der Photographie auf Reisen nicht warm genug empfehlen, besonders da das Erlernen ihrer Technik so ausserordentlich einfach ist. Die sichtbaren Resultate der Arbeit geben nicht nur eine herzliche Freudigkeit und Befriedigung während des Schaffens, sie erfreuen auch für das ganze spätere Leben und bieten das werthvollste Material für eigene und fremde Bearbeitung. Die Zeichnung vermag sich selten vom Idealismen ganz frei zu halten, und wenn sie es wirklich thut, so kann sich doch der Beschauer nicht ganz der Zweifel erwehren, ob wol die Natur treu


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