
gemeinschaftlich auf ihn und sahen ihn stürzen. Wie war ich
aber erstaunt, als ich hinkam und einen rothhalsigen Ziegenmelker
in ihm erkannte. Ein Schrotkorn hatte ihm den Oberarm zerschmettert,
nun lag er fauchend und maulaufsperrend da, sodass
mein Schwager, der noch nie einen derartigen schaurigen Rachen
sah, ihn nur am Ende der Flügelspitze anzufassen wagte. So
war es mir denn endlich geglückt, den schönen rothhalsigen
Ziegenmelker, der schon lange ein Begehr für meine Sammlung
bildete, zu erlegen, und gerne gestehe ich, dass mir derselbe eine
ganz besondere Freude machte. Auch heute nutzten wir den
Abend zu einem Jagdgange auf diese Nachtvögel aus. Ich sah
einen zu Thal streichen, konnte ihn aber bedauerlicherweise nicht
fassen. Ein Käuzchen rief sein ku-witt-ku-witt aus einem Sarib-
busche und wurde von mir statt des Ziegenmelkers erlegt. Es
war ein auffallend blass gefärbtes <J der Athene glaux, Sav.
Montag den 24. A p ril 1893. Das Thermometer zeigte
heute morgen um 5 Uhr nur 4° Cels. über 0. Als wir aufgestanden
und mit der Morgentoilette fertig waren, wurde auf allgemeinen
Wunsch vor dem Abbruche des Zeltes noch eine photographische
Aufnahme von unserem Lager gemacht. Dann sassen wir auf
und verliessen die Stätte, wo wir gerne geweilt, und die uns soviel
Schönes und Gutes gebracht hatte. Zunächst führte uns
der Weg dem Thale des Oued N’ga entlang an Zaribbüschen
und an grossen Terebinthpistacien vorbei, wo wir alle Augenblicke
die Nester des grossen Würgers entdeckten. In der Luft
tummelten sich wieder Schaaren von Wüstenhühnern, die mich
oftmals auf den Boden lockten. Einmal wähnte ich sie dicht vor
mir eingefallen, sprang ab und schlich mich behutsam an. Aber
sie mussten doch wohl vorüber gezogen sein, da ich sie nirgends
auffand. Nach ca. */*ständigem Ritt hatten wir das Thal passirt
und befanden uns nunmehr in der freien Steinwüste, auf dem
peträischen Hochplateau. Gleich nahm das Gelände einen ganz
veränderten Vegetationscharacter und mit dem typischen Pflanzen-
das characteristische Thier- und Vogelleben an. Vorherrschend
wurden die Lerchenarten, wie sie dieser Gegend zukommen: die
im Wettbewerb um den Preis der Anmuth und Lieblichkeit
liegenden Wüsten- und Ohrenlerchen,, von denen wir heute besonders
viele Nester und Eier fanden. Daneben trat auch die
Isabelllerche (Calandritis brachydactyla) vereinzelt oder in Paaren
auf. Weit stimmbegabter als die, vorgenannten klettert das £
singend in die Luft und lässt dort seine vollendete, mich stets
zur Begeisterung fortgerissen habende Strophe vernehmen. Lange
lauschten wir dem stimmungsvollen Liedchen der nimmermüden
Sängerin und erlegten auch wohl zu Nutz und Frommen der
Wissenschaft den einen und anderen Vogel. Nach zweistündigem
Ritt tauchten zwei über den Boden ragende Rundmauern auf, die
ich als Brunnen erkannte. Unser Vortrab war, ohne sie zu beachten,
daran vorbei marschiert, und auch wir legten auf ihren
Anblick kein besonderes Gewicht. Ich konnte es mir indessen
nicht versagen, dorthin abzubiegen und nachzusehen. Das nur
einige Fuss unter der Bodenoberfläche stehende Wasser war
krystallklar, weshalb ich den Nachtrab zu mir heran winkte.
Der von meinem Schwager stets mitgeführte äusserst practische
Trinkbecher aus Horn wurde an einem Bindfaden befestigt, in
die Tiefe gelassen und das Wasser so hinaufbefördert. Dasselbe
erwies sich so rein und wohlschmeckend, wie wir es seit dem
Oglet Letfat vor Gardá'ia nicht mehr angetroffen hatten. Und
diese zwei Brunnen mit dem köstlichen Wasser musste ich erst auffinden,
da keiner von unseren Leuten, nicht einmal unsere Kameel-
führer eine Ahnung von ihrer Existenz hatten. Wie in allen
Dingen, so kann man ihnen auch in Betreff ihrer Aussage über
die Güte des Brunnenwassers nur geringen Glauben beilegen,
denn ich habe oft gefunden, dass sich gerade das Gegentheil
ihrer Behauptung bewahrheitete, d. h. dass das Wasser, welches
sie lobten, kaum geniessbar, dasjenige, welches sie tadelten, oft
recht gut war. Nun konnten wir uns einmal tüchtig satt trinken,
was wir denn auch gründlich thaten. Unsere Kameele hatten
unterdessen einen grossen Vorsprung gewonnen, und wir mussten
eilen, ihnen wieder beizukommen. Mit dem Stillen des Durstes
trat der Magen in der Regel bald darauf mit der Forderung nach
consistenter Speise an Einen heran, und schon deshalb suchten wir
den Vortrab zu erreichen, um die auf ein Kameel geladenen
Mundvorräthe herunterlangen zu können. Das geschah gegen
Mittag auf einem Platze, der den Uebergang zu einem anderen
Bodengelände darstellte. Sanft ansteigend begannen die Wellenberge
einzusetzen, welche im Horizonte in die characteristischen
M’zab-Höhenzüge verliefen. Das wechselvolle Bild wurde durch
den Reiz einer vorüberziehenden Kameelkarawane noch erhöht,
welche der Gegend zu einer reizvollen Staffage wurde. Berg
und Thal wechselten nun fortwährend mit einander ab, und als
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