
Wir hatten eine ganze Menge lebender Stachelschwanzeidechsen
( üromastix acanthinurus, Bell) erstanden, welche wir an
ihren Schwänzen mit einer Kordel aneinander banden und sie in
der Nähe unseres Zeltes herumlaufen Hessen. Selbst diesen
wärmebedürftigen Reptilien wurde die Sonne zu heiss: mit auf-
gesperrtem, klaffendem Rachen sassen sie lechzend und züngelnd
da. Wir mussten, um sie lebend zu erhalten, eine Decke über
sie werfen. Auch unser Bussard, dem wir scherzweise den Namen
Chambi gegeben hatten, hatte stark unter der Sonnengluth zu
leiden. Doch hatte er sich selbst zu helfen gewusst, indem er
eine ganze Strecke weit fortgegangen war und sich in den Schatten
eines Saribstrauches niedergelegt hatte. Durch diesen freiwilligen
Gang über die Grassteppe hatte er sich eine Menge scharfstacheliger
Grannen und Spelze in den Leih getrieben, welche
ihm offenbar Schmerzen verursachten und die er sich von uns
mit sichtlichem Wohlbehagen einzeln ausziehen Hess, indem er
sich dabei ganz auf die Seite legte, die Augenlider schloss und
wollüstig dazu zischelte und schnalzte. Er war übrigens mächtig
gewachsen, von der Grösse einer halbwüchsigen Hausente und
schon überall mit den sprossenden Konturfedern bedeckt. Die
scharfstacheligen Spelze und Grannen wurden übrigens keineswegs
unserem Bussard allein lästig, als vielmehr jedem Einzelnen von
uns. Schien es doch, als ob in ihnen eine ganz besondere Tücke
und Marterlust läge. Bei jedem Schritt sassen sie einem in
Stiefel und Hose fest und bohrten sich einem Pfropfenzieher gleich
darin durch und durch, sodass die Haut fortwährend unter einem
stechenden, unsagbar juckenden Schmerzgefühle stand. Am
meisten hatte ich darunter zu leiden, da ich in Pantoffeln durch
die Grasfelder schritt und diese continuirlich ihre Harpunen und
Bajonette auf mich schleuderten. Das Gras selbst war ein kurzes,
gedrungenes, aufrecht stehendes Gewächs, welches längst abgeblüht
hatte und sich gerade im Reifezustande seines Samens
befand.
Während der Arbeit sahen wir einen grösseren Vogel dem
Thale nach einer Wasserlache zufliegen und .erlegten an derselben
eine Ardetta minuta, die früher schon einmal unter dem Schüsse
oder im Fange eines Raubvogels gewesen sein musste, da sie
rechtsseitig eine grosse Wunde am Brustlappen trug. Inzwischen
hatte die Sonne ihren Höhepunkt erreicht und brannte unbarmherzig
auf uns herab. Es. war eine unglaublich starke Hitze.
Da kamen wir auf den klugen Gedanken in der lehmigen Wasserpfütze
ein Bad zu nehmen. Gesagt, gethan. Dasselbe übte
eine unbeschreibliche Wohlthat auf unsere Körper aus, zumal
das Wasser am Grunde nicht nur erfrischend, sondern geradezu
kalt war. — Die lehmige Farbe erklärte sich durch das Gewimmel
kleiner Crustaceen wie Branchypus und Apus,1) die bei ihrer Lebhaftigkeit
und Unruhe bald an der Oberfläche, bald am Grunde herumschwammen
und die Trübung des Wassers fortwährend verursachten.
Am Nachmittage zwängte ich meine Füsse in die Jagdstiefel
und machte mich mit meinem Schwager auf eine Recognoscirungstour
in die Umgegend auf. Es war geradezu wunderbar und überraschend,
welche Fülle von verschiedenen Vogelarten das Thal
hierselbst augenblicklich vereinigt hatte. Natürlich waren die
meisten davon Zugvögel, welche hier auf ihrer langen Reise
einen willkommenen Ruhe- und Aufenthaltsort gefunden hatten.
Welche Segnungen liegen doch im Wasser, welche Lebensfülle
knüpft dieses an das Pflanzen- und Thierreich 1 Eins folgt aus dem
anderen. Das Wasser wirkt befruchtend auf den Boden, dieser
spendet Kraft und Saft dem Pflanzenreiche und mit den Pflanzen
knüpft sich. die Existenzbedingung an eine Unsumme von niederen
Lebewesen und mit ihnen hinauf bis zu den höher entwickelten
ihres Reiches, bis zu den Vögeln und Säugethieren.
Jeder Zizyphusstrauch wimmelte geradezu von den lieblichsten
Vogelgestalten. Da sah man das Gartenrotschwänzchen (-RttizczHa
phocnicura) in aufrechter Haltung auf einem trockenen, wagerecht
abstehenden Aestchen sitzen, hier eine Bartgrasmücke (Sylvia sub-
alpina) durch die Zweige schlüpfen, dort die beiden Fliegenfänger
(Muscicapa luctuosa und Butalis grisola) nach summenden
Insekten schnappen. In den Pistacienbäumen schwirrten die
niedlichen Laubsänger (Phyllopneuste) und Hessen ihre zweisilbigen
Frühlingslieder ertönen, schüchterne Pirole flogen ein und aus,
und selbst der langgeschwänzte Kuckuck (Cuculus canorus) fehlte
nicht. Stumm strich er über die Büsche weg und tauchte bald
hier, bald da wieder auf. An den Wasserpfützen tummelten sich
O Die im Alcohol mitgebrachten Stücke hatte noch Herr Professor
Bertkau-Bonn zu bestimmen die Güte gehabt., Nach genanntem, für die
Wissenschaft zu früh dahingegangenen Zoologen waren es folgende Arten:
Apus numidicus, Grube sowie eine andere unbestimmte Species von
Apus, Branchypus pisciformis, Schaefer und Estheria Grubei, Simon?