
auch mehrere Stücke dieses Wildes. Sie erwiesen sich als echte
Wüstensteinhühner mit ganz hellfarbigem Colorit, nichts desto
weniger gross und kräftig. Von ihnen hatten wir zweifachen
Nutzen. Zunächst wurden sie gemessen, beschrieben und abgebalgt,
ihr köstliches, aromatisches Fleisch dagegen für den
Suppentopf aufbewahrt. Ganz besonderen Genuss aber gewährte
uns die treffliche Zubereitung des Wüstenhasen, der gleichfalls
vorher abgebalgt wurde. Freilich war der Hase leichter gegessen,
als zubereitet. Denn auf den Knieen liegend hatte ihn meine
Frau über dem kümmerlichen, entsetzlich qualmenden Feuer
braten müssen, wodurch sie sich heftige Schmerzen im Kreuz zugezogen
hatte. Wir dagegen standen nur im vollen Genüsse der
Gegenwart und lenkten unausgesetzt die Hände nach dem lecker
zubereiteten Mahle. Bald war in dem Kessel auch nicht der
kleinste Ueberrest mehr des noch heute morgen lustig umherhoppelnden
„Lampen“ vorhanden.
S o n n ta g , den 23. A p ril 1893. Da die Ausbeute in dem
Flussthale meine Erwartungen weit übertroffen und sich das
Material so stark angestaut hatte, dass ich es beim besten Willen
gestern nicht zu bewältigen vermochte, beschlossen wir, auch noch
den heutigen Tag ruhig hier zu bleiben.- So heiss es tagsüber
gewesen, so kalt war es in der Nacht. Wir hatten gestern vollkommene
Windstille gehabt, sodass es eine Lust war, des Abends
draussen zu sitzen. Aber mit Sonnenuntergang stieg die Kälte
auf, die so schnell heraufkam, dass man die Quecksilberstange
die Skala abwärts fallen sehen konnte. Während die in Strohhülsen
mitgeführten Eau St. Galmierflaschen über Tag vor Hitze
kaum anzufassen waren und der so begehrte Inhalt nichts weniger
als ein erfrischender Genuss für die ausgedörrte Mundhöhle war,
war die über Nacht draussen stehen gebliebene Flasche eiskalt
geworden und mit ihr selbstverständlich auch das Wasser. Nach
diesem einen Beweisstückchen brauche ich wohl nicht erst zu
sagen, dass wir Alle herzlich froh waren, als die aufgehende
Sonne wieder die Wärme mit sich brachte. Denn so lästig und
empfindlich uns dieselbe mit ihren gluthauchenden Strahlen im
Laufe des Tages auch wurde: sie ertrugen wir zehnmal lieber als
die bitterböse Kälte über Nacht. Und dennoch liegt gerade in
diesem Temperaturwechsel die Möglichkeit für den Europäer in
der Sahara zu existiren, wie ich das bereits früher angedeutet
habe; — denn nichts wirkt verderblicher und erschlaffender auf
den menschlichen Organismus als eine gewisse Gleichförmigkeit
und Beständigkeit in der hohen Wärmetemperatur bei Tag und
bei Nacht.
Schon früh mit Tagesgrauen war Herr W. ausgezogen,
um Wüstenhühner zu schiessen, während ich heute von dem
gewohnten Morgengange Abstand nahm, um meinen noch
immer wunden Füssen möglichste Ruhe und Schonung angedeihen
zu lassen. Gerade als wir Kaffee trinken wollten,
kam er zurück von seinem Streifzuge und hatte richtig 1 Pte-
roclurus alchata sowie 1 Caccabis petrosa erlegt. Das Wüstenhuhn
— ebenfalls wieder ein grünschillerndes ? — hatte er aus
einem über ihn wegfliegenden Schwarme heruntergeholt, während
er das Steinhuhn aus einem Strauche aufjagte und es dabei erlegte.
Die Wüstenhühner wären wieder in grossen Schwärmen hin-
und hergezogen, und mein Schwager glaubte, dass er nun
ihren Tränkeplatz ausfindig gemacht hätte. Dieser muss möglichst
frei und offen in der Wüste liegen; eine mit Strauchwerk oder
mit hohen Ufern eingefasste Wasserlache suchen die stets scheuen
Vögel zu meiden. Auch einen kleinen Wüstenhasen brachte mein
Schwager mit, der indessen gar zu sehr zerschossen war, und
deshalb nicht abgebalgt werden konnte. —
Mit der aufgehenden Morgensonne hatten wir ein wunderbares
Phänomen zu betrachten Gelegenheit gehabt. Auf der Spitze des
uns gerade gegenüber liegenden Berghügels sahen wir plötzlich eine
Riesengestalt, etwa in Mannesgrösse. Dass es ein Vogel war, sah
ich sofort und dachte zunächst an eine Riesenform von Leptoptilus u.
dergl. Aber der Habitus passte ganz und gar nicht auf einen derartigen
Storchvogel und erinnerte vielmehr an die eines hühnerartigen
Thieres. Ich nahm das Fernglas zur Hand und hatte eben
ausgesprochen, dass es ein Riesensteinhuhn sein müsste, als der
wunderbare Vogel zu Thal strich und sich als ein ganz normales
Klippenhuhn {Caccabispetrosa) erwies. Auf welchem physicalischen
Gesetze der Lichtstrahlenbrechung die colossale Vergrösserung
dieses Objectes beruhte, entzieht sich meiner Kenntniss! That-
sache war es, dass in unseren Augen auf der Spitze eines Berghügels
in einer Entfernung von ca. 250 Schritt in der Luftlinie
ein normales Steinhuhn (Rebhuhngrösse) so gross wie ein ausgewachsener
Mensch erschien. —
Nun wurde fleissig gearbeitet, präparirt und conservirt,
während die Beduinen fortwährend neues Material zuschleppten.