
„Wieder eine Otocorysl\ rief er mir zu, „das $ ist vor mir aufgeflogen,
ich habe es aber gefehlt.“ Als ich meinen Blick neugierig
darauf fallen liess, erkannte ich an den zartschaligen, roth
getüpfelten, viel grösseren Eiern, dass das Nest nicht der Otocorys,
sondern der Rhamphocorys angehörte. Während ich das fest
hinstellend versicherte, mein Schwager aber noch etwas ungläubig
und kopfschüttelnd davor stehen blieb, kam auch der Brutvogel
heran,, den diesmal das Geschick ereilte. Mit triumphirender
Miene hielt Herr W. ein prachtvolles t? von der Falkenlerche in
Händen. Nun wurde das ziemlich grosse, aus feinen Würzelchen
geformte Nest, welches am oberen Rande ebenfalls mit flachen
Steinchen gedeckt und gewissermassen dadurch befestigt war,
behutsam ausgehoben und die Eier in Watte gewickelt.
Leider gebot die vorgeschrittene Zeit ein Halt der Karawane,
damit auch mpinen weiteren Gängen und Forschungen
für heute ein Ziel setzend. Aber voll befriedigt über den
herrlichen Erfolg gehen wir an’s Aufschlagen der Zelte. Wie
immer, richten wir uns nach der Sonne, d. h. wir stellen
sie so, dass der Eingang direkt nach Osten gewandt ist, um
frühzeitig durch das einfallende Licht geweckt und gemahnt zu
werden. Das erste Mondviertel steht leuchtend am Firmament.
Der Abend senkt sich wonnig auf uns herab. Es ist so ruhig und
still, dass ich die heute gesammelten Eier ohne Besorgniss draussen
zu präpariren vermag. Das Rhamphocorys - Gelege ist leider
stark angebrütet, doch gelingt es mir unter Anwendung grösster
Mühe und Vorsicht, ein Ei völlig schadlos zu präpariren, während
das andere beim Ausspülen mit Wasser platzt. Bis weit über
Mitternacht hält uns die Arbeit an den Präparirtisch gefesselt,
bis wir endlich, dem Rechte des Körpers nachgebend, in unsere
Zelte kriechen und den göttlichen Schlaf über uns kommen
lassen.Fr e i t a g , den 21. A p r il 1893. Noch lagerten sich die
dunklen Schatten um unser Zelt, als die wehmüthige Weise der
Wüstenläuferlerche an unser Ohr schlug, damit den beginnenden
Tag anzeigend. Mehr und mehr begann es von da ab zu hellen,
bis es völlig Licht wurde. Wir erhoben uns und schritten an
die Morgentoilette. Immer noch sang der liebliche Vogel sein
Minnelied und riss uns immer von Neuem zur Bewunderung seiner
Weise fort. Denn dieser Scala kann man nicht überdrüssig werden;
man hört sie immer gern und wartet sogar nach Beendigung der
Strofe mit einer gewissen Ungeduld auf die wieder eintretenden
melancholischen Töne derselben.
Dicht vor unserem Zelte machte sich ein bauendes Wüstensteinschmätzerpärchen
zu schaffen. Es sah ganz allerliebst aus,
wie das unscheinbare ? die Neststoffe vom Boden las, in Sonderheit
die Federn der für den Bussard geschossenen und gerupften
Vögel, und wie es dabei immer vom schwarzkehligen <3 begleitet
und unterstützt wurde. Mit den Materialien im Schnabel flogen
dann beide weit weg, kamen aber sofort wieder, um die günstige
Gelegenheit zur Auspolsterung ihrer Nestmulde tüchtig auszunutzen.
Nach dem Genuss des obligaten Morgenkaffees machte
ich mich auf die Suche nach Falkenlerchen. Ich war auch noch
gar nicht weit gegangen, als ich ein Pärchen auf dem Boden
laufend wahrnahm. Zunächst beobachtete ich es längere Zeit,
als es mir aber günstig im Schüsse sass, gab ich Feuer. Nur das
<5 blieb tödtlich getroffen auf der Stelle, während das leicht
verletzte V noch eine Strecke weiterflog. Ich suchte es lange
Zeit vergeblich, bis mich der Zufall vor dasselbe führte, und ich
es mit einem zweiten Schüsse erlangte. Die begehrten Nester
konnte ich aber trotz angewandter Umsicht und intensiver Nachsuche
nicht auffinden und musste mich daher mit den alten
Vögeln begnügen. Auch mein Schwager hatte eine Rhamphocorys
aufgethan, sie aber wegen ihrer ausserordentlichen Scheu
und Wildheit nicht zu Schuss bekommen. Während wir in weitem
Bogen die Gegend absuchten, war die Karawane aufgebrochen
und hatte eine entgegengesetzte Richtung eingeschlagen, der wir
selbstredend folgen mussten. Es war ein hochinteressantes Gelände,
welches ich mich zu durchreiten nicht entschliessen konnte und
daher fast immer zu Fuss dasselbe durchkreuzte. Hier wimmelte
es von den schönsten Sachen. Kleine Schwärme Flughühner
erblickte man alle Augenblicke in der Luft. Ich sah eine Schaar
dieser Vögel dicht an mir vorbeifliegen und erkannte deutlich
den langen Spiess. Die Individuen schienen mir kleiner als
Rteroclurus senegalus zu sein, sodass ich an exustus dachte.
Doch bin ich meiner Sache keineswegs sicher, da in der Morgensonne
die Grössenverhältnisse eines Vogels im Fluge dem Auge
des Menschen leicht eine Täuschung vorspiegeln können, zumal
es sich hier um unbedeutende Unterschiede handelt. Jedenfalls
war es ein Spiessflughuhn, zur Gattung Rteroclurus gehörig. Dagegen
glaube ich nicht zu irren, wenn ich einen anderen über