
furchtbaren Turnus wieder von Neuem beginnend. Ein paar
grosse schattenwerfende Bäume wurden im Thale sichtbar, welche
ich von Weitem ihrer Form und ihrer dunkelgrünen Blätter wegen
für Johannisbrodbäumb hielt. Es waren mächtige Pistacienbäume
(Pistacia terebinthus), wie wir sie 2 Tage später in Oued N’pa
wieder antrafen. Nach längerem Reiten verengerte sich das
Flussbett und trug zur Rechten die von nackten, schroffen Felsenwänden
umgebene und dadurch gewissermassen befestigte Stadt
El Atef. Wir Hessen diese rechter Hand von uns liegen und
erklommen die gleichfalls hochaufsteigende Bergwand ihr gegenüber.
Beim Durchreiten des Thaies hatte es den Anschein gewonnen,
als ob mehr denn 5 Städte die Pentäpolis von Gardäia
ausmachten. Wir geriethen darüber später einmal in einen
Wortstreit, der seine Einigung und Erledigung deshalb nicht
fand,- da beide Parteien mit grösser Hartnäckigkeit ihre Ansichten
verträten und von ihnen nicht lassen wollten. Ich will gerne
zugeben, dass es 5 Hauptstädte in dem betreffenden Bezirke
giebt, nämlich Gardäia, Beni-Isguen, Melika, Bou Noura und El
Atef, allein ich habe beim jeweiligen Vorbeiritt genau auf diese
geachtet und meine ganz bestimmt mehr Städte wahrgeuommen
zu haben. Ich will jedoch den Beweisführungen des Spahis und
den Angaben der Reisenden mich nicht so schroff entgegenstellen,
dass ich deren Angaben als unzulänglich anzweifele, da bei mir
möglicherweise eine Sinnestäuschung vorliegen könnte. Im Allgemeinen
— und das wird auch dem Wesentlichen nach gewiss
richtig sein, — redet man von 7 Städten des M’zab-Gebietes und
nennt nach der Pentäpolis noch das nördlich gelegene Berryän
sowie das am weitesten östlich sich erstreckende Guerrärä. Nach
letzterer Stadt zu richteten wir unseren Marsch, während wir
Berryän nordwestlich von uns liegen Hessen. —
Der schon vorhin kurz erwähnte Aufstieg verursachte uns nicht
geringe Mühe. Der Weg war oft so steil, und die Felsenmassen so
glatt, dass wir Alle absitzen mussten, um die Höhe zu Fuss zu
erklimmen und unsere Maulthiere am Zügel uns nachzuführen.
Charakteristisch für diese Berghöhen ist Ammomanes algeriensis,
die wir oft, zumeist in Paaren, antrafen und erlegten. Als wir den
Höhenzug überwunden hatten, nahm uns das steinige Hochplateau
auf, welches eingefasst und umringt erschien von Bergen, die als
Ausläufer des eigentlichen Stockes sich noch weit in die Ebene
zogen. Einige Saribbüsche traten auf, — fast in jedem derselben
stand ein Würgemest. Diese waren aber in den verschiedensten
Stadien, theils vorjährig, theils frisch, aber nocb nicht fertig
gestellt, andere mit Eiern und Jungen, wieder andere, wo die
Jungen bereits ausgeflogen waren und sich in der Nähe herumtrieben.
Je weiter wir zogen, desto gleichförmiger wurde die
Gegend. In einem Muldenthale rasteten wir auf einen Augenblick,
um unser Frühstück einzunehmen. Dann ging es wieder
weiter. Zur Linken von uns wurde ein Oued sichtbar mit vornehmlich
sandigem Charakter. Dort wuchsen umfangreiche Saribbüsche,
welche gerade im Treiben begriffen waren und ihre hellgrünen
akazienartigen Blätter eben entwickelten. Sie deuteten
unverkennbar auf eine Wasserader unter sich, da sie sonst in
dieser Ueppigkeit hier in der Steinwüste unmöglich hätten
existiren können. Im Uebrigen war das Hochplateau vielfach
mit Büscheln des Haifagrases bestellt. Ohne sonderlichen Aufenthalt
ritten, wir flott weiter, überall hinspähend und auf Alles
achtend. Gegen Abend machte mich Herr W. auf einige Vögel
aufmerksam, an denen ich, ohne sie zu gewahren, bereits vorbeigeritten
war. Zuerst erkannte ich sie nicht, als ich aber absprang
und 2 derselben auffliegen sah,' stand mir das Herz vor Freude
still: Rhamphocorys Clot-Bey! Sie waren nicht besonders scheu
und tummelten sich bald in der Luft, bald auf dem Boden. Als
sie aber weiter flogen und schussmässig an mir vorbeikamen,
gab ich Feuer und machte ein Doublette auf sie. Es war
ein Pärchen. Nun galt es, noch mehr davon zu finden und zu
schiessen. Wir durchstreiften also die Gegend zu Fuss. Auf
der Nestsuche hatte uns das Glück heute ebenfalls nicht im Stich
gelassen, denn wir hatten bereits viele kostbare Funde zu verzeichnen,
als Ammomanes algeriensis und cinctura, Otocorys
bilopha, sowie ein von meiner Frau entdecktes Nest der Saxicola
deserti mit 4 Eiern. Letzteres war wie immer ein sehr erwünschtes
Object. Als ich es näher besah, entdeckte ich in der Nestmulde
einige mir unbekannte Federchen, die ich einem Hühnervögel
zuschrieb, mir aber vergeblich den Kopf zerbrach, welcher Art
sie wohl angehören mochten. Darauf sollte mich am nächsten Tage
der Zufall bringen. — Während ich das Gelände durchkreuzte und
meine spähenden Blicke forschend überall hinwarf, sehe ich
plötzlich Herrn W. stehen bleiben, schiessen und auf mich herankommen.
An seiner Haltung vermuthete ich, dass er ein Nest
entdeckt hätte, was er mir beim NäherkQmmen auch bestätigte.
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