
auf meinem Reitthiere, und ich machte den Weg heute grössten-
theils zu Fuss. Die Sandwüste schien immer mehr an Gestalt zu
gewinnen und das steinige Hochplateau allmählig zu verdrängen.
Jetzt wurden auch Dünen sichtbar, welche aus rothem Sande
bestanden und überaus reichen Yegetationscharakter trugen.
Grosse Büsche eines eigenthümlichen, dem in unseren Gärten
unter dem Namen „englisches Gras“ sehr ähnlich sehenden und ihm
gewiss nahestehenden Riedes wurden sichtbar, in deren Blüthen
prächtig gefärbte JBuprestis- Käfer sassen oder an ihnen herumschwirrten.
Ueberhaupt herrschte eine reiche Gramineenflora
vor. Das niedliche Helianthemum bedeckte ganze Strecken,
ihnen eine goldgelbe Färbung verleihend, dazwischen standen
hartstachelige Distelstauden mit bizarr geformten Blättern und
aromatisch duftenden Blüthenköpfen, Gnaphalien überwucherten
den Boden, der zumeist mit halbkugelförmigen, sparrigen Retama-
Gewächsen bestanden war. Auf den weiten und kahl erscheinenden
Sandflächen erhob sich plötzlich einer Hyazinthe gleich die
Oistanche lutea, eine Schmarotzerpflanze mit gelben, blauen, lila
oder rothen Blüthen, — kurz es war eine Farbenpracht, wie
man sie sich kaum schöner, gewiss aber nicht eigenartiger denken
konnte und die man schwerlich in der Wüste, in der eigentlichen
Sahara vermuthet haben würde. Welch’ ein Feld für einen Botaniker!
Meine Frau sass ab, sammelte die hervorragendsten
und schönsten Pflanzen, um sie sofort in die Presse zu legen,
unterdessen ich die Gegend nach ihren zoologischen Schätzen
durchforschte. Hier trat auch wieder jene reizende kleine Sylvia
deserti, Loche auf, welche ich von el Muilah ab nicht mehr
zu Gesicht bekommen hatte. Ich war auch so glücklich mehrere
ihrer cylinderischen, tiefnapfförmigen Nester in den Wüsten-
sträuchern zu finden, leider aber immer eben vollendet, ohne
Eier. Da wollte es der Zufall, dass ich auch 2 ganz frische
reizend geformte und gestaltete Eierchen in einem fertig gestellten
Neste fand, die mich so beglückten, dass ich kaum wusste, wie
ich meiner Freude darüber Ausdruck geben sollte. Ich rief Alle
heran, um den herrlichen Fund anstaunen zu lassen, den ich behutsam
aus dem Strauche hebend zum Transport vorbereitete.
Nun fühlte ich mich reichlich entschädigt für die gestern Abend
noch ausgesprochene Enttäuschung. Hatte ich doch im Laufe
des heutigen Tages die Gelege dreier Vogelarten entdeckt, von
denen eins kostbarer war als das andere. In einem wunderbar
schön gelegenen Muldenthale machten wir eine Frühstückspause
und fütterten unseren grösseren Bussard mit Eidechsen, welche
wir unterwegs eingefangen hatten. Leider war er allein übrig
geblieben, denn der kleinere hatte heute morgen das Zeitliche
gesegnet. Dieser musste wohl beim Herabwerfen aus dem Horste
innerlich verletzt worden sein, denn er war schon vom ersten Tage
an schwächlich und sichtlich krank. Um so erfreulichere Entwick-
lungsfortschritte hatte der grössere Bussard gemacht, der einen
grandiosen Appetit entwickelte und nie genug kriegen konnte. Er
war grösser und stärker geworden, und Schwanz und Flügelfedern
waren bereits im Sprossen begriffen. Wenn er tüchtig gekröpft
hatte, legte er sich etwas seitlich platt auf den Boden und streckte
behaglich einen seiner krummklauigen Fänge aus. Dann richtete
er sich plötzlich in die Höhe, machte einige Schritte nach hinten
und spritzte den „Schmelz“ mit Puff und Eleganz in weitem
Bogen durch die Luft. Natürlich nahm er auf die Umlagernden
gerade keine Rücksicht und behandelte uns oft in der schnödesten
Weise. So wurde heute der Achmed von ihm gezeichnet. Ahnungslos
hatte er sich neben dem kleinen Wollklumpen hingesetzt
und ihm eine grössere Agame zugetragen, welche ich dem Schreihalse
gerade zerstückelte und vorlegte, als er plötzlich sein
Geschoss auf den Araber richtete und einen tüchtigen Klax auf
seinen Burnuss warf. Mit wirklich komischem Gesichte betrachtete
sich jener den Schaden und meinte in naiver Weise, der Bussard
hätte doch wohl zu viel gefressen. Als wir uns darüber halbtodt
lachen wollten, lallte er immer wieder die langgezogenen, accentuirt
gesprochenen Worte vor sich hin: „Mangé besäef, Mangé besäef.“1)
In der sandigen Dünengegend war die Ausbeute an
Reptilien naturgemäss ebenfalls eine sehr ergiebige, in Sonderheit
waren es Skinke, welche mir von unseren Wüstenführern
zugetragen wurden, während ich selbst nie einen solchen fing.
Ich schlich also unserem Touareg nach, um ihn beim Fange
dieses Reptiles zu beobachten. Bald hatte er die Spur im Sande
von einem kurz vorher darauf gewesenen Skinke entdeckt Nun
bückte er sich und stiess der Spur nachgehend mit den Fingern
in den losen Sand. Immer weiter tastete er im Boden herum,
und schon glaubte ich nicht mehr an den Erfolg seiner Hantirung,
als er plötzlich einen schönen, glänzendeu, mit violetten Quer1)
il a mangé trop.