
mulde Halt, wo wir das Zelt aufschlugen. Die Büsche wimmelten
von giftigem Gewürm, von Skorpionen und Hornvipern, deren
wir einige fingen und dann mit Vorsicht das Zelt errichteten.
Wonnig senkte sich der Abend auf uns nieder, und voll befriedigt
blickten wir auf den heute verlebten, ereignissvollen Tag zurück.
Eines freilich war ein Uebelstand an diesem Orte: er trug kein
dürres Holz, welches wir zum Feueranmachen nöthig hatten.
Die wenigen und nur mit grösster Mühe spärlich aufgesammelten
und zusammengebrachten Holzreiser wurden geschichtet und das
Feuer angezündet. Es reichte eben aus, um für uns einige
Kartoffeln zu brühen und ein paar Conservenbüchsen zu erwärmen.
Unsere Araber dagegen mussten ihre Zuflucht zum
Kameelmiste nehmen, um sich ihr warmes Ahendbrod zu bereiten.
Nichts desto weniger schlug die anfangs qualmende Flamme lodernd
empor, und während ich vor ihr stand und den erfinderischen
Sinn unserer Leute bewunderte, sah ich in nicht allzuweiter
Ferne ein reizendes Bild: die Silhouette eines mit ihrem Jungen
vertraut dahinziehenden Gazellenweibchens. Zum Andenken
daran nannten wir diesen Ort das „Gazellenlager.“ —
D o n n e r s ta g , den 13. A p ril 1893. Es war Mitternacht
geworden als wir unsere Arbeiten beendigt hatten und uns müde
von den Strapazen des Tages der ersehnten Ruhe hingaben.
Als wir uns vom Lager erhoben, merkten wir wie kalt es heute
Nacht gewesen sein musste, denn eben, wo die Sonne aufging,
zeigte das Thermometer 6° Cels. Aber rasch durchwärmte uns
der über’m Feuer brodelnde Mokka und belebte die erstarrten
Glieder. Ich griff nach meiner Büchse und suchte mit Herrn
W. die Umgegend auf Gazellen ab. Oft stiessen wir auf deren
Plätze und Lagerstellen und fanden vielfach ihre frische Losung,
aber die Thiere selbst bekamen wir nicht zu Gesicht. Unterdessen
wurden unter der Oberaufsicht meiner Frau die Zelte
abgebrochen und die Kameele beladen. Gestern Abend hatte ich
geäussert, dass ich beim Ueberblick über den Erfolg unserer Reise
mit dem Resultate wohl im Ganzen zufrieden wäre, obgleich die
zoologische Ausbeute meinen Erwartungen bisher nicht entsprochen
hätte. Das sollte aber mit heute — gleich als ob ich das
Schicksal daran gemahnt hätte — anders werden. Wie ich so
die vor mir liegende Ebene mit meinen Blicken musterte, gewahrte
ich, wie eine Ohrenlerche vor mir plötzlich abstrich. Sofort
erkannte ich an dem Fluge, dass sie von ihrem Neste geflogen
sein musste. Eilig ging ich der Stelle zu und fand das Nestchen
mit 2 darinliegenden, typisch lerchenartigen Eiern. Das ebenfalls
nach Lerchenart construirte Nest war schützend unter der nunmehr
praevalirenden Distelpflauze angebracht worden, ziemlich tiefnapfig,
am oberen Rande mit einzelnen Steinchen belegt und befestigt.
So sehr ich mich über diesen kostbaren Fund freute, — denn die
Eier dieser seltenen Wüstenlerche sind noch unbeschrieben und
existiren meines Wissens überhaupt nicht in europäischen Sammlungen,
— so sehr bedauerte ich, nicht die volle Anzahl des Geleges
im Neste gefunden zu haben, die ich auf 4 schätzte. Das
unfern seines Nestes auf dem Boden sitzende § wurde von meinem
Schwager erlegt und sorgfältig als zu diesem Neste gehörig ver-
zeichnet. Bald darauf wurde noch ein zusammengehöriges
Pärchen der Otocorys bilopha angetroffen und gleichfalls erlegt,
leider aber nicht auch das Nest gefunden. Rasch war die Zeit
inzwischen vergangen und ungeduldig erwarteten wir unsere
Karawane. Endlich sahen wir sie auf uns zukommen. Diesmal
hatte das Verladen noch mehr Zeit in Anspruch genommen,
wie gewöhnlich, da unsere von den Strapazen der Reise arg mitgenommenen
Leute unwirsch zu werden begannen und sich so
unanstellig wie nur möglich benahmen. Auch der Spahis wollte
nicht mehr seine Schuldigkeit thun und wurde daher von meiner
Frau energisch zur Rede gestellt. Kaum war die Kawalkade
aufgebrochen, als 2 Gazellen dicht vor den Kameelen aufsprangen,
und wie ich nachher hörte kaum 10 Schritte von der Karawane
wieder stehen geblieben seien und sich in langsamem Schrittempo
weiter bewegt hätten. Der von uns noch immer für verrückt
gehaltene Touareg hatte sie anschleichen wollen, aber auch
sein Schuss ging an dem Thiere vorbei. So hatten wir uns nun
Alle, mein Schwager, dann ich und zuletzt der Touareg auf der
Jagd nach den Gazellen in für uns nicht gerade schmeichelhafter
Weise verewigt. —
Die gute Laune Hessen wir uns indessen dadurch nicht
nehmen. Ich war noch immer voller Freude über den schönen
Fund des Otocorysnestes, als sich mir eine zweite Ueber-
raschung bot. Dicht am Wege flog mit abermals unverkennbarem
Verstellungsfluge eine Certhilauda ab. Ich sprang von
meinem Maulthiere und stand auch gleich vor dem grossen, umfangreichen
Neste, in welchem 3 sehr charakteristisch gefleckte
und gezeichnete Eier lagen. Nun hielt es mich aber nicht mehr