
Entrinnen das letzte Mal gewesen, denn eine nochmalige Ein-
zingelung brachte den Wildling in unsere Gewalt. Nun Hessen
Alle, der Spahis zumal wie apch die ungeschickten Araber ihre
Wuth an dem Thiere aus und misshandelten es durch eine gehörige
Tracht Prügel und Püffe. —
Die eingeschlagene Route führte uns zunächst an einem ziemlich
umfangreichen, verwahrlosten Friedhofe vorbei. Darüber hochgradig
erstaunt, hier mitten in der Wildniss einen Begräbnissplatz.
vor uns zu sehen, fragten wir unsere Kameelführer nach dem Zusammenhänge
dieser Erscheinung, worauf uns die Kunde wurde, dass
hier die Franzosen mit den Eingeborenen nach Besetzung von
Ouärgla ein starkes Gefecht gehabt hätten, wobei eine grosse Menge
Muselmänner ihren Tod gefunden habe. So war diese Stätte also
auch geschichtlich von Bedeutung, und weckte in uns die Vorstellung
jenes grausigen Scharmützels und mit ihm die Folgen für Franzosen
und Eingeborene dieses Landes. Wir kamen nun auch durch
ein gebirgiges Hügelland, welches faunistisch abermals grosses
Interesse bot. Doch entdeckten wir keine neuen Formen, und ritten
daher unverzüglich weiter. Bald that sich ein welliges, mit Thälern
und tiefen Erdmulden versehenes Hochplateau vor uns auf.
Gerade war ich des Sammelns wegen ein wenig zurückgeblieben,
als ich durch Winke und Hantirungen meiner Frau verständigt
wurde, möglichst rasch heranzukommen. Eine vor der Karawane
ruhig herlaufende Kragentrappe war sichtbar geworden. Ich hatte
sie bald erblickt und rückte ihr bereits bedenklich näher, als
das Thier hinter einem Hügel laufend verschwand. Nun rannte
ich gedeckt so rasch wie möglich an denselben heran und hatte
gerade den Buckel überstiegen, als die Trappe, welche sich inzwischen
geduckt hatte, vor mir aufflog. Krachend löste sich
der Schuss, und die schöne Beute fiel todt auf die Erde. Wie ich
den Vogel aufhob, erkannte ich ihn als 9 und suchte nun fleissig
nach den Eiern. Denn offenbar hatte der Vogel gebrütet oder
war bei seinen Jungen, da er mich sonst wohl schwerlich so
nahe hätte herankommen lassen. Ich liess mir genau die Stelle
zeigen, wo meine Frau die Trappe zuerst gesehen hatte, und
suchte dieselbe wie auch die ganze Umgegend aufs Gewissenhafteste
durch. Aber ich fand nichts und musste mich mit dem
schönen Vogel in der Hand begnügen. Wir hatten wohl reichlich
Stunden auf der Suche nach den Eiern der Kragentrappe
verbracht und mussten nun tapfer ausschreiten, um unsere vorweg
schreitenden Kameele wieder einzuholen. Aber das hielt
schwer, denn so langsam die Kameele für den Beschauer zu
gehen scheinen, so rasch fördert sie doch ihr gleichmässiges
Schritttempo. Wir waren deshalb wirklich froh, als wir sie
endlich vor uns auftauchen sahen und hatten 2 volle Stunden
gebraucht, um sie wieder einzuholen. Unterdessen hatte sich ein
ziemlich starker Wind erhoben, der auf noch zunehmende Heftigkeit
schliessen liess. Dennoch ritten wir immer weiter in die
Ebene hinein, welche ein ungemein einförmiges Gepräge angenommen
hatte. Der harte, mit kleineren Steinen durchsetzte
Boden war auf seiner Oberfläche mit einer Sandschicht bedeckt,
welche der Wind uns fortwährend entgegenwirbelte, wodurch das
Reiten anstrengend und wenig angenehm wurde. Mehrere
Gazellen wurden sichtbar, und als ich wieder eine dicht vor uns
gewahrte, liess ich meine Büchse, welche auf einem Dromedar
in einem Kasten verladen war, herabholen und setzte sie eilig
in Stand. Vorsichtig wollte ich mich an das Wild heranpürschen,
während ich die Kameele halten liess. Aber die flüchtige Antilope
hatte bereits die Gefahr gewittert und war verschwunden,
als ich mich der Einsenkung näherte, in der ich sie vor Kurzem
furchtlos ässend einherziehen gesehen hatte. Da es schon zu
dunkeln anfing, schlugen wir etwas abseits der vorgezeichneten
Wegroute unser Zelt auf, und ich machte mich sofort an das
Abbalgen der Kragentrappe. Aber der Wind verstärkte sich
immer mehr, so dass wir uns in die Zelte begeben mussten, wo
wir assen und weiter präparirten. Unheimlich raste die Windsbraut
um uns herum, uns und unsere Utensilien mit Sand umstiebend
und durchsetzend. Das wenig angenehme Nachtlager
wurde von meiner Frau die „Windhöhe“ getauft. —
D ie n s ta g , den 11. A p r il 1893. Die Nacht war eine
der schauerlichsten, welche wir in der Wüste verlebt hatten.
Der in Sturm ausgeartete Wind hatte unser Zelt völlig mit Sand
überschüttet und blies seinen kalten Hauch von unten her auf
uns, dass wir die Decken nicht fest genug anziehen konnten.
Dabei war es stockdunkel, keine Sterne leuchteten am düster
umwölkten Firmament, und unheimlicher denn je erschien es um
uns herum. Wir ersehnten den Tag, wie noch kaum zuvor und
waren sehr erfreut, als wir mit dem ersten Grauen ein Nachlassen
der "Windstärke merkten. Unsere Leute lagen noch fest
in ihre Burnusse gewickelt und waren steif gefroren, als ich sie
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