
konnten. Er hiess Achmed, doch nannten wir ihn Touaregg,
weichem Stamme er auch angehörte und, wie er sich später selbst
zu erkennen gab, ein ganz gottloser, abgefeimter Schurke war,
mit dem wir übrigens zu guterletzt so gut befreundet wurden, dass
es uns ordentlich leid that, in Touggourt von ihm Abschied zu
nehmen. Er war ein durchaus ortskundiger, geriebener und verschlagener,
uns zugethaner Führer, oft nur mit einem losen
wallenden Hemde bekleidet, aber stets mit dem langen Gewehre
auf dem Nacken, welches er nicht aus der Hand liess, obschon
es lange Zeit weder Pulver noch Feuer gesehen hatte. Es war
übrigens heute eine Art Revolte in unsere Leute hineingekommen,
bis mir der Geduldsfaden riss, und ich ein festes Donnerwetter
auf den Spahis entlud, welches wie mit einem Schlage die
Situation klärte und besserte. —
Nach langem Marsche tauchten auch einige Hügel und
Hügelketten1) seitwärts von uns auf, und indem wir von dem
Hochplateau abstiegen, kamen wir in die echte Sandwüste, welche
in ihrer tiefsten Einsenkung 2 Brunnen enthielt mit salzhaltigem
Wasser, weshalb diese Stelle auch El Melelah, d. h. die salzige
genannt wird. Wir machten Halt und beschlossen, hier unsere
Zelte aufzurichten. Der Ort ist 24 Kilometer von Ouärgla entfernt,
ein nur geringer Theil der noch zurückzulegenden 174 Kilometer
betragenden Strecke bis Gardäia. Der Abend war ruhig
und schön, und wir konnten ohne sonderliche Mühe die Präparation
an den gesammelten Stücken vornehmen und erledigen. —
M o n ta g , den 10. A p ril 1893. In der Nacht, welche im
Allgemeinen erquickend und gut verlief, hörten wir plötzlich ein
unheimliches Flüstern und Herumschleichen um unser Zelt. Ich
sprang auf und griff nach dem mir stets zur Seite hängenden
Revolver. Aber es waren unsere Leute, welche die letzte Nachtstunde
benutzen wollten, ihre körperlichen Bedürfnisse mit Speise
und Trank zu befriedigen, und desshalb Holz und andere Brennstoffe
sammelnd in der Nähe unseres Zeltes herumhantirten.
Die übrige Zeit verging rasch, und als es um 5 Uhr hellte,
standen wir auf und gingen sofort an die Arbeit. Es war
empfindlich kalt, wir sehnten uns nach dem erwärmenden Morgenkaffee.
Darauf überliess ich den Zeltabbruch sowie das Verladen
unseres Gepäcks der Oberaufsicht meiner Frau, und begab mich
i) Der Franzose nennt diese Mamelons.
selbst nach den Brunnen, die beide in verschiedener Richtung
ziemlich weit auseinander lagen. Ich unterzog daher zunächst
den einen einer gründlichen Untersuchung nach Nestern des
Passer simplex und fand auch sofort eins, das leider noch im
Bau begriffen war. Auch in dem anderen Brunnen waren zwischen
dem Gebälke und den Mauerlöchern einige unfertige Nester des
Wüstensperlings gebaut, während ich die Vögel selbst am
Brunnen nicht zu sehen bekam. Kaum hatte ich mich aber ein
paar hundert Schritte entfernt, als ich beim Umsehen einen
Vogel dieser Art auf der Kuppe des Brunnens gewahrte. Ich
näherte mich ihm vorsichtig und schoss ihn ohne besondere Mühe
herab. Es war ein prächtiges <$. Auf diese Weise erlegte ich
noch ein zweites <J, bekam aber seltsamer Weise die $ $ nicht
zu Gesicht. Unterdessen war es höchste Zeit zum Abmarsch
geworden, und ich wunderte mich, dass die Karawane immer noch
nicht angezogen kam. Aber das hatte seinen guten Grund. Ein
Maulthier hatte sich losgerissen, und zügellos genoss es die
köstliche Freiheit. Ich sah von Ferne die vergeblichen Anstrengungen
unserer Leute, das kluge Thier einzufangen. Oft
war einer von ihnen demselben zum Greifen nahe gekommen,
sobald er aber die Hände nach ihm ausstreckte, schlug das Thier
von vorn und hinten aus und jagte im Galopp einige hundert
Schritte fort, dann stehen bleibend und sich ruhig ässend. Es
war eine wilde und tolle Jagd, die uns anfänglich Allen viel
Vergnügen, mit dem Verlauf der Zeit aber Aergerniss und Verdruss
bereitete. Sehr bald sah ich ein, dass auf diese Weise
das Thier nicht einzufangen war und befahl daher aufzusitzen
und abzureiten. Das geschah nun, und während wir unseres
Weges zogen, schritt das Maulthier ruhig neben uns her. Nach
mehreren missglückten Versuchen kam mein Schwager auf einen
klugen Gedanken. Er führte stets ein Lasso in Gestalt eines
langen unzerreissbaren Riemens bei sich, der ihm auf der Reise
bereits manchen wesentlichen Dienst geleistet hatte. Das eine
Ende selbst greifend, gab er das andere dem Spahis, ritt mit
ihm eine Strecke voraus und liess dann das Maulthier zwischen
sich und Shada durch. Schon war es augenscheinlich gefangen,
als es sich gegen den Spahis wandte und eine derartige Carambolage
mit seinem Pferde verursachte, dass letzteres sich aufbäumte
und den Reiter zu Boden warf, worauf sich das Maulthier
noch einmal der Freiheit erfreute. Glücklicherweise war dies
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