
Blöcke geflüchtet hatte. Noch mit der Suche nach ihm beschäftigt,
sehe ich einen zweiten Vogel auf mich zukommen und sich auf
den Rand eines Felsens setzen. Da er meinem Schwager diesmal
näher wie mir war, schoss er den Vogel herab, der tödtlich
getroffen in die Spalte zweier Blöcke fiel, aber dennoch von
seiner Hand erreicht wurde und aufgenommen werden konnte.
Auf meine hastig an ihn gestellte Frage, ob es ein Steinschmätzer
mit weisser Kopfplatte sei, bejahte er mir dies, worauf ich es
kaum erwarten konnte, den schönen Vogel zu sehen. Es war
richtig die prächtige Dromölaea leucocephala, welche ich nun mit
einem gewissen Stolze neben die Dr. leucopyga legen konnte.
Als mein Schwager meine unaussprechliche Freude über diese
Errungenschaft sah, gab er sich jede nur erdenkliche Mühe noch
mehr von dieser Sorte zu schiessen, und es gelang ihm wirklich
noch ein Stück zu erlegen, das sich als ? erwies. Voll befriedigt
über die schönen Erfolge, wandten wir uns der Stelle zu, wo
unsere Thiere und Führer standen. Auf einem einladenden
Plätzchen, an einen Schatten werfenden Felsblock gelehnt,
entkorkten wir einige Flaschen und schlürften mit Behagen das
darin enthaltene herrlich mundende Eau St.. Galmier, »wobei wir
auch unser Frühstück einnahmen. Dann sassen wir auf und traten
den Rückweg an. Ein kleines Unglück, welches uns unterwegs
zustiess, verstimmte mich einige Augenblicke, doch überwand ich
den Unmuth angesichts des schönen Resultates von heute. Mein
Maulesel war nämlich etwas zurückgeblieben, und als ich ihn
anspornte, setzte er sich in Galopp, wobei durch die Schwere des
seitlich schlagenden Gewehres die Stahlöse des Gewehrriemens
abbrach, sodass ich fortan das Gewehr ohne Riemen tragen musste.
Der Rückmarsch wurde uns übrigens bei der furchtbaren Hitze
entsetzlich lang, und trotz strammen Reitens mussten wir genau
dieselbe Zeit aufwenden, welche wir heute morgen auf dem Hinwege
brauchten. Erst nachdem wir das Negerdorf im Rücken
und den festeren Weg unter uns hatten, schien uns Ouärgla nicht
mehr weit. Ermattet und erschöpft kamen wir dort um 2 Uhr
an, wo wir nach kurzer Toilette uns dem Genüsse der Mittagsmahlzeit
hingaben. Mr. Long hatte uns aber auch wirklich ein
feines Frühstück gerichtet, welches wir uns trefflich munden Hessen.
Bald waren Hitze und Strapazen vergessen, verscheucht jede Unbequemlichkeit
und vorwiegend einzig und allein die Freude am
heutigen Jagderfolge. Zur Hebung der Freude hatte das eingetroffene
Telegramm vom Commandanten in Touggourt beigetragen,
das mir den Spahis, „Sbada“ zur völligen Disposition
stellte. Die Stunde schien mir geeignet eine fröhliche Stimmung
hervorzurufen und länger obwalten zu lassen. Ich liess daher
Champagner bringen und beim Klange der Gläser wurden wir
unseres heutigen Erfolges inne, gedachten dankbar der bisher
glücklich überwundenen, vielfach gefahrvollen Reiseroute und
wünschten uns neue Kraft und neuen Muth zum weiteren Fortgange
unserer Reise. Oft noch nahmen wir Gelegenheit unser
Gläschen zu leeren, bis wir merkten, dass dieses Getränk für
Ouärgla nicht nur nicht nützlich, als vielmehr geradezu gefährlich
sei. Bald fühlten wir uns beschwert und über alle Maassen ermüdet,
in unseren Köpfen aber schwirrte und summte es, als ob
zahllose Kobolde in denselben herumrumorten. Wir zogen uns daher
in unsere Zimmer zurück und hielten einen tiefen Mittagsschlaf.
Dann setzten wir uns an die Präparation der heute erlegten Vögel.
Aber die Arbeit wollte nicht recht von der Hand, und immer noch
summte und hämmerte es in unseren Köpfen. Da erzittern
plötzlich Wände und Scheiben von einem Kanonenschuss, der
dicht vor der Kasbah gelöst, allen gläubigen Mohamedanern zuruft:
Der Tag ist vorüber, die Nacht bricht an, nun freuet Euch
und geniesset, labet Euren Körper und Eure Zunge mit dem, wonach
Euch gelüstet! Ein Jauchzen und Kreischen, Singen und
Schreien begleitet den lauten Knall, Gebete schallen von den
Dächern, Pfeifen und Tambouraschläge durchdringen die Luft —
lauter Jubel klingt an unser Ohr. Behaglich sehen wir die
Aeltesten des Dorfes auf den steinernen Ruhebänken vor ihren
Häusern sitzen und mit Wollust ihr Tässchen Mokka trinken,
Cigarettenduft umschmeichelt in kräuselnden Wolken das Antlitz
der jugendlichen Burschen, Alles singt und schwatzt vor sich hin,
— zu lautem Gemurmel wird jede einzelne Stimme, getragen
und durchzogen von dem einzigen Gedanken: die Qualen des
Fastens1) sind für heute vorüber, die Nacht vergilt, was der Tag
uns entzog. — Aber auch uns hält es nun nicht mehr in den
Wänden. Wir eilen hinaus und sitzen fröhlich plaudernd unter
dem sternenbesäeten Himmel vor der Taverne des Mr. Long bis
tief in die Nacht hinein.
i) Die Zeit unserer Reise fiel gerade in den Fastenmonat der
Araber, genannt Rämmädän, oder Rhämdan. Der Verfasser.