
Freude bereitete. Stundenlang ritten wir unter der Unbill des
heutigen Wetters dahin, wie es biess, einem Brunnen zu, den
wir der Kühlung wegen ausserordentlich ersehnten. Rechter
Hand von uns wurde abermals der Thurm eines „Télégraphe
optique“ sichtbar, wohin Shada allein ablenkte, um sich genauer
über die Marschroute unterrichten zu lassen. Doch befanden wir
uns diesmal auf direktem Wege nach dem Brunnen und erreichten
ihn um 7*2 Uhr. Dort lagerten wir und tränkten uns und unsere
Thiere. Das Entsetzliche des Sturmes war der Gluthhauch, den
er mit sich führte. Die Schläfen zuckten und die Pulse flogen,
während ein unsagbares Hämmern im Kopfe die Folge der ausgestandenen
Hitze und Schwüle anzeigte. Wir netzten uns fortwährend
mit dem herrlichen Nass, steckten den Kopf in’s Wasser
und feuchteten die Taschentücher an, um unseren Scheitel damit
zu kühlen. Diese Wohlthat kam unserem Körper sehr zu Statten,
und als wir uns einigermassen erholt hatten, nahmen wir die
Route wieder auf, welche uns heute in die Nähe von Hassi el
Arefidji bringen sollte, einer Sebkha, berühmt durch den Zusammenfluss
des Ouëd N’ça und des Ouëd Mia. Unser Spahis hatte
wieder ein Nest der Drymoeca gefunden mit abermals 4 Eiern,
welche indessen sehr stark bebrütet erschienen und auch nicht
zu entleeren waren. Die neben uns herlaufenden Araber Achmed
und el Haja dauerten uns, und wir sassen oftmals ab, um sie
eine Strecke sitzen und reiten zu lassen. Den Sämum nannten
sie Gebli und stöhnten und ächzten, wenn sie von ihm sprachen,
immer mit demselben Refrain „gébli musch mliech“1)! - Während
der dicke Achmed fast aufgelöst schien und ein jämmerliches
Gesicht dazu schnitt, griff der brave el Haja zum Gebet, zog seine
Pantoffeln aus, wusch sich Hände und Füsse mit Sand und verneigte
sich ehrfurchtsvoll viele Male nach Osten, wobei seine
Lippen ein Gebet murmelten. Dies that der fromme Knecht nicht
nur heute, sondern alle Tage, nicht morgens und abends allein,
sondern zu jeder beliebigen Stunde, wenn ihn das Bedürfniss nach
seinem Seelenheil dazu drängte. Mir imponirte die kindlich —
fromme Art und Weise ganz ausserordentlich, wie denn auch der
El Haja ein wirklich ordentlicher Mensch und ein sympathischer
Araber war, wie man ihn selten trifft, stets artig, gutwillig und
zuvorkommend. Trotz des Sämüms Hessen wir die Augen überi)
Der Samum ist Dicht gut, taugt nichts!
all schweifen, so gut wir es eben vermochten, konnten indessen
nur wenig finden, was unser Interesse erregt hätte. Das war
übrigens auch gut, denn abbalgen hätten wir heute unter keinen
Umständen gekonnt. Nach langem, beschwerlichem Marsche sahen
wir grosse unbewachsene Sanddünen vor uns auftauchen, welche
wir als Hügel von Arefidji erkannten, und machten um 7»5 Uhr
in einer Mulde Halt. Mittlerweile hatte der Wind auch an Stärke
zugenommen und jetzt artete er in Sturm aus. Wir hatten Alle
unsere ganzen Kräfte einsetzen müssen, um bei dieser Windsbraut
unser Picot’sches Zelt aufzuschlagen, das andere aufzurichten war
ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Alle 4 lagerten wir uns
im Zelte und genossen ein kaltes Abendbrot, da an die Zubereitung
eines warmen nicht zu denken war. So sassen wir
bei einander, bis der Schlaf uns übermannte. Nun legten sich
die Herren in ihre Decken gewickelt und das Zelttuch über sich,
zwischen ein paar aufrechtstehende Kisten auf den Boden, während
die Araber einen grossen Saribstrauch als Schutz gegen den Sturm
benutzten. Die wickelten sich um und ein in ihre Burnusse
und schliefen trotz Sturm und Sandgestöber gut und fest. Da
der Wind ausgesprochen auf einer Seite des Zeltes stand, ver-
barrikadirte ich dieselbe mit den schwersten Kisten und Wasserfässern
und zwar derart, dass ich sie als Schwergewichte auf den
im losen Flugsande eingerammten Eisenpflöcken lasten liess. Alsdann
warf ich mich mit den beruhigenden Worten auf’s Feldbett,
dass, wenn der Sturm auch noch so arg von dieser Seite wüthe,
wir das Umwerfen des Zeltes nicht zu befürchten hätten. Aber
ich hatte die Rechnung ohne den Wirth gemacht. Es mochte
2 Uhr morgens gewesen sein, als plötzlich ein gewaltiger Sandwirbel
neben unseren Köpfen aufstieg und im Umsehen die eine
Seite des Zeltes aus dem Boden riss. Ich ahnte sofort, was
geschehen war, und eilte hinaus, um die Herren und die Leute
zu wecken und ihre Hülfe zu beanspruchen. Der zum Orkan
ausgeartete Sturm hatte sich gedreht und bereits viel zu grosse
Gewalt an dem flatternden Zelttuche gewonnen. Wie ein unsichtbares
Ungeheuer wälzte er sich in’s Innere und löste im Augenblick
alle Fesseln, die ihm hinderlich waren. Im Nu hatte er das Zelt
zusammengeworfen und die das Tuch haltenden eisernen Querstangen
wie dürre Hölzer geknickt! Meine Frau war unter dem
Zelte vergraben, und wir mussten uns eilen, das Tuch zu heben,
um sie vor der Gefahr des Erstickens zu retten. Wir suchten