
auch unsere Zelte auf, und ich versprach mir noch mehr Schönes
in dieser echten Sandwüste. Deshalb machte ich mich denn auch
alsbald auf mit Herrn W. auf die Suche nach allem, was da
kreucht und fleucht. Eine wundervolle Lerchenstrofe schlug an
mein Ohr, und als ich in den klaren Aether sah, erkannte ich die
Sängerin als eine Galerita. Nachdem ich ihrem geradezu vollendeten
Gesänge lange Zeit gelauscht hatte, erlegte ich sie und
hatte in ihr die blasse Form der echten Sandwüste, die kurz-
schnäblige Galerita isabellina erlangt. Doch die Zeit drängte
zur Arbeit, zur Erhaltung der heute von mir geschossenen und
gesammelten Objekte. Erst nahm ich die werthvollen Eierchen
der Drymoeca vor und hatte die Freude und Genugthuung, diese,
trotzdem sie angebrütet waren, schadlos zu präpariren, d. h. sie
zu entleeren, ohne dass die Schale sprang. Nach gethaner
Arbeit mundete das äusserst schmackhaft zubereitete Abendbrot
vorzüglich, und in fröhlichster Stimmung sassen wir, beleuchtet
von dem am klaren Himmel stehenden Monde, vor unseren Zelten
und Hessen die Eindrücke des heutigen Tages immer wieder und
wieder an uns vorüberziehen. Damit wuchsen aber auch unsere
weiteren Reisepläne. Wir besprachen mit dem Spahis eingehend
die Route nach El Golea, welche er uns indessen als höchst
gefährlich und strapaziös schilderte. So sassen wir denkend,
plaudernd und arbeitend bis weit über Mitternacht zusammen,
mitten in der Sandwüste, durchdrungen von deren wunderbaren
Reizen. Es war ein herrlicher Abend, da es völlig windstill war,
unumstritten einer der schönsten, den wir in der Wüste durchlebt
haben. Zur Erinnerung für uns tauften wir den Flecken
Sandheim.
S o n n ta g , den 2. A p ril 1893. Die Nacht war bitterkalt,
enger und fester zogen wir die Decken an, welche uns wärmen
sollten. Beim Erwachen schlugen eigenthümliche, unbekannte
Trillertöne an mein Ohr. Wir hatten gestern Abend den sandfarbenen
Ziegenmelker um uns herum spinnen gehört, weshalb
ich zunächst an ihn dachte. Aber die Töne waren zu kurz, mehr
schwirrend etwa wie „tirrr tirrr tirrr“ klingend. Nun konnte ich
es nicht mehr aushalten auf dem Lager und lugte aus dem Zelte
heraus. Es war noch dunkel, und eben begannen sich die Schatten
der Nacht vor dem kommenden Morgenlichte zu wälzen, sodass
ich die Erzeuger dieser mir unbekannten Töne mit meinen Augen
noch nicht fassen konnte. Sie schienen aber dicht am Lager
zu sein, und wie ich nach den defecten Brunnen blickte, gewahrte
ich alsbald zwei hellfarbige Vögelchen. Steinschmätzer
vielleicht, dachte ich, und schritt ihnen entgegen. Da vernahm
ich zu meinem höchsten Erstaunen das sperlingsartige „schilk“
und nun wusste ich genau, mit wem ich es zu thun hatte. Der
Passer simplex ist’s, rief ich meiner Frau zu und schlüpfte, so
schnell ich konnte, in Kleider und Stiefel. Eben war ich, das
Gewehr in der Hand, aus dem Zelte getreten, als ich das Pärchen
an mir vorüberfliegen sah, wobei es fortwährend die Trillertöne
ausstiess. Ich zitterte vor Aufregung und konnte es nicht abwarten,
das Gewehr anzubacken. Aber, als Ob sie es ahnten, die begehrten
Vögel, sie suchten auf einmal das Weite und flogen in die Wüste
hinein. Aengstlich, sie könnten sich meinem Gesichtskreise
gänzlich entziehen, schoss ich aus weiter Entfernung auf das
hellfarbige, im Sande sitzende Vögelchen. Es flog unbeschadet
von dannen und setzte sich gleich darauf auf die oberste Spitze
einer Retame. Nun nahm ich es scharf auf’s Korn und feuerte.
Aber welches Missgeschick! Obschon die Federn stoben, sah ich
den. tödtlich getroffenen Vogel abfliegen, doch so unglücklich,
dass er gerade gegen die aufgehende Sonne flog, wo ich ihm,
geblendet von den Strahlen, nicht nachsehen konnte. Sorgfältig
suchte ich Busch für Busch ab, in welchen er möglicherweise
hineingeflogen war und dort verendet sein konnte, suchte hier
und suchte dort, aber die Thatsache blieb unerschütterlich fest
stehen: er war und blieb für mich verloren. Auch das ? war
auf und davon geflogen. Zweimal sah ich es an mir vorüberfliegen,
ich wagte trotz der viel zu grossen Entfernung einen
Doppelschuss — leider vergebens. Ich war ausser mir vor Aufregung,
kehrte bald zurück, meldete die traurige Thatsache,
streifte die ganze Unglücksstelle auf der Nachsuche wer weiss
wie oft ab — umsonst, die begehrte Beute war nicht zu finden.
Nun kehrte ich an den Brunnen zurück, wo ich den Vogel
zum ersten Male erblickte und fand beim Nachsuchen das
im Bau begriffene Nest, beinahe vollendet, ganz nach Sperlingsart
geschichtet, einen grossen Haufen von allerhand Stengeln
und Grashalmen, in die Nische der überwölbten Holzdecke gebaut.
Natürlich untersuchte ich auch den anderen Brunnen, aber
da war nichts zu finden, derselbe ebenso verschüttet und versenkt
wie der erstere, das wenige darin enthaltene Wasser abgestanden
und ungeniessbar. Wie beklagte ich das Missgeschick