
Mehrere Sebkhas wurden durchritten, Sandberge erhoben
sich zur Rechten und zur Linken, bis die Gegend mit den
Hügeln allmählich verschwand und dem Ganzen ein anderes
Gepräge verlieh. Nun erst waren wir im eigentlichen Sandmeere,
dessen rothleuchtende Dünen (daher Areg ei Dem, d. h.
Blutdünen genannt) sich wie einzelne, stehen gebliebene Wellenberge
vor uns aufthaten, während wir in den Wellenthälern
einherritten. Kein Weg, kein Steg bezeichnete unsere Route.
Auf dem gleichfërmigén Boden waren die Karawanenspuren verweht,
dazu durch dichtes Pflanzen- und Haifagestrüpp unkenntlich
gemacht. Gar bald schienen wir uns denn auch richtig verirrt
zu haben, und unser Spahis wusste bald nicht mehr, wo wir uns
eigentlich befanden. Wir sassen ab, holten die Karte hervor und
suchten uns nach derselben zu orientiren. Aber auch das half
nichts, bis der Spahis auf einen rechter Hand von uns liegenden
Poste télégraphe obtique wies und dahin sprengte, um sich bei
den dort wohnenden Leuten Rath zu holen. Er legte den ziemlich
weiten Weg bald zurück und meldete, dass wir uns keineswegs
in der Irre befänden. Mittlerweile bemerkte ich, dass sich auch
das Faunenbild verändert hatte. Eine eigenartige, grosse Diptere,
der Form nach einem Trauerschweber ähnlich, flog vor uns her,
die ich im Fluge anfänglich für einen Ascalaphus hielt; an den
blühenden Gramineen aber und zwischen den Wüstensträuchern
entfaltete sich ein reiches Insectenleben: Cicindelen und Graphi-
pteren, Anthien und Pimelien huschten über den Boden, der aus
röthlich angeflogenem Sande bestand. Ein prachtvoller grünglänzender,
weiss gestreifter Julodes sass an den Haifarispen, und
überall an den Euphorbien sah man die dickleibigen Schwärmerraupen
im eifrigsten Fressen begriffen. Hier fingen wir auch die
ersten Stücke der hübschen, prächtig gezeichneten Agama Tourne-
villei, die sich wie die Agama inermis leichter als alle übrigen
Eidechsen einfangen liess, und entzückt steckte ich die ersten
violett gebänderten Skiuke (Scincus offtcinalis), welche der Chambi
gefangen und mir zugetragen hatte, in die Spiritustuben. Meinem
Schwager war ein hellfarbiger Ziegenmelker {Gaprimulgus aegyptius,
Licht.) aufgestossen. Triumphirend kam er mit dem schönen Vogel,
der leider arg zerschossen war, heran. Ich machte unsere Leute auf
die Nestersuche aufmerksam und hiess sie fleissig auf alles achten.
„Schuf häsch, schuf adäm *)“ rief ich ihnen alle Augenblicke zu.
!) Uebersetzt: Sieh nach Nestern, such Eier!
Das hätte gefruchtet. Plötzlich hielt der Spahis sein Pferd an
und stieg vor einem grösseren Strauche ab. Schon von der Ferne
erkannte ich an der dunklen Masse ein Nest darin und beeilte mich
nun so schnell wie möglich heranzukommen. Als der Spahis an
den Strauch stiess, flog das Vögelchen ab. Ich hielt es scharf im
Auge, erkannte es sofort als Drymoeca saharae, Loche und verfolgte
es solange, bis es meinem Schüsse erlag. Nun kam ich gespannt
an das Nestchen heran, das nach Zaunkönigsart gebaut
war, also backofenförmig, überwölbt mit seitlichem Einschlupfs-
loche. Leise griff ich mit dem Finger hinein und fühlte 4 Eierchen.
Nun hob ich das frei im Busch angebrachte Nest vorsichtig aus
und liess die Eier eins nach dem ändern behutsam auf den weichen
Sandboden gleiten. Der Untergrund der Eischale war trübe angelaufen,
und ich erkannte daran die vier Eierchen als angebrütet.
Dennoch war ich hocherfreut über diesen Fund und nahm alles
sorgfältig verpackt mit. Kaum hatten wir unsere Tour wieder
aufgenommen, als ich eine genau dem Sandboden entsprechende
kleine Sylvia wahrnahm, welche fliegend und schwätzend nach
Grasmückenart von einem Busche zum ändern zog. Im Nu war
ich von meinem Thiere gesprungen und stellte dem Vögelchen
mit grösstem Eifer nach. Mehrere sehr weit abgegebene Schüsse
waren erfolglos, bis ich es endlich bekam. Ich war voller Freude,
als ich das kleine Vögelchen aufhob, denn es war die reizende
Stoparola deserti, Loche, wie sie mir aus der Abbildung in „Revue
et Magazin de Zoologie“ vorschwebte. Ich erachtete es damals
als einen Beweis in Händen gegen die Tristram’sche Sylvia deser-
ticola, welche der genannte Forscher in den Wintermonaten in
diesen Sandwüsten aufgefunden haben wollte und identificirte
seine Art mit der von Loche aufgestellten, jedoch mit Unrecht,
wie das Kapitel über diese Frage im speeiellen Theil Aufklärung
giebt. —
Voller Freude über diese Errungenschaften zogen wir weiter.
Aber die Sonne brannte rücksichtslos auf uns herab und das
lange Reiten machte sich bei uns Allen durch Gliederschmerzen
bemerkbar. Wir waren froh, als wir einen Meilenstein erreichten
und machten dort um x/2 B Uhr Halt, wo wir uns zum Lohn
für die ausgestandenen Strapazen des heutigen Tages stärkten
und erfrischten. Da der Spahis versicherte, dass unterhalb des
Steihes zwischen den Sanddünen einige Brunnen ständen, liess
ich die Kameele unten lagern und entlasten. Dort schlugen wir