
der vorzüglich bereiteten aus Knorr’s Tafeln hergestellten Mocturtle
Suppe. Wir griffen wacker zu und Hessen es uns Alle prächtig
munden. Dann suchten wir unser Lager auf, während Herr W.
den Mondschein benutzend, den Abendanstand ausübte, um womöglich
einen Fennek zu schiessen. Ganz durchfroren und zähneklappernd
kam er indessen bald ohne Erfolg in’s Lager zurück.
S o n n a b e n d , den 1. A p ril 1893. Als es zu hellen begann,
hörte ich aus den das Zelt umgebenden Palmen den unverkennbaren,
melodisch klingenden Ruf der Zwergohreule (Scops giu) schallen.
Ich griff nach meinem Gewehr, schob eine Dunstpatrone hinein
und steckte vorsichtig den Kopf aus dem Zelte, um das possirliche
Eulchen zu schiessen. Aber wen sah ich da oben sitzen? Den
„Lanius11, den Schwätzer, Betrüger und Nachäffer! Ich hätte ihm
am liebsten den Dunst aus meinem Laufe entgegengesandt, aber
ich vermochte es nicht, denn er sass da so zutraulich, das Köpfchen
dem Osten zugewandt und schien sichtlich Freude an seinem
Nachahmungstalente zu haben. Ich warf mich daher wieder aufs
Feldbett und liess mir das „Kliü, Klü“ noch oftmals vorrufen.
Mit dem Einsetzen des Tages aber schien sich der Künstler seiner
eigenen Gesangesfertigkeit bewusst zu werden: fort war der
Schatten der Nacht und mit ihm seine Geister. Jetzt schwatzte
er und kreischte dazwischen nach seiner Art, dass es eine Lust
war. Nun erwachten auch unsere Leute, und mit dem ersten
Sonnenstrahl sassen wir auf der Kiste und verzehrten unser
Morgenbrod. Ein Tässchen Mokka belebte uns, dazu gab es ein
Stück Brod mit einer Scheibe Wurst. Letztere wurde geradezu
unser Lebenselixir auf der Reise und kam durch ihren Fettgehalt
dem Magen und seiner Thätigkeit ganz ausserordentlich zu Statten.
Wir hatten uns zwar reichlich versehen damit, indessen wurde
doch von Seiten meiner Frau eine grosse Oekonomie mit dem
Vorhandenen getrieben, da sonst der Vorrath leicht auf die Neige
gegangen wäre, ehe wir anderes Material hätten aufkaufen können.
Gestern Abend hatte ich durch Shada dem Chambi verkünden
lassen, dass er auf seine Kosten einen Mann als Treibergehülfen
von Bledet Amar bis Ouärgla mitzunehmen hätte. Der Mann
war auch gedungen, und alles hatte seine Richtigkeit. Aber wer
beim Aufbruche nicht da war, war der bestellte Araber. „Ouen
el Arbi“,1) fragte ich, „Mafisch“ *) gab man mir zur Antwort.
!) Wo ist der Araber?
2) Ist nicht da.
Schon standen die Kameele auf, und der Chambi suchte sichtlich
den Abmarsch zu beschleunigen. Aber in aller Ruhe befahl ich
ihm: „Stennie schweia“ (Warte mal ein wenig!). Nun kam der
Spahis zur Geltung. Er schwang sich in den Sattel und holte den
bereits vom Chambi bestochenen Führer an den Haaren herbei.
Alle Ausflüchte halfen ihm nichts. So sehr er auch betheuerte,
dass sein Vater krank sei und seine Mutter auf dem Sterbebette
läge: wir glaubten dem Schwindler nicht, er wurde einfach mitgenommen.
Noch einmal strengte er einen Fluchtversuch an,
indem er um Erlaubniss b at, seine Nahrung, d. h. also ein
paar Hände voll Datteln und etwas Brod für die Reisetage aus
seinem Hause zu holen und in einem Sacke mitzunehmen, was
ihm auch selbstredend gestattet wurde, aber nicht ohne Begleitung
des Spahis. —
Wir rückten indessen vor, da ich nun meiner Sache gewiss
war. Es dauerte auch nicht lange, als der Spahis angesprengt kam,
vor sich hertreibend den laufenden Araber aus der Oase. Nun ritten
wir froher Laune in die Wildniss hinein und harrten gespannt auf
die Ueberraschungen des heutigen Tages. Schon stand die Sonne
als glühender Feuerball am Himmel und sandte ihre Gluthstrahlen
auf uns herab. Gegen diese als Schutzmittel für Kopf und Nacken
hatten wir unter dem Hut ein bis auf die Schultern flatterndes
weisses Tuch befestigt und zogen heiter des Weges. Voll und
ganz kam nun die Wanderlust über uns, mit ihren Klängen und
Liedern, mit ihrem Frohsinn und ihrer Erwartung. Hier in der
ungebundenen Freiheit erfüllten wir die Luft mit unsern heimath-
lichen Gesängen, bald frohen und lustigen Inhalts, bald aber auch
mit schwermüthigen, das Herz ergreifenden Weisen. Es war ein
herrlicher Morgen, der unvergesslich in meiner Erinnerung fortleben
wird. Unsere frohe Laune hatte sich indessen der geriebene
Chambi zu Nutzen gemacht, denn plötzlich kam uns söin gedungener
Gehülfe entgegengelaufen und wehklagte, dass er den
Sack mit dem darin enthaltenen Vorrath verloren habe. Aber
wir erkannten den Schwindler. Wüthend über den Chambi, der
den Mithelfer absolut los sein wollte, sprengte der Spahis mit
verhängten Zügeln auf den Gauner los, zog sein Schwert und
drohte ihm das Haupt zu zerspalten, wenn er sich unterstände,
Anstrengungen zu machen, den Araber los zu werden Damit
war den weiteren Versuchen dieses Halunken ein für alle Mal
ein Ziel gesetzt.