
durchweg Boupschira, was hier zu Lande wieder einen ganz anderen
Vogel kennzeichnet. Ausser dem Lanius war Turtur senegalensis
und Passer hispaniolensis häufig, sonst aber wenig los, die durchfahrene
Wüste barg die Läuferlerche und — wie mir scheinen
wollte — eine etwas dunkler gefärbte Galerita, wie ich sie bis
jetzt nicht gesehen hatte. Inzwischen kamen unsere Herren angeritten,
und einer von ihnen erzählte, dass er beim Passiren
eines Wassergrabens einen Molch gesehen hätte, der auf der
Oberfläche geschwommen sei. Da die Molche, in diesen Landen
noch wenig gekannt, sehr begehrenswerthe Objecte für mich
waren, ich obendrein den Verlust eines solchen von meinem
Schwager bei Biscra gesehenen (wahrscheinlich Molge Hagen-
mülleri) zu beklagen hatte, beschloss ich, nach der betreffenden
Stelle zu gehen, um den Molch zu fischen. —
Vorher aber mussten wir uns durch ¡einen Imbiss stärken,
in Sonderheit die durstige ausgetrocknete Kehle anfeuchten.
Weil draussen die Hitze gar zu arg war, begaben wir uns in das
Innere des Vorrathshauses, wo wir auf den die kreuz und quer
liegenden, staubbedeckten, von Getreide strotzenden Säcken Platz
nahmen, und es uns prächtig munden Hessen. Gerade kam auch
wieder der Courier von Biscra angefahren. Von ferne schon
hörten wir das Schellengeläute der Pferde und das Gebell eines
kleinen Fixköters, der oben auf dem Verdecke des Wagens stand,
und sich trotz aller Stösse und Schwankungen desselben, sowie
— was noch mehr zu bewundern war — im Feuer der Sonne
vortrefflich zu befinden schien. Die Kutsche selbst war wenig
besetzt, nur 2 Araber waren die Insassen, welche sich der Länge
nach ausgestreckt hatten und in tiefen Schlaf versunken waren.
Als das sehenswerthe Ereigniss an uns vorübergeglitten war,
machten wir uns auf die Suche nach dem Molche auf. Aber der
vermeintliche Triton entpuppte sich mir als eine dickleibige, an
der Oberfläche des Wassers herumarbeitende Larve des grossen
pechschwarzen Schwimmkäfers, eines Hydrophilus, der in den
Wassergräben eine häufige Erscheinung war. Arg enttäuscht
kehrten wir zu unserer Haltestelle zurück und nahmen die
Weiterreise auf. Wir kamen nun durch eine lang sich hinstreckende
Sebkha, an deren Aussenrändern üppige Oasen standen,
die eine fast zusammenhängende grosse Kette zu bilden schienen.
Bald deutete der Kutscher auf 2 im Horizonte sich abhebende
Erhöhungen, die wir von hier aus für Palmen gehalten hatten.
„Voilà Touggourt“ äusserte er und erklärte uns nun, dass die
wie Stöcke aussehenden Gegenstände der Télégraphe optique und
der Marabutthurm von Touggourt seien. Sobald wir die Sebkha
im Rücken hatten, dehnte sich die wahre Sandwüste um uns
herum aus, in deren Centrum die Hauptstadt des Ouêd R’ir, die
eigenartige, grosse Oase Touggourt lag. Auf der Fahrstrecke, die
sich sonst wie ausgestorben vor uns dehnte, und nur die Wagenspuren
des Couriers enthielt, höchst selten aber einmal wirklich
einen Wanderer zeigte, wurde es lebendiger. Männer und Frauen
schritten mit Wasserkrügen auf dem Kacken in elastischem Gange
einher, aufbrechende Karawanen stellten sich uns in den Weg,
Burschen, Mädchen und Kinder tummelten sich querein. Ein
Eingeborener erregte mein ganz besonderes Interesse. Er sass
auf dem äussersten Hintertheil eines kleinen Esels, quer vor sich
ein Gewehr haltend, welches vollständig in Leinwand eingenäht
war, um es vor dem Versanden zu schützen. Das , brachte uns
die Gewissheit, dass wir uns im Bauche der Sahara befanden;
von nun an fühlten wir es auch, dass jeder Luftzug Wolken
von Sand aufwirbelte und selbst bei völliger Stille ein feiner
Sandregen fortwährend auf uns herabrieselte. Schon wurden die
niedrigen Häuser der Metropole sichtbar, als sich uns die Hauptfahrstrasse
eröffnete. Aber auch sie war mit losem Sande umschüttet,
ähnlich wie bei uns im Winter der Schnee die Spuren des Weges
verdeckt und den Menschen vom richtigen Pfade ablenkt. Das
letztere jedoch war bei unserem Rosselenker nicht zu befürchten,
muthig schwang er die Geissel über die Gäule, welche nunmehr,
das Endziel ihrer Reise erkennend, sich wacker in’s Geschirr legten,
und hinein rollte unser Wagen, begafft von den schwarzbraunen
Gesichtern der erstaunten Eingeborenen. Wir sind in Touggourt.
M ittw o ch , den 29. März 1893. Ich muss auf den
gestrigen Tag noch einmal zurückkommen. Touggourt besass seit
einiger Zeit ein leidliches Hôtel, und da die Wirthin über unsere
Ankunft bereits einige .Tage vorher benachrichtigt worden war,
fuhr unser Kutscher uns direct dort vor. Es war 5 Uhr, als wir
zerschlagen und zerstossen aus dem Wagen stiegen und nach der
Dame des Hauses fragten. Jetzt erst kam es uns so recht
eigentlich zum Bewusstsein, dass die Fahrt auf der hohen Break
weit anstrengender war als das Reiten auf den Maulthieren.
Hätten wir nicht den Vortheil gehabt, im Wagen den Transport
vieler Gegenstände zu bewerkstelligen, und hätte uns ausserdem