
entfällt ihren Armen ein Sandkorn nach dem anderen, und der
Wind dringt mit seinem Gluthhauche tief in den Boden ein. Erst
lockert er die obere Schicht, rüttelt am gedörrten Stamme und
lässt dann siebartig die glühendheissen Sandkörner in die entstandenen
Löcher und Trichter fallen. Jetzt thun diese ihre
Schuldigkeit, verdrängen schichtweise die Feuchtigkeit und dörren
ihre ruhenden Geschwister aus. Mit zäher Kraft und rastloser
Energie setzt der Samum seine Arbeit fort, und was einst der
Pflanze zum Segen geworden, das wird ihr jetzt zum Fluch.
Entblösst steht ihr Wurzelnetz da, beraubt seiner feinen und
feinsten Verzweigungen, mit äusserster Anstrengung sucht sie
dem heissen Boden die letzte Feuchte noch abzuringen, bis die
Sonne ihr innerstes Mark gedörrt, sie gänzlich vernichtet und
zerstört hat. Nun treibt der Wind sein Spiel damit, trägt siegreich
die einzelnen Theile der Pflanze im Reiche seiner Herrschaft
wirbelnd herum, und setzt seine Arbeit solange verkleinernd und
zerstückend fort, bis die Zeit jede ihrer Spuren löscht und tilgt.
Diese und ähnliche Gedanken Hessen wir beim Anblick der eigenartigen
Vegetation vielfach an uns vorübergleiten, tauschten sie
gegenseitig aus und suchten sie an Beispielen zu erhärten und
zu begründen. Leider hinderte uns das entsetzliche Rütteln und
Stossen des Wagens an fortdauernder Unterhaltung, wir mussten
uns an den Eisenstangen krampfhaft festhalten, um nicht herausgeschleudert
zu werden und klagten beide über Kopf- und Rückenschmerzen.
Nach Ueberwindung eines sandigen Hügels kamen
wir in eine Sebkhaniederung, durchfuhren dieselbe in raschem
Tempo, und kamen dann die Oase Gamra (der Kutscher nannte
sie Sidi Amram) rechts liegen lassend, in die Oase Mäghar.
Hier fiel uns abermals der Menschenschlag auf, der bereits ausgesprochenen
Negertypus zeigte, mit eingeknallter, dicker Nase
und wulstigen Lippen, sowie bedeutend dunklerer Hautfarbe.
Die Oase schien sehr wasserreich zu sein, und das Wasser war
leidlich trinkbar. An einem Vorrathshause wurde Halt gemacht,
die Pferde entschirrt und gefüttert, worauf ich mit meiner Frau
eine kleine Recognoscirungstour in die Oase machte. Die Wassergräben,
welche in ziemlicher Breite die auf einen Klumpen gedrängten
Häuser der Oasenbewohner umzingeln, wimmelten von
Cyprinodonten, niedlichen Fischen, die mit dem Wasser aus den
artesischen Brunnen an’s Tageslicht gefördert werden sollen. Es
ist unglaublich, welch’ geringe Anforderung dieser Fisch an sein
Lebenselement stellt, denn abgesehen davon, dass das stagnirende
Wasser eine Wärme von über 25° R. aufwies, war es stellenweise
derartig verunreinigt und misshandelt, dass es durchweg
verfault zu sein schien, und demnach auch furchtbar roch. Dennoch
tummelten sich die reizenden Fischchen in ganzen Schaaren
darin herum und befanden sich ausserordentlich wohl, denn sie
waren nicht leicht zu fangen und konnten nur dadurch in meinen
Besitz kommen, dass ich das Insektennetz auf den Grund
stellte und die behenden Dinger hineinjagte. Mir schienen 2 Arten
darunter zu sein, die eine ist wohl die bekannte Species calari-
tanus, die andere zeigte engere Querstreifung und hochorangerothen
Schwanz — ein prachtvolles Thier — könnte aber auch das durch
die Begattungszeit verfärbte und im sogen. Hochzeitskleide
prangende sein.1) Auf die oben angegebene Weise fingen wir
ihrer genug, auch eine Wasserschlange, die Tropidonotus viperinus
mit rothem Bauche, welche den Fischen nachstellte und dort
offenbar sehr gemein war. In der Oase schoss ich ferner 2 Grauwürger
(Lanius dealbatus, Defil). Bei einem Exemplar sind die
zwei äusseren Schwanzfedern durchgehend weiss, beim anderen
sogar die drei äusseren, trotzdem beide Vögel <3 <$ waren. Diese
interessante Würgerart, — ein echtes Wüstengebilde — variirt
nach Färbung und Zeichnung nicht nur in verschiedenen Localitäten,
sondern auch in ein und demselben Bezirke dicht neben und unter
einander ungemein, stellt aber immer nur die eine Art dar, welche
soviel Uebergänge und Differenzirungen aufweist, dass sie selbst
der genaueste Kenner nicht zu unterscheiden und zu sondern im
Stande sein würde. Sie ist in allen Theilen der Sahara gemein,
und ebenso häufig in den cultivirteren Oasen anzutreffen als
in der sandigen, peträischen oder sebkhaartigen Wüste. Fast
scheint es, dass — so variabel die Art in sich ist — so verschiedenartig
wird sie auch von den Bewohnern benannt. Hier nannten
sie die Grauwürger Teriri (ein hübsches Klangwort nach der
Stimme des Vogels, die er gerne beim Aufsitzen hören lässt), also
auch schon wieder anders als in Biscra, wo sie Täir Sidi Slimän
genannt werden; in Tunis (Umgegend von Monastir) heissen sie
x) Das letztere ist richtig, wie Herr Dr. H. Lenz in Lübeck mir
mitzutheilen die Güte hatte. Guichenot beschrieb das § als Cypr. cyano-
gaäter, das als Cypr. doliatus in Rev. et Magaz. de Zool. 1859,
pag. 378 u. 379. Beide sind unter dem alten Namen Cyprinodon calari-
tanus, C. & V. zu vereinigen. Der Verfasser.