
noch länger gehlieben, um mich an der Harmonie des . Ganzen
zu erfreuen und mich von ihren Grundsätzen belehren zu lassen,
aber die Zeit drängte zur Weiterreise, der Wagen rasselte heran,
und so fuhren wir denn voll Erwartung auf die bevorstehenden
Ueberraschungen weiter in die Wüste hinein. Und auch hier
war reiches Leben. Nicht grosse Völker, nein ganze Schwärme
von Wüstenhühnern, wie ich sie in solcher Anzahl bisher noch
nie gesehen hatte, tummelteu sich in der Luft, ihre Anwesenheit
durch ihre laut karkende Summe verkündigend. Bald einmal
war die Luft von ihnen erfüllt, bald wieder schwenkten sie sich
zu Boden, während sich gleichzeitig ein anderer Schwarm erhob,
dicht an uns vorüberflog, den wir so lange verfolgten, bis er
sich im Dunstmeere für unsere Augen verlor. Nun konnte ich
deutlich zwei Arten feststellen, nämlich die Pteroclurus alchata
und senegalus, die im Allgemeinen artlich gesondert, aber auch
häufig mit einander vermengt auftraten. Schaaren von Wüstenlerchen
flogen vor unserem Wagen auf, welche zumeist aus
Calandritis brachydactyla bestanden, einzeln oder in Paaren
sichtbar wurden auch heute wieder die niedlichen Ohrenlerchen.
Während wir bald nicht wissen, wohin wir unsere Augen wenden
sollen, wird plötzlich unser Ohr durch eine melodische, gar eigenartige
Strophe gefesselt. Wie aus innerster Brust hell pfeifend,
doch wehklagend und voll Melancholie schallt es, erst, in tiefen
Tönen, darauf die Scala von 3—4 Tönen emporsteigend, und
dann plötzlich aufhörend oder von zartem Triller begleitet und
damit endigend. Ich greife zum Gewehr und springe aus dem
Wagen, um den eigenartigen Sänger zu schiessen, ihn dadurch
näher kennen zu lernen und an mich zu fesseln, sein Wesen und
Naturell zu ergründen. Da sitzt er vor mir auf hohen Läufen
und mit seinem bogenförmig gekrümmten langen Schnabel, macht
trippelnd einige Schritte und lässt mich ganz dicht herankommen.
Jetzt schnellt er auf, wie eine Leuchtkugel vom Boden, und
wieder klingt der melancholische Pfiff durch die Wildniss. Mit
gespreitzten Flügeln fällt er schräg zu Boden, langsamer wie er
emporgestiegen, gleitender, schwebender, noch anmuthiger fast und
fesselnder. Dort vor ihm sitzt auch sein Weibchen, dem das
Alles gegolten, angeregt durch die allmächtige Liebe, die jetzt
das Wesen des Vogels durchglüht. Mehrmals schon ist das
todtbringende Gewehr angebackt gewesen, mehrmals auch wieder
abgesetzt worden, jetzt siegt des Forschers Recht, und beide Vögel
fallen ihm zum Opfer. Aber heilig hält er den Balg des
lieblichen Geschöpfes, welcher ihm fern von den Gestaden seiner
Heimath in der Zukunft den Liebreiz fesseln und die Bedeutung
des Vogels erhalten soll. Das ist die algerische Läuferlerche
(Certhilauda alaudipes, Salvad.) der „grand siffleur“ der Franzosen,
die „Müka“ der Araber.
Nun geht’s, froh der errungenen Beute weiter, und bald
haben wir unsere Herren eingeholt. Etwas ärgerlich und verblüfft
vernehme ich die Kunde, dass meinem Schwager eine Gazelle
auf 59 Schritt zu Schuss gewesen, aber auf und davon gesprungen
sei, als es geknallt hätte. So wechselt Forschers Freud und Leid!
Grosse, rattenartige Nager1) sitzen vor ihren selbstgegrabenen
Bauten und laufen, sobald sie des Menschen ansichtig werden,
pfeilschnell in ihre Schlupflöcher. Die schwach gekennzeichnete
Fahrstrasse innehaltend machen wir an einem mächtigen, in der
Krone vielfach verzweigten Zieyphus Halt, einem wirklichen
Baume, wie ich ihn bis jetzt noch niemals angetroffen habe.
Er steht noch nackt und sturr da und enthält viele alte und
neue Nester des Lanius dealbatus. Wie könnte auch der dort
fehlen! Denn, wo nur der kleinste Saribbusch steht, pflegt
der Würger sich einzustellen und dort die geräumige Wiege
für seine Kinder zu bauen. Ich untersuchte die Nester,
doch lagen noch keine Eier darin, waren auch vielleicht schon
geplündert worden, * da ich mehrere zerbrochene Eischalen
auf dem Boden liegend fand. Wieder ging es weiter. Ein
Paar Kragentrappen veranlassten mich auszusteigen und ihnen
nachzugehen, aber sie waren flinker als ich, und bald hatte
ich das Nachsehen nach den behenden Läufern. Sandiger
wurde die Gegend, und zeigte ein Retamaartiges Gewächs, das
bald zu kleineren, bald zu grösseren und dichteren Büschen
geformt dem Raub Würger ebenfalls zur Nestanlage dient. Jetzt
trat die sandfarbig gezeichnete, je nach der Localität sehr veränderliche
Eidechse Acanthodactylus scutellatus, Aud. in der Wüstenform
exigua auf, die ich bisher vergebens gesucht, und die ich um
Biscra herum noch niemals angetroffen hatte. Sie scheint ihren
nächstenVerwandten, Ac. pardalis, Licht., der bis jetzt als die herrschende
Form auftrat, zu verdrängen, denn nur selten begegnet
i) Nach gütiger Bestimmung des Herrn Paul Matschie in Berlin
Meriones getulus, Lataste.