
Die Kragentrappe ist in den südlichen Districten Algeriens
eine keineswegs seltene Erscheinung und anscheinend viel häufiger
als im benachbarten Tunis. Südlich von El Käntara tritt sie bereits
auf und zieht sich durch die ganze Sahara hindurch. Ich
jagte sie in der Ebene von El Outäiä und begegnete ihr fast
jedesmal, wenn ich die Fahrt nach Bordj-Saada unternahm, besonders
häufig in der Sebkha von Mouleina. Auch auf unserer
Wüstenreise haben wir öfters Gelegenheit gehabt, diesen stattlichen
Vogel zu beobachten, wo ich immer, sobald ich seiner ansichtig
wurde, aufs Neue angeregt, Jagd auf ihn machte. Er ist ein
Wüstenvogel in des Wortes vollster Bedeutung, eines jener Gebilde,
vor dem man nicht bewundernd genug stehen kann;
um die Harmonie und die grossartige Schaffung der Natur zu
preisen. Ort, Zeit und Umstand haben mit vereinten Kräften
gewirkt, um den Vogel zu dem herauszubilden, was er ist. Die
feinste Schattirung des Bodens ist auf dem Gefieder ausgeprägt,
das gelblichrothe und weisslichgraue Gelände mit seiner Fahlheit
und seiner. Blässe, mit seinem Ernste und seiner Strenge, die
Mittagsglut und die Abendruhe, auch der Morgen mit seiner
Frische und Klarheit, selbst der Wind, wenn er über die Sandfläche
weht, seine Zerrbilder hervorbringt und die Wellen- und
Zickzacklinien auf dem Boden hinterlässt. Und nicht des
Vogels Äusseres allein hat die Wüste zu bilden und sich anzupassen
gewusst, sondern auch seinen Character, sein ganzes
Wesen und Sein. Auf hohen, stämmigen Läufen mit kurzen,
kompacten Zehen, mit knapp anliegendem, spröden Gefieder, die
Kragenfedern schützend vor der Brust, zäh und ausdauernd: so
ausgerüstet stolziert die Habära vor dem auf dem Rosse sich
nahenden Reiter daher, oder entflieht vor dem zu Fusse ihr
folgenden Jäger in wenigen Augenblicken. Auch wenn sie ihre
Schwingen gebraucht, ist sie ein majestätisches, der Wüste in
jedem Einzelnen angepasstes Wesen, kurz eine Musterschöpfung
der allbildenden und allschaffenden Mutter Natur in der Wüste!
Meine Jagden auf die Kragentrappe mögen am besten meine
diesbezüglichen Tagebuchaufzeichnungen wiedergeben.
F r e i t a g d e n 11. März 1892.
„Ich wollte heute um 5 Uhr nach Oumäche auf brechen
und wurde deshalb um 472 Uhr geweckt. Der Führer aus dem
Hotel war wieder einmal nicht zur Stelle, auch die bestellten
Esel nicht. Erst um 1I2§ Uhr konnte ich abreiten. In Oumäche
oder in dortiger Umgegend hätte der Führer Wüstenhühner
(L’Kda) in Menge gesehen, versicherte er gestern. Möglich, dass
dies im Oktober der Fall, gewesen ist, jedenfalls waren jetzt
keine da, auch nicht ein Gedanke daran; dass sie dort überhaupt
Vorkommen könnten, da der Boden gar zu sebkhaartig war und
noch vielfach ganz unter Wasser stand. Nach langem, mühevollem
Marsche that ich . ein paar Schüsse auf Saxicola deserti.
Auf einem Sandhügel gewahrte ich zum ersten Male die grosse
Wüstenläuferlerche (Certhilauda alaudipes), auf die ich durch
ihren merkwürdigen, höchst eigenartigen Pfiff aufmerksam geworden
war. Ich wünschte nun auf Saada zuzugehen, um einiger-
maassen Aussicht zu haben, auf Wüstenhühner zu Schuss zu
kommen. Nach langem Marsche hatten wir endlich die Fahrroute
erreicht, wo ich mir einen Augenblick Ruhe gönnte und
etwas frühstückte. Alsbald machte ich mich aber wieder auf den
Weg und war noch nicht hundert Schritte gegangen, als ich
plötzlich 3 Kragentrappen gewahr wurde, die mit gestreckten
Hälsen vor mir einhermarschirten. Vor einer derselben deckte
mich ein Hügel, welchen Vortheil ich sofort auszunutzen begann.
Ungefähr 70 Schritte trennten mich vom Vogel, als ich auf den
Weitermarschirenden Feuer gab und ihn fluglahm Umschlägen
sah. Ich feuerte noch einmal und begann dann auf ihn zuzulaufen,
was jedenfalls unrichtig war, denn nun flogen die beiden
anderen Trappen auf und mit ihnen begann die fluglahm geschossene
zu laufen. Ich lief, was ich konnte, aber der Vogel
konnte es besser als ich, und war mir schon in wenigen Sekunden
aus dem Gesichtskreise entschwunden.“
Ähnlich erging es mir D i e n s t a g , d en 26. A p r il 92.
„Heute“, so sagt das Tagebuch, „wollte ich noch einmal nach
Mouleina, um nach den Eiern von Fterocles senegalus zu suchen.
Daher schon um 5 Uhr mit meinem Araberjungen Achmed von
Biscra abgefahren. Unterwegs sahen wir eine Trappe auf dem
Wege einherlaufen. Ich liess den Kutscher auf sie zufahren.
Nur wenig entfernte sie sich vom Wege. Vielleicht auf 35 Schritt
gab ich Feuer, da ich merkte, dass sie zu laufen anfing. Auf
den ersten Schuss vermochte sie sich kaum zu erheben und
taumelte auf dem Boden, auf den zweiten Schuss erhob sie sich
aber und fiel nicht weit vom Wege linker Hand wieder ein.
Nun liess ich wieder den Kutscher anfahren, und das war wohl
unrichtig, denn der geständerte Vogel machte Anstalten sich