
Dieses reizende Täubchen ist auch in Algerien genau das,
was es in Tunis ist: ein ausgesprochener Charactervogel der
Palmenoasen und ihrer Gärten. Dort ist es überall anzutreffen,
gleichwohl ob die Oasen am Rande der Wüste oder tief im
Bauche der Sahara gelegen sind. Wir gewahrten die Palmen-
.taube von El Käntara ab bis Ouärgla und darüber hinaus. Sehr
häufig war sie auch im Gebiete der Beni M’zab, namentlich in
der feeenhaft schönen Oase von Ghardä'ia. Dort waren diese
anmuthigen Vögel auch überaus zahm und zutraulich, und es
gewährte ein gar reizvolles Bild ein Pärchen auf einer Weinrebe,
in einem Granatbüschchen oder auf einem Palmenzweige
traulich neben einander sitzen zu sehen. So wenig scheu waren
sie, dass man ganz nahe an sie herantreten und ihr Liebesieben
durch einen photographischen Apparat ruhig aufnehmen und verewigen
konnte. In unzähligen Mengen flogen sie zwischen den
Palmenbäumen umher und erfüllten die Luft mit ihren lachenden
oder girrenden Lauten. Wie in einem Märchengarten kam man
sich vor, von berauschenden Düften und einschläfernden Lüften
umgeben, dessen trauliche Stille fast einzig und allein nur durch
das Liebesgeflüster dieser Taube unterbrochen wurde. Dort
hörte ich auch, merkwürdig genug, zum ersten Male das melancholische
Rucksen des Täubchens, das ich nie zuvor vernommen
hatte. Es war ein eigentümliches Lachen, so dass ich anfänglich
der Meinung war, eine echte Lachtaube zu hören. Gespannt
horchte ich auf und gab mir fortan die grösste Mühe, den
girrenden Täuberich anzuschleichen, um ihn deutlich zu erkennen
und als werthvolles Belegstück zu erlegen. Wie erstaunt war
ich aber, als ich in dem liebestollen Vogel das J der Palmentaube
erblickte! Auch in den Oasen von Güerrara hörte ich
einige Tage später wiederholt' dies girrende Lachen und überzeugte
mich alsbald, dass von einer Lachtaube (Turtur risorius)
nicht die Rede sein konnte. Dieses Lachen ist in Buchstaben
und Silben schwer auszudrücken. Annähernd dürfte es etwa so
lauten: „küh-ükeke küüh-ükeke küüh“, wobei das cj den Kropf aufbläst
und vor dem ? die bekannten Verbeugungen mit dem Oberkörper
macht.
Um die Naturgeschichte dieses Vogels eingehend zu ergründen,
halte ich bereits seit anderthalb Jahren Palmeutauben
in der Gefangenschaft, welche ich von einem Vogelhändler erstand.
Sie halten sich recht gut und haben mehrere Male
Anstalten zum Brüten getroffen. Die <J<$ sind sehr eifrig und
hitzig, ja geradezu liebestoll, scheinen sich auch mit Ausnahme
der eigentlichen kalten Wintermonate in ihrer Brünstigkeit nicht
beeinflussen zu lassen. Es ist ein nimmer endenwollendes Nachfliegen,
Beissen und Kämpfen um der Liebe Lohn, welches vom
ersten Frühlingstage an bis Ende Oktober währt, Die Ç-Ç haben
wiederholt gelegt, aber nur eine Brut bis jetzt gross gebracht,
deren Junge Ende September ausgeflogen sind. Ihre Nester
legen sie ganz geschützt in den in der Volière angepflanzten
Taxusbäumchen (Taxus boccata) an, auch am Rande des Holzhäuschens,
sowie in demselben haben sie oft gebaut und Eier
gelegt. Die Bebrütiingszeit rundet sich anscheinend auf 14
Tage ab.
127. P te r o c le s a r e n a r i u s , (Pallas) 1774. —. Sandflughuhu,
Ganga.
Tetrao arenaria, Pallas. Nov. Com. Petrop. XIX, pag. 418,
pl. 8 (1774).
Pterocles arenarius, (Pallas), Temm., Pig. et Gallin. III,
pag. 240 (1815).
Französisch: Ganga unibande.
Englisch: Black-Bellied Sand-Grous.
Arabisch: Köfldri.
Malherbe, Catal. Rais. d’Ois. de l’Algérie, 1846, p. 19.
Malherbe, Faune Ornith. de l’Algérie, 1855, p. 26.
Loche, Catal. Mamm. Ois., obs. en Algérie, 1858, p. 117.
Tristram, on thè Orn. North. Afrika, Ibis, 1860, p. 69.
Salvin, Five Month’sBirds’-nest. East. Atlas, Ibis, 1859, p. 335.
Loche, Expl. scient, de l’Algérie, H. N. Ois., 1867, II, p. 227.
Taczanowski,Uebers. d.Vög.Algeriens,Journ.f.Orn., 1870,p.51.
Gurney, jr., on the Ornith. of Algeria, Ibis, 1871, p. 296.
Fehlt bei Dixon, on Birds of Prbv. Constantine, Ibis, 1882.
Eingehender, denn je zuvor habe ich mich während unseres
Aufenthaltes in Biscra und unserer langen Wüstenreise mit den
Flughühnern, diesen unvergleichlichen Geschöpfen der Wüste,
befassen können. Immer und zu jeder Zeit, wo ich diese herrlichen
Gebilde sah, haben mich zwei Gefühle völlig beherrscht:
das der Forschersfreude und das der Weidmannslust. Nicht
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