
für Oliven zu halten. Ueber.den gedrungenen, durch zerrissene
Borkenrinde gezierten Stämmen erheben sich schirmdachförmig
die gewaltigen Kronen mit ihren länzettlichen, schwarzgrünen,
auf der Unterseite hell glänzenden Blättern, Bäume, die aus der
Ferne gesehen, nur gar zu sehr an die bekannten Oelbäume erinnern
, welche man als prächtige Staffage des blauen Mittelmeeres
so schätzen gelernt und so lieb gewonnen hat. Dazu
kommt, dass auch sie gleich den Oliven in weiten Abständen
von einander sich erheben und die ganze Thalsohle in gleicher
Weise bedecken. Wie vielen mag es gleich mir ergangen sein,
bis sie heim Näherkommen, ich möchte sagen beim Antasten
und Anfühlen dieser Bäume erst ihres Irrthums überführt wurden.
Kein Wunder also, wenn der Maurenfink sich in diesen Hainen
ebenso breit gemacht hat, wie im Teilgebiete in den Olivenbeständen.
Hier sitzt denn auch das schön gefärbte <3 in edler,
aufrechter Haltung auf einem Zweige des Schirmdaches, sträubt
die Kehlfedern und schmettert seine kernige Strophe in’s Grüne,
indessen das graue *? auf dem Boden umher trippelt und nach
Materialien sucht für sein Nest, das es ebenso Versteckt in
künstlerischer Form in der Zweiggabel eines Astes der Kermeseiche
anzubringen weiss, wie im Baume des Friedens und Segens.
Anders ist es in den Pinien. Zwar stehen auch hier noch
vielfach Steineichen in Busch- und Strauchform auf dem Boden,
wo hinein der Maurenfink mit Vorliebe sein rundes Nest baut, —
aber der Chara'cter ist ein anderer. Die schlanken, hochgewachsenen
Bäume der Firnis halepensis streben himmelan mit
ihrem Geäst und neigen höchstens die wimperartigen Nadeln
mit ihren bestäubten Blüthenquasten zu Boden, einen malerischen
Anblick gewährend. Die in Blättern und Fasern am Stamme
hängende Binde ist roth — die Nadeln hellgrün — wahrlich ein
Gegensatz zu den dunklen Stämmen und dem schwarzgrünen
Laube der Eichen und Oliven. Murmelnd fiiesst des Baches
Wasser im ausgewaschenen Thale und belebt und erfrischt die
ganze Gegend. Hier ist der meist sonnige Süden mit dem
kälteren heimathlichen Norden gepaart und Frühlingsodem entquillt
dem Boden. Den hat längst der Fink erfasst: kräftig und
kernig ertönt sein Schlag aus der Pinie herab, wo wir ihn früher
nimmer vermuthet hätten. Hoch über der Erde baut er sein
Nest unter einem Astknoten, oder in der freien Spitze der bewimperten
Pinienzweige, die es decken und schützen, nicht
schlechter gewiss, als die knorrigen Astgefüge der Olive und
Eiche.
Ich bin in letzter Zeit von berufener Seite der Anfrage
begegnet, ob nicht der tunesische Vogel von dem algerischen
als verschieden aufzufassen sei, da es sich erwiesen hat, dass in
Marocco der Fink erheblich abweicht von der typischen Fringilla
spodiogenys, die mir zu Ehren trinär Fr. spodiogenys Koenigi
(Kothsch u. Hart.) gefasst worden ist. Nach meinen Eindrücken,
die ich an frisch geschossenen Vögeln in Batna gewann, kann
ich jedoch versichern, dass dies nicht der Fa-11 ist. Ich halte
demnach den Vogel von Tunis (Fr. spodiogenys, Bp.) für völlig
identisch mit dem aus Algier (Fr. africana, Lev. jr.), Dagegen
erscheint mir nach einem Stück, welches mir von der Linnaea
(21. 5. 90) aus Marocco zuging, dass der Vogel von dort eher
eine Species als eine Subspecies sei, da er auffallend kleiner ist
und eine dunklere Gesammtfärbung zeigt. Eingehende Studien
müssen später darüber entscheiden.
Das 9 des Maurenfinken ist annähernd gerade so verschieden
vom § des Buchfinken, wie es die beiderseitigen cJ<J
sind. Dresser’s Diagnose „haud a femina Fringillae coelibis distin-
guenda“ ist falsch, was übrigens bereits von Dixon (Ibis, 1882,
p. 575) berichtigt worden ist. Die kurze Diagnose müsste vielmehr
so lauten:
ad. colore multo pallidiore supra Fringilla coelibi. Die
weiteren Unterschiede giebt Dixon (a. a. 0.) durchaus correct
und richtig an.
Im Jahre 1893 habe ich 25 Nester des .Maurenfinken gesammelt
und reichlich ein halbes Hundert durch meine Hände
gehen lassen. Ich vermag indessen der eingehenden Beschreibung
der Nester und Eier, welche ich in meiner vorangegangenen
Arbeit über die Avif. von Tunis gegeben habe, wesentlich nichts
hinzuzufügen. Das Normalgelege besteht durchweg aus 4 Eiern,
in einem einzigen Falle habe ich 5 Eier in einem Neste gefunden,
welches ich selbst aus einer Steineiche am 24. 5. 93
genommen habe.
Der Buchfink (Fringilla coelebs, L.) ist mir in Algier nicht
begegnet, er wird indessen von Taczanowski und Dixon,
sowie älteren Datums von Malherbe und Loche für Algerien angegeben.
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