
Eine der schönsten Lerchen , ja einer der schönsten Vögel
überhaupt in der Algerischen Sahara ist die Wüsten-Ohrenlerche.
Sie vereinigt alle Eigenschaften, die sie zu einem liebenswürdigen
und zugleich anmuthigen Geschöpfe stempeln. Lange schon hatte
ich alle Lerchen Algeriens kennen gelernt und mich ebenso lange
mit dem Studium der hochinteressanten Lerchengruppe dieses
Gebietes eingehend beschäftigt, nur 2 Arten fehlten mir, auf die
ich je länger je mehr verlangend jagte und fahndete. Die echte
Alaemon Buponti und die Otocorys bilopha. Erstere ist mir
leider entgangen, während ich die zweite tagelang auf unserer
letzten Wüstenreise vor mir hatte und sie zu jeder Stunde mit
Musse und nach Belieben beobachten konnte.
Gleich am ersten Tage unserer Wüstenreise (25. 3. 93.)
sollte ich das Glück haben, mit der Wüsten-Ohrenlerche zusammenzutreffen.
Ich werde nie den Eindruck vergessen, den auf mich
der Anblick der ersten Vögel machte. Ich hatte an einem Brunnenloche,
der etwa gerade die Mitte der Wegstrecke zwischen Bordj-
Saada und Bordj-Chegga inne hielt, einen Gursorius erlegt und
war eben stolz auf meine Beute in den Wagen gestiegen, als ich
2 Lerchen erblickte, die ich sofort als Ohrenlerchen ansprach.
Flugs sprang ich aus dem Wagen heraus und erlegte sie. Es
war ein angegattetes Pärchen, wie man auf den ersten Blick
sehen konnte, da dps <S erheblich schöner und vornehmer gezeichnet
war und auch längere Ohrenbüschel trug, als das Ç. Glücklich
über den Besitz dieser distinguirten Art, konnte ich mich nicht
satt an den Vögeln sehen und musste sie wieder und immer
wieder von Neuem betrachten. Als der Kutscher „Josef-1 meine
übergrosse Freude an diesen Vögeln sah, äusserte er: „C’est
rien, près de Touggourt vous verrez ces oiseaux en bandes
énormes.“ Ich liess mir indessen durch dieses Schellengeläute
die Freude an dem Ebenerworbenen nicht verkümmern und wusste
nur zu gut, dass es mit diesen „bandes énormes“ wohl nicht ganz
so sein dürfte. Es stellte sich denn auch richtig heraus, dass
es in Touggourt weder grosse Banden dieser Vögel gab, noch
überhaupt ihrer welche, d. h. also die Ohrenlerche fehlte vollständig
in der Umgebung von Touggourt.
Darin ist auch gleich die Erklärung ihres Verbreitungsbezirkes
enthalten. Die Wüsten-Öhrenlerche ist Bewohnerin des
Hochplateaus und tritt ungefähr überall da auf, wo die kleine
Animomanes cinctura lebt, ist aber hier vielleicht ein noch ausgeprägterer
Hochplateauvogel, als letztere. In der sandigen
Wüste, sowie in der Dünenwüste (Erg oder el Areg der Araber)
fehlt sie vollständig; auch würde man sie ebensowenig in der
bergigen, geschweige denn in der Sebkha-Wüste finden. Ihre
Heimatbsstätte sind die weiten ausgedehnten Flächen der pe-
träischen Hocblandssteppe, welche das zierliche, goldgelb blühende
Helianthemum hirtum, Pers. hervorbringen, sowie eine Menge
kurzer, gedrungener Distelpflanzen {AtractylisT), das fein bewimpelte
Erodium glaucophyllum, Ait., das wollblüthenköpfige
Hhauterium suaveolens, Desf., die eng dem Boden aufliegende
Bröcchia cinerea, Del. und Anvillaea radiata, Coss. & Dur, die
Perrabderia coronopifolia, Coss. & Dur. und viele andere noch, auch
Haifabüschel und Gramineen in verwiegender Anzahl. Ganz
besonders als Charäcterpflanzen möchte ich das Helianthemum
und die Distelpflanzen bezeichnen, unter denen man auch ihre
Nester findet. Man kann daher ziemlich sicher sein, dass da,
wo das Helianthemum in reicher Anzahl wächst, die Otocorys
bilopha nicht fehlt. Sehr häufig trafen wir sie zwischen Ouärgla
und Gardä'ia, sowie im ganzen Gebiet der Beni M’zab, wo sie stellenweise
die gemeinste Lerche war. In der Zeit, wo wir unsere Wüstenreise
machten, haben wir die Ohrenlerche nur paarweise angetroffen,
sehr oft aber die Paare unweit von einander brütend gefunden. Tac-
zanowski hat einmal bei der Oase Tolga eine kleine Gesellschaft
von 8 Stück beobachtet, und ich glaube wohl, dass stellenweise
auch noch stärkere Ansammlungen dieser Lerchen stattfinden
können. Ob sie aber jemals in gewaltigen Schwärmen aüftreten,
muss eine spätere Beobachtung lehren; ich wenigstens habe den
Eindruck gewonnen, dass die Otocorys bilopha ein vorzugsweise
einsiedlerisches Leben führt.
Sie gewährt im Leben ein gar prächtiges Bild. Ist schon
die Vertheilung ihrer Farben, sowie die anmuthige Zeichnung
eine hochgradig vollendete zu nennen, so ist sie auch ihrem
Wesen nach das getreue Abbild ihrer äusseren Form und Gestalt.
Haltung upd Bewegung wetteifern mit einander, dem lieblichen
Vögelchen Anrnuth und Reiz zu verleihen. Das gilt ganz besonders
vom d in der Zeit der Fortpflanzung, welche in den
Monat April fällt. Es tritt ordentlich in die Balz, wirft das
Köpfchen nach oben, sträubt die Federn und richtet die Ohrbüschel
sichelförmig auf, trippelt mit herabhängenden Schwingen
vor dem brünstigen und weiss sich überhaupt in jeder Be-1