
Auffallenderweise ist von mir die in Tunis so häufig beobachtete
kleine Isabelllerche (Calandrella minor, Cab. — Calan-
drella Eeboudia, Loche) in Algier nicht gesehen worden.
103. M e la n o c o r y p h a ,1) c a la n d r a , (Linn.) 1766. —
Kalanderlerche.
Älauda calandra, (Linn.) Syst. Nat. I, p. 288. (1766.)
Melanocorypha calandra, (Linn.) Boie, Isis, p. 322. (1828.)
Französisch: Calandre.
Englisch : Calandra-La,rk.
Arabisch: Suréïa.
Malherbe, Catal. Rais. d’Ois. de l’Algérie, 1846, p. 13.
Malherbe, Faune. Ornith. de l’Algérie, 1855, p. 22.
Loche, Catal. des Mamm. et Ois., obs. en Algérie, 1858, pag. 84.
Tristram, on the Ornith. of Nothern Africa, Ibis, 1859,
pag. 425.
Salvin, Five Months’ Birds’-nesting in the Eastern Atlas,
Ibis, 1859, pag. 315.
Loche, Expl. scientif. de l’Algérie, Hist. Nat. des Ois., 1867,
II, pag. 37.
Taczanowski, Uebers. der Vögel Algeriens, Cab. Journ. f.
Orn. 1870, pag. 41.
Gurney, jr., on the Ornith. of Algeria, Ibis, 1871, p. 289.
Dixon, Birds of theProv. of Constantine, Ibis, 1882, pag. 572.
Die häufigste aller Lerchen im Atlasgebiete ist unstreitig die
Kalanderlerche. Dieser grosse und schöne Vogel bedeckt die
ihm zusagenden Felder und Ebenen in zahllosen Schwärmen.
Da, wo er vorkommt, ist er in überreicher Anzahl vorhanden
und daher gemein zu nennen; doch bindet er sich nur au gewisse
Strecken und tritt keineswegs überall auf. Ihm sagen die
Felder zu in des Wortes vollster Bedeutung, auch die Steppengegenden
, welche mit den wohlriechenden Thymianpflänzchen
und dem hochstaudigen Asphodill besetzt sind. Dort halten sich
i) Gebildet von pslag schwarz und y xoQvtpy der Scheitel, auch
der Wirbel am Kopf. Der Genusname ist von Boie gemacht, (Isis 1828,
pag. 322) wahrscheinlich wegen der characteristischen schwarzen Flecken
am Oberhalse. — Der Verfasser.
diese Lerchen in Banden zusammen, welche sich oft zu ganzen
Schaaren, die Schaaren wiederum zu Schwärmen zusammenschlagen.
Ihr Gezwitscher erfüllt dann die Luft, wie sie es
selber thun mit ihren Körpern, wenn sie vor den Füssen der
Daherschreitenden auffliegen. Wo man dann hinblickt und hinhorcht:
Kalanderlerchen und nichts als Kalanderlerchen! Man
muss diese Schaaren selbst gesehen, man muss ihren die Ohren
betäubenden Lärm selbst vernommen haben, um die Wahrheit
des eben Gesagten glauben und damit die Productivität der
Natur bewundernd anstaunen zu können. Das gilt vor allen
Dingen vom Gebiet des Teil und von den fruchtbaren Feldern
in und an dem Atlasstocke, sofern dieselben nicht über eine gewisse
Höhe hinausliegen. In der Umgegend von Batna, das
etwa 1100 m. ü. d. M. liegt, war die Kalanderlerche überall und
ganz gemein, wurde aber spärlicher, je höher und tiefer man
in das Gebirge vordrang. In der Umgebung von Oued Täga
(1500 m. ü. d. M.) habe ich sie bereits nicht mehr wahrgenommen.
Kaum minder zahlreich als in Batna war sie in der
Tiefebene von El Outä'ia, in Sonderheit in dem fruchtbaren
Flecken von Ferme Dufour. Bei Biscra schon war sie seltener
und verlor sich weiter nach dem Süden zu immer mehr, bis sie
in der eigentlichen Sahara gänzlich aufhörte zu sein.
Mit ungeschwächtem Interesse habe ich diese herrliche
Lerche in ihren Sitten und Gewohnheiten verfolgt, mit unge-
getheilter Freude ihrem vollendeten, meisterhaften Gesänge gelauscht,
doch bin ich nicht im Stande, Ausführlicheres zu bringen,
als ich dies bereits in meiner I. Avifauna von Tunis, Cab. Journ.
f. Orn. 1888 gethan habe. Nur das möchte ich noch einmal
bekräftigend hervorheben, dass die Kalanderlerche in ihren
tiefen und meisterlichen Klängen von keiner anderen Lerche
annähernd erreicht, geschweige denn übertroffen wird.
Obschon, wie bereits früher gesagt, die <$<$ früh im Jahre
zu singen beginnen, schreiten die Paare doch verhältnissmässig
spät zur Fortpflanzung. Vor Mitte April wird man in der Regel
nicht das volle Gelege finden, zumal nicht in den höheren Gebirgslagen,
wo überhaupt alle Vögel ihr Fortpflanzungsgeschäft
weit über die eigentlichen Frühlingsmonate des Jahres hinaus
verlegen. Auch diesmal wieder habe ich eine ganze Reihe von
Nestern und Eiern der Kalanderlerche gefunden und füge in
Folgendem Maasse und Beschreibung einiger bei.