
vom benachbarten Grate, einem vorspringenden Gesimse oder
einem über den Boden sich erhebenden Blocke seine eigenartige
Weise ertönen zu lassen. „Ihm nach“ ist die Losung des Forschers,
denn er will den begehrten Vogel erlangen, um ihn an
sich zu fesseln und ihn näher kennen zu lernen. Aber so leicht
ist das nicht, denn immer wieder fliegt der Vogel ab, wenn sich
der Mensch ihm nähert und reizt ihn zur weiteren Verfolgung
an. Bald gleitend, bald kletternd, kriechend und springend
sucht dieser ihm nahe zu kommen, immer vergebens, denn der
Vogel wacht scharf über seine Sicherheit und spielt mit dem
Menschen in gleicher Weise wie letzterer sich ernstlich bemüht,
ihn zu erlangen. Nun sieht er ein, dass er wohl schwerlich so
zu seinem Ziele gelangen wird und greift zur List. Jener Felsblock,
auf dem er den Vogel zum ersten Male singend gewahrte,
soll ihn schützend bergen. Kaum hat er sich am Fusse desselben
geborgen, als auch schon der Vogel nach seinem Lieblingssitze
geflogen kommt und laut und vernehmlich seine artige
Strofe singt. Jetzt richtet der Mensch das Rohr aus dem Versteck
auf sein Ziel. Krachend und rollend löst sich der Schuss
und tödtlich getroffen sinkt der begehrte Vogel zu Boden. Mit
dem Rechte des Stärkeren nimmt der Mensch ihn auf und betrachtet
staunend und bewundernd das nun todte Gebilde aus der
Nähe, welches vor Kurzem noch lebend in der Ferne das Ziel
seiner Wünsche war. — Gar manchen Trauerrennschmätzer habe
ich so erlegt und gestehe offen, dass mich die Jagd nach diesem
Vogel ausserordentlich gereizt hat, da es eben nicht leicht war,
den klugen Gesellen in meine Gewalt zu bekommen, immer
aber habe ich der Beobachtung Vorschub geleistet und den
Vogel erst dann getödtet, wenn ich ihn lange Zeit und hinlänglich
beobachtet hatte. Er ist ein ausgesprochener Bergbewohner
und kommt, wie schon erwähnt, in der freien Ebene
überhaupt nicht vor. Er ist der Typus einer Sippe, die mehrere
Vertreter hat. Ca b a n i s steht das Verdienst zu, den Vogel in
eine neue Gattung untergebracht zu haben, die er Dromolaea,
Rennschmätzer, genannt hat. In der That bildet der Vogel
einen pächtigen Uebergang von den wahren Saxicolen zu den
Monticolen und steht mitten zwischen diesen beiden Gattungen.
Wem jemals das Glück zu Theil geworden ist, den Trauersteinschmätzer
in der Freiheit zu beobachten, wird Ca b a n i s , dem
scharfsichtigen Systematiker durchaus beipflichten müssen; ich
wenigstens erkenne das Genus voll und ganz an, da ich mich
durch die Beobachtung zur Genüge habe belehren lassen, dass
der Vogel weder ein echter Steinschmätzer, noch ein wahrer
Bergschmätzer, wohl aber ein Mittelding zwischen Beiden ist.
Auch ist der Name an und für sich glücklich gewählt, denn
unser Vogel ist wahrhaftig ein Renner in des Wortes vollster
Bedeutung. Das kann man so recht an einem fluglahm geschossenen
Stücke sehen. Das hüpft, rennt und springt über den
Boden so flink wie eine Maus und geht in der Regel durch das
Verstecken unter unabwälzbare Steinblöcke dem Menschen
verloren.
Gewährt schon der Anblick dieses Vogels an und für sich
einen hohen Genuss, so steigt derselbe um ein Bedeutendes,
wenn man den Trauerrennschmätzer an seinem Neste beobachtet.
Der kluge Vogel lebt in beständiger Angst vor den fleischfressenden
Reptilien und den gierigen Ratten und Mäusen, die
sein Wohngebiet theilen. Da giebt es eine Menge Schlangen
von der Psammophis sibilans an bis zur giftpfauchenden Echis
carinata, da auch Echsen, die lüstern sind nach den Eiern und
Jungen des Rennschmätzers, sowie eine Anzahl kleinerer Säuge-
thiere, denen die Brut zum Opfer fallen muss. Viele, sehr viele
Nester müssen da zerstört worden sein, bis die Erfahrung den
Vogel gewitzigt hat, sein Nest mit einem Schutzwall zu umgeben.
Dieser Schutzwall besteht in einer Menge lose auf einander geschichteter
Steine und Scherben, die einem Haufen gleich vor
dem Eingänge zum Neste sich erheben, ein ganz enges und
kleines Schlupfloch für den aus- und einfliegenden Vogel am
oberen Rande lassend. Kein schweres Kriechthier ist im Stande,
dieses Steingeröll zu erklettern, weil ihm der Halt fehlt, sich
darauf weiter fortzubewegen, und selbst Ratten und Mäuse
würden sich vergebens bemühen, über jenes hinweg zum Neste
vorzudringen. Der Vogel beginnt mit der Anlage dieser Schutzvorrichtung
gleichzeitig mit dem Bau des Nestes und schleppt,
wie-ich mich selbst oft genug davon überzeugt habe, die Sternchen,
welche übrigens ein ganz ansehnliches Gewicht aufweisen,
ja oft das des Vogels um ein Beträchtliches übersteigen, von
Weitem im Schnabel heran, und legt sie vor die Kaverne, welche
das Nest bergen soll, nieder. An dieser Riesenarbeit betheiligen
sich beide Geschlechter. Je weiter der Nestbau fortschreitet,
um so mehr wächst auch der Steinhaufen vor dem Neste an,