
Son n t ag , den 24. Apr i l 92.
„In der Zwischenzeit mit unermüdlichem Fleisse nach den
Nestern und Eiern der S. Ingens — leider immer ohne Erfolg —
gesucht. Heute Morgen um 5 Uhr nach Chetma geritten. Es
galt die zwei letzthin aufgefundenen, noch im Bau begriffenen
Nester der S. Ingens zu untersuchen. Wir fanden sie natürlich
auch — aber leider ohne Eier. Wir fanden überhaupt so manche
Nester von S. Ingens sowohl wie von leucura, aber immer leer,
meistens mit Eischaalenstückchen im Neste oder am Rande
desselben. Endlich-, nachdem ich schon die Hoffnung hatte ganz
sinken lassen, die so sehr begehrten Eier zu finden, erblickte
mein Araberjunge Achmed 2 alte Vögel von S. Ingens mit Futter
im Schnabel und meldete auch bald darauf das Nest mit 2 eben
ausgefallenen, weissflaumigen, allerliebsten Dunenjungen und 4
stark bebrüteten Eiern. Welch’ ein Jammer! Und die Eier waren
noch dazu so characteristisch und schön intensiv blaugrün mit
tief dunkelen, braunrothen Flecken, Punkten und Klexen, doch
sah ich gleich, dass sie alle bebrütet waren, nicht etwa auch ein
faules sich darunter befand, und das Gelege demnach aus 6 Eiern
bestand. Wie aber war erst das Nest verborgen! In einer tiefen
Caverne stehend, war es von einer Erdscholle völlig überdacht,
und ein grösser Steinhaufen verschüttete den Eingang zur Höhle.
— Beim Untersuchen eines Taubennestes (Columba livia) kam
plötzlich ein 3 von S. Ingens, welches ich schon vorher in der
Nähe beobachtet hatte, angeflogen und wurde von mir erlegt.
Das erregte unsere ganze Aufmerksamkeit und fleissig untersuchten
wir alle Höhlungen in der Nähe. Achmed entdeckte denn auch
in einer langen Erdröhre richtig das Nest, welches auf einem
vorjährigen aufgebaut war und 5 schwach bebrütete Eier enthielt.
Ich war über alle Maassen glücklich darüber. Auch Achmed
freute sich sichtbar über den endlichen Erfolg seiner Mühe.
Merkwürdig und sehr auffallend ist es übrigens, dass man die
an den Nestern garnicht zu sehen bekommt, sondern immer
nur die cJcJ, und dass man so oft leere Nester findet. Da letztere
immer in tiefen Erdröhren oder versteckt in Erdhöhlen angebracht
werden, vermuthe ich, dass sie vom Uromastix aufgesucht und der
Eier beraubt werden. Es ist das gar zu auffallend sonst. Die
Nester werden stets sehr gut versteckt angebracht und sind
immer von einer Erdscholle überdacht — dadurch wesentlich
verschieden von der Anlage der Nester von S. deserti, stapaeina,
an/rita etc. Auch findet man regelmässig zum Schutze des
Nestes vor der Höhlung einige Steinchen, die in besonders reicher
Ansammlung sich vorfinden, wenn das Nest an einem leicht zugänglichen
Orte steht.“ —
Nach diesen vorgreifenden Mittheilungen über die eigen-
thümliche Nistweise dieses Vogels, welche ich im Auszuge aus
meinen Tagebüchern gegeben habe, komme ich zunächst wieder
auf den Vogel selbst zurück. Der westliche Nonnensteinschmätzer,
welcher als eine durchaus selbstständige Form des Nord-Westlichen
Africa’s aufzufassen ist, kommt am südlichen Abhange des
Atlasgebirges vor, und ist keineswegs auf die südlichsten Sähara-
Districte Algeriens beschränkt. Tristram verlegt den Verbreitungsbezirk
dieser distinguirten Art ausschliesslich in die M’zab Gegend,
sowie in die Wüstengebiete der wilden Touareggs und Chamba,
kurz, nahezu an die südlichsten Grenzlinien der französischen
Herrschaft. Das ist indessen keineswegs der Fall, denn merkwürdiger
Weise habe ich den schönen, auffallenden Vogel auf
unserer Wüstenreise nur ein Mal bei Ouärgla zu sehen bekommen
und erlegt, während er bei Biscra nahezu gemein war. Schon
bei El Käntara, sowie in der Ebene von El Outaia setzt diese
Art ein und wird bei Biscra zu einem häufigen, gewiss nicht
seltenen Vogel. Immerhin wird er nicht überall gesehen und
beschränkt sein Vorkommen auf ein ganz eigenartiges Gelände.
Er ist nämlich hauptsächlich Bewohner der salzhaltigen Wüstenberge,
welche als niedrige Höhenzüge in der Umgegend von
Biscra am Südfusse der Auresen Vorkommen und sich wellenförmig
durch ein grösseres, zusammenhängendes Gebiet erstrecken:
eine sonnenverbrannte, öde und wüste Stätte, die kaum noch
durch einen anderen Vogel, ausgenommen vielleicht Felsentauben
und Thurmfalken, belebt wird. Annähernd baar jeden Pflanzenwuchses
erheben sich die niederen Höhenzüge in bald parallelen,
bald unregelmässig wulstartig gedrungenen Ketten amf dem sterilen
Boden, den selbst die Heuschrecken meiden, wenn sie an ihm
vorüberziehen. Arm, sehr arm ist das übrige Thierleben, und
es bleibt ein Räthsel, wie sich der fresslustige und nahrungsbe-
dürftige Vogel bei seinem regen Stoffwechsel gerade in dieser an
Insekten so armen Gegend zu behaupten vermag. Aber er ist ein
ausgesprochener Charactervogel dieser Gegend und hat sich derselben
hochgradig anzupassen gewusst. Das § trägt just denselben
Ton des Bodens, auf welchem es lebt, und selbst das cJ sticht