
ich es mit dem linken Rohre von einem Steine herab. Mit unendlichem
Jubel begriisste ich die schöne Errungenschaft. Aber
es galt noch mehr zu finden, und herumstreifend hörte ich bald
den Gesang eines zweiten <J. Ich sah es noch nicht, ich hörte
es nur. Mich überall hin umsehend, erblickte ich es aus der
Luft singend zu Boden gleiten und sich auf einen Stein setzen.
Mein Schuss sicherte mir die kostbare Beute, ein in der Verfärbung
der Kehlfedern stehendes <J. Die Erbeutung dieser
3 Vögel verursachte mir grosse Freude. Aber nach „Mehr“ stand
begreiflicherweise mein Sinn, denn welch’ kostbare Tauschobjecte
musste ich in ihnen haben! Allein so fleissig ich auch darnach
suchte, mehr fand ich nicht. Ich ging der Höhe zu, wo die
Blaumerle ihr Wesen trieb, ich streifte alle steinigen Hochplateaus
in der näheren Umgegend ab, allein den ersehnten Steinschmätzer
sah ich nicht. Auch wurden alle Steinhöhlen untersucht nach
seinem Neste, ohne jedoch eine Spur davon zu entdecken. Der
uns begleitende Maulthiertreiber vertröstete uns auf die Höhe,
auf welche wir tapfer zuschritten. Aber dort war unser Steinschmätzer
erst recht nicht zu finden. Also wieder abwärts in
die steinigen Gänge, wo wir seiner zuerst ansichtig wurden. Allmählich
gemahnten Hunger und Durst an den Frühstückskorb,
ein hervorspringender Stein wurde zur Sitzstelle gewählt. Meine
Frau packt den Frühstückskorb aus, als sie plötzlich ihre Augen
fest auf den Boden richtete. Natürlich lenkte auch ich meinen
Blick auf die betreffende Stelle und entdeckte das stumpfe Ende
der blauen Eischale des Steinschmätzers!, bald darauf auch den
dazugehörigen, spitzen Pol. Das Ei mochte in der Noth vom
9 abgelegt und vom Winde zerschlagen worden sein. Welch’
seltener Fund mitten im steinigen Gebirge! Mit der grössten
Sorgfalt wurden die beiden Eierschalen aufgehoben und in Watte
gewickelt. Sie waren nach Steinschmätzerart blaugrün mit ganz
feiner, rother Punktirung auf dem stumpfen Pole. Ich hiess
nun Achmed weitere Suche veranstalten. Bald hatte er in einem
leeren Gourbi auf einem Querpfosten richtig ein Nest entdeckt,
da es aber keine Eier hatte, für alt gehalten. Alsbald überzeugte
ich mich, dass es höchstwahrscheinlich das Nest der Saxícola
Seébohmi — und keineswegs alt war. Wie schade, dass es keine
Eier enthielt! Das 9 der Saxícola SeeboJimi hat grosse Aehn-
lichkeit mit dem 9 von S. oenanthe, wie denn überhaupt diese
beiden Arten sich sehr nahe stehen müssen. Wenn ich nicht
das erlegte 9 als dem cJ von Saxícola Seébohmi unzweifelhaft angepaart
erkannt hätte, würde ich es wohl sicher für das 9 der
Saxícola oenanthe gehalten haben.
Auf dem Rückwege einen Kuckuk (Cuculus canorus) und
einen Adler (Aquila fulva) gesehen. Um 1 Uhr aus der Ferme
abgefahren, in den Korkeichenbeständen öfters ausgestiegen und
gejagt. Parus Ledouci daselbst getroffen und geschossen.
Seebohm’s Steinschmätzer war den Schäwias in Oued Tága
wohl bekannt, sie nannten ihn Serd el Haebsch.“
Wie aus Vorstehendem erhellt, habe ich die betreffende
Art auf dem Djebel Máhmel keineswegs häufig angetroffen, weshalb
ich mit den 3 obigen Stücken wohl zufrieden sein konnte.
Die vorstehende Art, unstreitig eine der seltensten aus dem
paläarktischen Kreise, scheint einen sehr engen Verbreitungsbezirk
zu haben und ausserdem nur in wenigen Individuen vorhanden
zu sein. Bis jetzt kennen wir sie nur vom Djebel Máhmel,
dem zweithöchsten Berge der Aurés. Sie kommt dort auf einer
Höhe von 1800 Mtr. ü. d. M. vor und scheint demnach ein
nahezu alpiner Vogel zu sein. Seebohm’s Steinschmätzer steht
verwandtschaftlich unserem gewöhnlichen Steinschmätzer (Saxícola
oenanthe) am nächsten. Das geschlechtsreife ist ein hellfarbiger,
blaugrau gefärbter Vogel, dem adulten unserer S. oenanthe
durchaus entsprechend — mit dem fast einzigen Unterschiede
der rein schwarzen Kehle. Wir haben zu ihm ein prächtiges
Gegenstück in der Saxícola stapazina, die sich genau so zu
S .' aurita verhält, wie S. Seébohmi zu S. oenanthe. Es ist auf-r
fallend und hochgradig fesselnd, zu beobachten, wie wir in der
Natur immer wieder auf Aehnlichkeiten und Analogien in der
Formbildung von Gruppe zu Gruppe stossen. Nach diesem
wirklich höchst interessanten Beispiele ist es ersichtlich, dass
wir, in Anbetracht der 4 genannten Arten, 2 Gruppen von Steinschmätzern
haben, deren eine sich durch ein blaugraues, die
andere durch ein röthlich. isabellfarbenes Colorit kennzeichnet.
Die erste Gruppe sondert sich ausserdem auch durch ihren
Aufenthaltsort hinlänglich von der zweiten Gruppe ab, indem
jene dem nördlicheren, resp. alpinen Striche, diese dem ausge-r
sprochenen mediterranen angehört. Bekanntlich ist S. oenanthe
Bewohner und Brutvogel des nördlichen Europa, wenn er auch
selbstredend als ausschliesslicher Insektenfresser Zugvogel für
die bezeichneten Gegenden ist, und ebenso scheint S. Seébohmi