
stehen vereinzelt in halbkugelförmiger Gestalt da auf dem sandigen
Boden in den Dünengegenden, oder in der Tiefe auf gleich-
massig fortlaufendem Gelände. Auch hier hinein baut der
Wüstenraubwürger seine grossen, umfangreichen Nester und verschmäht
ebensowenig den Strauch, der für die Hügelgegend im
weichen Sandboden typisch und characteristisch wird: Limoni-
astrum guyonianum, Coss. & Dur. — Von allen aber am liebsten
ist und bleibt ihm der Zisyphus, weil er eben seinen Ansprüchen
am gerechtesten wird. Denn nächst dem Schutze, welchen der
Vogel in dessen scharfdornigen Zweigen für die Wiegenstätte
seiner Jungen gewahrt sieht, kann er auch sein Gelüste in ausgiebigster
Weise befriedigen, nämlich Insecten, Vögel und kleine
Säugethiere auf die spitzen Dornen spiessen. Man kann daher
sicher sein, dass, wo man einen Saribstrauch in der Wüste erblickt,
man auch das Nest eines Baubwürgers in demselben
finden wird. Dehnt sich aber der scharfdornige Strauch an Umfang,
oder erhebt er sich gar baumartig über den Boden, so
wimmelt es geradezu von Nestern in seinen Zweigen, ja das Gewächs
ist förmlich durchsetzt mit alten und neuen Nestern,
unseres Wüsten Würgers.
Beispiele mögen das Gesagte erhärten und bestätigen. Ich
habe auf meiner Wüstenreise über 60 Eier dieses Würgers gesammelt
und sicherlich das Doppelte, wenn nicht das Dreifache
in Händen gehabt. Am häufigsten wurden mir diese Eier in
Oued N’ga zugetragen, gelegentlich unseres Aufenthaltes daselbst
vom 21.—24. April 93. Als die Eingeborenen von mir beauftragt
waren Vogelnester und Eier für mich zu suchen, kamen sie
jeden Augenblick mit vollen Händen vor unser Zelt, grosse
Haufen von diesem Material herbeischleppend. Nur selten fand
sich jedoch ein anderes Nest dazwischen, fast alle gehörten dem
Lunius dealbatus an. Ich habe aber auch noch nirgends eine so
grosse Menge Saribsträucher neben einander gesehen, wie gerade
dort. Kein Wunder daher, dass sich der Wüstenwürger diese
Localität zum Lieblingssitze erkoren hat, um sich hier seinem
alljährlichen Fortpflanzungsgeschäfte ungestört hingeben zu
können. Hierbei ist es erwähnenswerth, dass der Vogel die
zusammenhängenden und nahe an einander gerückten Sträucher
weniger gern benutzt, als die vereinzelt stehenden, ja man wird
die Erfahrung machen, dass er einen isolirten, wenn auch bedeutend
kleineren Saribstrauch jedesmal den grösseren aber
vereinigten Sträuchern zur ' Nestanlage vorzieht'. Ich würde
nicht enden, wollte ich alle die Orte äufzählen, wo uns der
Wüstenwürger begegnet ist — er ist eben überall in der Wüste,
vorausgesetzt natürlich, dass diese Pflanzenwuchs-trägt. Die Zeit
seiner Fortpflanzung fällt von Mitte März bis Anfang Mai.
Einzelne, recht alte Paare beginnen früher mit dem Nestbau, als
jüngere und haben bereits Junge, wenn diese mit dem Eierlegen
beginnen. Die Zeit, in welcher man die meisten frischen Eier
findet, ist: Mitte April. Mein Material trägt die Daten vom
26. März bis zum 5. Mai. ' Ohne1 Zweifel werden Spätbruten auch
noch Ende Mai und den ganzen Juni hindurch stattfinden. Es
scheint überhaupt, als ob die Vögel im Süden sich in der Brutperiode
keineswegs so streng an die Frühjahrsmonate binden,
wie in nördlichen Breiten, und dass man sie nahezu den ganzen
Sommer in ihrem Fortpflanzungsgeschäfte betrifft, namentlich in
der Wüste. Bei einigen Arten ist es sicher sehr auffallend, wie
spät sie sich im Jahre fortpflanzen.
Es würde mich zu weit führen, wenn ich die.ganze Fülle
meines mir vorliegenden Materials eingehend besprechen wollte.
Ich muss mich daher auf das Wesentliche desselben beschränken.
Nicht nur: nach Zeichnung und Färbung, sondern auch nach
Form, Grösse und Gestalt variiren die Eier des Wüstenraubwürgers
ganz ausserordentlich. Ich habe Gelege vor mir, deren
Eier sowohl schön eiförmig, langgestreckt, als auch bauchig und
gedrungen sind. Als typisch dürften die Eier bezeichnet werden,
welche ersterer Form angehören und auf lehm- oder cremefarbigem
Untergründe grosse leberbraune Flecken haben, die sich namentlich
am stumpfen Pole ablagern und unter sich die lila oder
aschfarbenen Schalenflecke tragen. Ueberhaupt ist der cremefarbige
Untergrund die Regel, es kommen jedoch auch Eier mit
hellweissem oder bläulichweissem Grundtone vor, deren Fleckenzeichnung
dann zumeist punktartig ausfällt und weniger grosse,
breite Klexe hat. Gelege mit ausgeprägter, rostrother Tüpfelzeichnung
dürften die vornehmsten und seltensten sein.
I. Nest mit 1 Ei,
gef. in der Nähe des Bir Stäil in Retama retam, L., 26. 3. 93.
Das Nest ist ein kunstvoller Bau, äusserlich aus Aesten
und Zweigen verschiedener Wüstensträucher zusammengesetzt,
die Nestmulde aus Pflanzenwolle, vereinzelten Federchen und
ö