
Den amerikanischen Grauwürger Lanius ludoviciänus will
Dresser nicht weiter berücksichtigen, da er nicht der Westjich-
Palaearktischen Kegion zugehört, desgleichen nicht die Artgenossen
von Lanius excubitor. Dagegen hebt er ausdrücklich hervor,
dass Lanius lahtora und seine Artgenossen sich von Lanius
excubitor leicht durch das dicke, rauhe Bein und die etwas geringere
Grösse unterscheiden lassen. Schliesslich stellt Dresser
die fünf von ihm anerkannten Arten mit präciser, knapper, englischer
Beschreibung auf,1) nämlich
1. Lanius lahtora, Sykes.
2. Lanius algerimsis, Lesson.
3. Lanius meridionalis, Temm.
4. Lanius fallax, Finsch und Hartl.
5. Lanius elegans, Swains.
Den Lanius algeriensis characterisirt er folgendermaassen:
Obertheil sehr dunkel,. Untertheil grau, k e i n we i s s e r
S u p e r c i l i a r s t r e i f e n , eine schmale schwarze Stirnlinie. Spiegel
sehr klein, inneres Gewebe der Secundärschwingen schwärzr
lieh, schmal umrändert und weiss getippt.
Dieser Beschreibung möchte ich noch Folgendes hinzufügen;
Der weisse Superciliarstreifen fehlt keineswegs immer, er
pflegt sogar in der Regel angedeutet zu sein und mag nur bei
ganz typischen Stücken schwinden. Ein sehr characteristisches.
Merkmal für diese Art hat Dresser unberücksichtigt gelassen,
nämlich die beiden äusseren Schwanzfedern, welche immer einen
inneren schwarzen Keilfleck auf der Fahne tragen, während
dieser bei Lanius elegans vollständig fehlt.
Typische Stücke dieser Art, sowohl nach Form und Gestalt,
als auch nach der Färbung, sah ich auf der Eisenhahnfahrt gleich
hinter Algier. Sie waren so characteristisch dunkel gefärbt, dass
ich sie ohne Weiteres dieser Form zuweisen konnte. Als letzter
Aushauch begegnete mir alsdann diese Art in der Ebene von
x) Dresser hat die Namen der Autoren hinzuzufügen vergessen,
da es aber offenbar ist, welche er meint, habe ich sie beigefügt. Diese
Aufstellung der 5 Arten aus der höchst schwierigen Gruppe der Graü-
würger dürfte für die westlich-palaearktische Kegion bindend sein. Auch
ich muss Dresser nach meinen eigenen, sehr eingehenden Untersuchungen
vollständig beipflichten, wenigstens für das von mir bereiste Gebiet. Ob
und wie weit sich diese Arten östlich, erstrecken, bleibt vor der Hand
noch unentschieden und der zukünftigen Feststellung Vorbehalten.
Der Verfasser. „
El Outä'fa, wo sie in den dort vereinzelt auftretenden Zarib-
büschen nistete. Der Vogel dort hält noch immer das charcte-
ristische Abzeichen seiner Art fest, nämlich den schwarzen Keilfleck
auf der Innenfahne der beiden äusseren Schwungfedern.
Im Uebrigen war er licht gefärbt auf Ober- und Unterseite und
würde darnach schwerlich von der nachfolgenden blassen Raubwürgerart
zu unterscheiden sein. Ich kann nur meine im II. Beitrag
zur Avifauna von Tunis ausgesprochene Ansicht wiederholen
und bestätigen. Der dunkel gefärbte Lanius algeriensis, Lesson
ist von kleiner, gedrungener Gestalt und kommt im ganzen Gebiete
nördlich des Atlasgebirges vor. Er überschreitet den Kamm
desselben und steigt südlich bis zur Wüstenebene herab, beschränkt
sich aber dort nur auf den Rand der Sahara und geht
niemals in die eigentliche Wüste hinein, wo er von der blassen
Form — dem Lanius dealbatus, Defil. — vertreten wird. Am
äussersten Rande seines Verbreitungsgebietes wahrt er noch soeben
die typischen Merkmale seiner Art und zeigt bereits deutlich
die Neigung zur nächstverwandten Form überzugehen, ich
möchte sagen, in dieselbe auszuklingen. Je weiter man aber
in’s Gebirge vordringt, desto dunkler wird die Art, bis man am
Nordrande des Atlas den typischen Vogel vor sich hat, der, je
weiter nach dem Westen zu, desto fester, ausgeprägter und eigenartiger
sich nach Form und Färbung gestaltet.
Einen derartigen, sehr hellen Vogel (cj) erlegte ich am Nest
in Ferme Dufour am 19. 3. 92 und gehe dessen Maasse und Beschreibung
:
Länge: 23 Ctm.; Breite: 30 Ctm.; Brustweite: 6,5 Ctm.;
Flügellänge: 12Ctm.; Schwanz: 12 Ctm.; Schnabellänge: 2,6Ctm.;
Schnäbeldicke an der Basis: 1 Ctm.; Lauf: 3 Ctm. stark und
compact.
Ein grösser, weisser Spiegelfleck auf den Primärschwingen,
Secundärschwingen breit weiss gerändert. Die beiden äusseren
Schwungfedern tragen auf der Innenfahne an der Basis einen
schmalen, schwarzen Keilfleck am Schafte. Oberseite lichtgrau,
Unterseite weiss.
Das grosse, schöne Nest stand im Zarihstrauche, nahe dem
Zelte einer Beduinenfamilie und ist äusserlich aus den Zweigen
des Zizyhus gebaut, iüwendig mit Lappen, Schaafwolle und
Haushühnerfledern weich ausgepolstert.