
öffnet und ergossen ihr nasses Element in überreichlicher Weise
auf das ganze Gebiet, ja bis nach Bisera hinein, während im
darauffolgenden Jahre geradezu ein Wassermangel herrschte, und
sich im ganzen Gelände im weitesten Umfange nur wenige, ganz
vereinzelte Wasser-Tümpel, resp. Lachen befanden. An diesen
sammelten sich von weit herkommend die Tauben zu gewissen
Tagesstunden, was ihnen, den tüchtigen und vollendeten Fliegern
leicht wurde, während die Elstern, als schlechte Flieger, unter
diesen Umständen sicherlich Mangel gelitten haben würden, wenn
nicht gänzlich dort umgekommen wären. In dieser Hinsicht ist
mir auch Taczanowski’s Bemerkung, dass er die maurische
Elster um Batna herum weniger bemerkt habe, ausserordentlich
aufgefallen, da ich — wie bereits gesagt — im Jahre 92 diesen
Vogel geradezu massenhaft in den Bergen Batnas gesehen habe
und es nicht begreifen konnte, dass diese auffällige und häufige
Vogelerscheinung einem so tüchtigen Ornithologen wie Tacza-
nowski entgangen sein könnte. Aber im nächsten Jahre sah ich
mich selbst vergeblich nach den schönen Vögeln um.
Zuerst sah und gewahrte ich die Pica mauritanica in den
nahen Bergen Batnas, welche mit Aleppo-Kiefern bestanden sind.
Auch entdeckte ich in denselben bald ihre Nester, welche zumeist
alt und verlassen waren. Ich wunderte mich, dass die
Vögel, obschon es doch reichlich an der Zeit gewesen wäre,
(Anfang Mai) noch keine Eier hatten, erfuhr aber von den Eingeborenen,
dass es noch zu früh dafür wäre, und dass wir erst
in etlichen Tagen die ersten,Eier finden würden.1) Denn der
bunt schillernde Vogel war den Eingeborenen selbstredend sehr
genau bekannt. Sie nannten ihn seiner Stimme nach El Agahg
oder L’Agaag, ein vortreffliches Klangwort mit dem unverkennbaren
Naturlaute der Elster. Auf meinen Jagdzügen, die ich
hauptsächlich wegen der Nester und Eier der Pratincola Moussieri
in die nahen Pinienberge Batnas unternahm, gewahrte ich bald
bauende und schäckernde Elsternpaare, schlich ihnen behutsam
a) Die Gebirgsgegenden des Atlas schieben nach meinen Erfahrungen
die Portpflanzungszeit der Vögel um ein bedeutendes hinaus, namentlich
im Vergleich zu der so früh im Jahre stattfindenden Eierablage derjenigen
Vögel, welche südlich des Atlasgebirges auftreten. Bei El Djem
traf ich bereits Ende April 1891 grosse, flügge Junge dieser Elster
(cfr. II. Beitrag zur Avifauna von Tunis, Cab. Jöurn. f. Orn., 1892,
pag. 372): Der Verfasser.
nach und entdeckte auch ihre Nester. Diese standen zumeist in
niedrigen, dichten Büschen des Zieyphus, der Pistacia, des
Juniperus, zumal aber in den buschigen, oder doch zwerghaft
baumartigen Gewächsen der Steineiche, die besonders
von den Elstern zur Nestanlage bevorzugt zu werden scheint.
Auch in der Aleppo - Kiefer fanden wir ihre Nester, aber weit
seltener als in den niedrigen Sträuchern und Büschen. Die
Nester selbst sind nach Form und Gestalt genau so angelegt, wie
die unserer europäischen Elster, sehr umfangreich, fest und solide
aus Reisig gebaut, inwendig mit feinen Würzelchen und
auch wohl mit Moos und Erdklümpchen ausgepolstert und stets
überdacht. Die Eier, welche ebenfalls von denen unserer Elster
nicht zu unterscheiden sind und genau den Artcharacter wahren,
setzen sich bis zu 8 an der Zahl zu einem Gelege zusammen
und werden sehr fleissig vom ? bebrütet. Ob auch das <f am
Brüten sich betheiligt, vermag ich nicht zu sagen, da ich von
den vielfach aufgefundenen Horsten stets das 5 , niemals aber
das <S abfliegen sah.
Meinen Tagebuchaufzeichnungen entnehme ich unter Sonna
b e n d , den 7. Mai 1892 folgende hierhin gehörige Stelle:
„Ich hatte meinen Rundgang durch die Berge beendigt und war
von der Mittelhöhe bereits in die Ebene hinabgestiegen, stand
also gerade im Begriffe nach Hause zu gehen, als uns ein Araber,
den wir vergangenes Mal kennen gelernt hatten, auf die Höhe
heranwinkte, mit dem Bemerken, er wüsste ein Nest von der
L’Agaag und dem Boufsiou j1) beide mit Eiern. Obschon mir
nun soeben ein Junge die Nestmulde mit 6 frischen Eiern der
maurischen Elster zugetragen hatte, entschloss ich mich doch,
die Nester aufzusuchen. Freilich sagte mir der Araber, dass es
sehr weit (behied jesser)- sei, und der faule Achmed, mein ständiger
Jagdjunge aus Biscra, suchte mich zu überzeugen, dass es
doch wohl zu weit für uns sei, aber das half ihm nichts, er
musste mit. Es kam auch noch ein anderer biederer Araber
herbei und erzählte von diesem und jenem Neste, das er entdeckt
hätte, sogar von einem Kreuzschnabel (Hamra), wofür ich einen
Franken ausgesetzt hatte. Doch dieser erwies sich alsbald als
Schwindler, jener dagegen hatte wahr gesprochen. Allerdings
i) Boufsiou ist der arabische Name für jeden kleinen Singvogel,
in Batna hauptsächlich für die Pratincola Moussieri. Der Verfasser.
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