
V , • ^ was Wlr bis i etzt über die Verbreitung dieses
Vogels in Nordwest-Afrika wissen, dürfen wir annehmen, dass
er nördlich des Atlasstockes nur gelegentlich als Zugvogel auf-
tritt, am südlichen Abhange des gewaltigen Gebirges aber zur
charactenstischen Form für das Wüstengelände wird. Ich will
nun im Nachstehenden versuchen, ein Lebensbild des persischen
Bienenfressers zu entrollen und mich dabei auf die einzelnen
Tagesbeobachtungen stützen, die es mir möglich machten, diesen
unvergleichlich schonen und herrlichen Vogel in seinem Wesen
und Gebahren, sowie in allen seinen hervorstechendsten Eigenschaften
eingehend zu beobachten und näher kennen zu lernen.
So entnehme ich meinen Tagebuchaufzeichnungen folgende Stelle-
Rnr*Dr r rSi ag; , d en 3LMä r z 1892- „Um 5V« Uhr nach
Bordj-Saada abgefahren. Nach all’ dem Regen, den wir in
letzter Zeit in Biscra so überreichlich gehabt haben, war es
heute kühl, doch windstill. Der Himmel war mit Wolken bedeckt,
und die Sonne kam erst gegen 10 Uhr zum Vorschein
und zur Wirkung. Wie verändert war die ganze Gegend' Dort
wo hartes Erdreich zuvor, standen jetzt Wassertümpel, überall
war der Boden nass und glitschig, der Oued so angeschwollen
dass ich, um auf die andere Seite zu kommen, bis an die Hüften
durch’s Wasser gehen musste.
Dementsprechend gab es nur wenig Wüstenhühner
(fterodurus senegalus). Wir sahen wohl einige Schaaren, die
aber sehr unstät waren und sich nicht ankommen Hessen. Plötzlich
vernahm ich Bienenfresserrufe und wunderte mich, dass diese
Vögel schon eingerückt waren. Doch kamen mir die Krü-Laute
etwas anders vor, und wie ich mich genau nach dem Vogel umsehe,
so ist es deutlich erkennbar — Merops persicusl Der einfarbige,
schön metallglänzende, grüne Rücken wies mir die Art
sofort hinlänglich aus. Zuerst gewahrte ich sie am Oued Biscra
wo es mir nicht sofort gelingen wollte, einen zu erlegen. Ich
hatte gerade einen Gaprimulgus aegyptius geschossen, als ich
wieder die Locktöne des Bienenfressers hörte und den Vogel
plötzlich vor mir sah. Rasch eine Dunstpatrone einschiebend,
hole ich den herrlich schwebenden persicus herab. Nun gab ich
ist Milvus ater gemeint, wie ich das an fälschlich bezeichneten, lebend
mitgebrachten Exemplaren feststellen konnte (bereits von Paul Spatz berichtigt),
und statt Hypolais olivetorum muss es Hypolais ovaca
Licht, heissen. r ’
mich ganz der Jagd auf diese Vögel hin und erlegte binnen
Kurzem 7 Stück, hätte auch noch mehr schiessen können, wenn
ich es gewollt hätte. Sie flogen in wundervoll anmuthigem.
Gleiten dicht über den Boden und schnappten nach den fliegenden
Kerfen. Auch setzten sie sich nicht nur auf die Zweige der
Tamariskenstauden, sondern mit Vorliebe direct auf den Boden
selbst, was ich bei Merops apiaster so nie gesehen hatte. Wie
wunderbar! Als ich am letzten Jagdtage — der doch gar kein
gutes Wetter, d. h. keine besondere Hitze gehabt hatte — heimkehrte,
sagte ich zu meiner Frau: In der Insectenwelt wird es
lebendiger und heute sind die Bienenfresser da, auch Gypselus
pallidus und melba; viele Steinschmätzer sind auf dem Zuge,
darunter sah ich prachtvolle <3 <3 von stapazina und aurita. So
greift Alles in der Allmutter Natur wie ein sinnreich construirtes
Zahnradwerk in einander. Die Zeit der Frühjahrssonne bedingt
das Erwachen der bislang in den Puppengehäusen schlafenden
Insecten und auf diese gründet sich die Existenz tausend anderer
Lebewesen aus den höheren Klassen des Thierreiches.“
Im nächsten Jahre (1893) rückten die egypt. Bienenfresser
noch früher ein. Ich notirte ihre Ankunft am 22. März, wo ich
sie an der selben Stelle am Oued Biscra gewahrte und sofort
einige Paare erlegte. Es steht demnach fest, dass Merops persicus
bedeutend früher an seiner Brutstätte erscheint, als M. apiaster,
und man geht wohl nicht fehl, wenn man des letzteren Ankunft
auf 14 Tage später angiebt. Denn in der That gewahrt man
die Apiaster-Vögel um den 7. oder 10. April, vereinzelte Vor-
zügler ausgeschlossen, die man zerstreut hier und da schon in
den ersten Apriltagen sieht und vernimmt.
Hatte ich schon im ersten Jahre hinlänglich Gelegenheit
gehabt, den Merops persicus zu beobachten, so gewährte mir
doch das zweite Jahr (1893) dies in noch weit höherem Maasse.
Von der angegebenen Zeit ab (22. 3. 93) sahen wir diese unvergleichlichen
Vögel fast täglich auf unserer Wüstenreise. Nirgends
aber habe ich sie so nahe vor mir gehabt, und niemals bin ich
so sehr von ihrer Anmuth und Lieblichkeit hingerissen worden,
als am ersten Tage unserer Wüstenreise, abends vor dem Bordj-
Chegga. Man musste sich thatsächlich in höhere Welten versetzt
glauben, man musste alles Irdische und Tagtägliche beim
Anblick dieser göttlichen Vögel vergessen. Wir sassen draussen
vor dem armseligen Bordj am Präparirtische, beschienen von
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