
Bein erschütterndes Geschrei unaufhaltsam ertönen, oft so laut und
anhaltend, dass man es nicht mehr ertragen zu können glaubte.
Gleich dem Appetit war auch seine Verdauung eine vorzügliche.
Meine Frau, welche den Nimmersatt beim Reiten in einem Körbchen
vor sich auf den Knieen hatte, wurde oftmals von seinem
„Schmelz“ getroffen und eiri paarmal übel zugerichtet. Er
entledigte sich dessen jedesmal mit meisterhafter Eleganz, ihn
weit im Bogen von sich spritzend. Gegen die verticalen
Sonnenstrahlen war er sehr empfindlich und drehte und wandte
sich dann beständig im Körbchen und erfüllte die Luft mit
seinen Klagetönen. Wir warfen ein Tuch über den Tragkorb, worunter
er sich dann endlich zufrieden gab und wenigstens einige
Minuten mit weit geöffnetem Rachen stille sass. Wurde er auf
den Boden gesetzt, so suchte er sich flugs das nächste Schattenplätzchen
aus und legte sich dort schräg und gewöhnlich mit
einem seitlich nach hinten ausgestreckten Fange behaglich nieder.
Sein Geschrei brachte uns oft zur Verzweiflung. Einmal in
Gardäia fütterte ich ihn so lange, bis er das Schreien einstellte.
Aber damit hätte ich den Vogel auch beinahe verloren. Denn
am nächsten Tage zehrte er an der Ueberfütterung, sass ver-
driesslich im Korbe und liess einen erschreckenden Magensaft
aus dem Rachen und den Nasenlöchern fliessen. Zum Glück
überstand er diese Misshandlung und zeigte sich bereits zwei
Tage später in alter Weise, nämlich heisshungrig und schreiend.
Wir mussten uns nun schon seine heiseren Klagetöne gefallen
lassen und uns geduldig ins Unvermeidliche fügen, wollten wir
den Bussard lebend nach Biscra bringen. Das, was ich nach
meinen bisherigen Erfahrungen für ganz unmöglich gehalten hatte,
tra t wirklich ein, und glänzend sah ich mich durch den Eifer
und die Mühe meiner Frau widerlegt: der Bussard hatte die vorgeschriebene
Grösse erlangt und sein vollständiges Jugendgefieder
angelegt. In diesem sah er fahl gelblich braun aus, und schon
zeigte der Rücken, sowie die ganze Oberseite eine zinnoberröth-
liche Färbung, welche einigen Oberfedern entstammte. Nach
den Antecedentien war die Annahme nicht ungerechtfertigt,
dass er die lange Reise von Nord-Afrika bis Bonn gut überstehen
werde, was denn auch völlig nach Wunsch gelang. Hier
erholte er sich von den Strapazen der Reise rasch nnd gewöhnte
sich bald ganz ein. Sein Wesen war und blieb zutraulich und
gutmüthig. Dadurch zeichnete er sich überaus vortheilhaft vor
einem ihm beigesellten Mäusebussard aus, der, durch einen
Flügelschuss gelähmt, mir überbracht wurde. Dieser zeigte von
Anfang an ein so unbändiges, stürmisches Wesen, dass ich ihn
nach längerer Gefangenschaft wieder freigeben musste, da er
zum Störenfried für alle übrigen Volièrenvôgel wurde. Augenblicklich
(Mai 1894) steht der Steppenbussard in derVermauserung
seines Gefieders und verspricht ein rötheres Farbenkleid anzulegen,
als er es bis jetzt als erstes Jahrkleid (Jugendkleid) getragen
hat.
Es ist gewiss sehr auffallend, dass der Bussard von Nord-
Afrika mit dem von Nord-Europa artlich zusammenfällt, während
in den Zwischenländern der graue oder Mäusebussard auftritt.
Ich habe zur Untersuchung einen JButeo tachardus aus der
Umgegend von Petersburg vor mir, der ausserordentlich dunkel
rothbraun auf der Oberseite ist und seiner geringen Grösse
wegen als <$ von mir angesprochen wird. Eingehendere Untersuchungen
müssen späterhin darthun, ob der südliche Bussard mit
dem nördlichen Vogel wirklich identisch ist, oder ob beide —
wie eigentlich zu vermuthen ist — zwei geographisch getrennte,
gute Arten sind.
9. M i l v u s m i g r a n s , Boddaert. 1783, — Schwarzbrauner Milan.
Milvus niger, Briss. (1760.)
Milvus ater, Gmel. (1788.)
Französisch: Milan noir.
Englisch: Black Kite.
Arabisch: Hadäya.
Fehlt bei Malherbe, Catal. Rais d’Ois. de l’Algérie, 1846.
Malherbe, Faune Orn. d’ l’Algérie, 1855, pag. 8.
Loche, Catal. des Mamm. et des Ois., obs. en Algérie,
1858, pag. 45.
Salvin, Five Months’ Birds’-nesting in the Eastern Atlas, Ibis,
1859, pag. 184.
Fehlt bei Tristram, on the Ornith. of Northern Afrika,
Ibis, 1859.
Loche, Expl. scentif. de l’Algérie, Hist. nat. Ois., 1867,1, p. 77.
Taczanowski, Uebers. der Vögel Algeriens, Cab. Journ. f. Orn.,
1870, pag. .37.