
so
Näherkommen gewartet hatte, mahnte mich die vorgerückte Uhr
zum Abmarsch nach dem Zuge. Ich schoss also vor heller
\erzweiflung auf den Bussard, und als ich unnützer Weise
meinen zweiten Schuss abgegeben hatte, strich das ? dicht vor
mir vom Horste ab. Ohne Zweifel wäre mir der Vogel zur
Beute gefallen, hätte ich den letzten Scliuss noch zur Verfügung
gehabt. Der Horst war ein grösser Bau von bedeutendem Umlange
und stand in einer Felsennische etwa 15 Meter hoch vom
Fusspfade an gerechnet, der an dem Felsen vorbeiführte. Die
Eier zeigen eine gedrungene (bauchige) Form und sind im Durchschnitte
kleiner als die unseres gem. Bussards. Ihre Grundfarbe
ist weiss mit zartem bläulichem Anflug, das Durchsichtslicht ist
wie bei allen Bussardeiern grün. In Fleckung und Zeichnung
ist deutlich eine Abstufung bemerkbar; das erste Ei (a), welches
auch am grössten und stärksten ist, ist braun gefleckt, gestrichelt
und marmorirt und hält die stärkste Fleckenzeichnung am spitzen
Pole, mit Andeutung verwaschener, lila-aschfarbener Spritzen. Das
zweite Ei (b) ist fahlbraun gefleckt, hauptsächlich am stumpfen
Pole; das dritte Ei (c) endlich, welches von der Kugelform abweicht
und mehr länglich als bauchig ist, ist am wenigsten gezeichnet,
annähernd rein weiss mit wenigen, meist tief dunkelbraunen
Kritzeln, Flecken und Punkten, welche wiederum, am
spitzen Pole stehen.
a) 5,4 X 4,4 cm.
5,17 gr.
b) 5,1 X 4 ,3 cm.
4,92 gr.
c) 5,3 X 4,3 cm.
4,60 gr.
Die Eier waren stark bebrütet, doch gelang es mir, sie
schadlos zu präpariren.1)
Am 7. April 1893 hatten wir gemeinsam einen Ausflug nach
dem etwa 12 Kilom. südl. von Ouärgla liegenden Djebel-Klima
unternommen. Dort entdeckten wir unter anderen Horsten auch
einen des Steppenbussards. Wir beobachteten die Vögel lange
Zeit, welche oftmals dicht über den Horst hinstrichen, ohne dass
x) Zwei andere schöne Gelege, von Paul Spatz im südl. Tunesien
gesammelt, zeigen denselben Typus und Character wie die vorbeschriebenen.
Der Verfasser.
wir schiessen konnten. Das $ war bedeutend grösser und
Stärker, auch viel dunkler als das schmalere S- Beide sahen
zwar auf der Unterseite der Schwingen weiss aus, nur mit dem
Unterschiede, dass das Weiss beim $ transparent erschien,
während man beim 9 deutlich die dunkle Deckfarbe der Oberschwingen
wahrnehmen konnte. Unsere Bemühungen, an den
Horst, zu kommen, waren eitel. Am nächsten Tage machte sich
mein Schwager, Herr F. Westphal, mit unserem Maulthiertreiber
Achmed allein auf den Weg nach dem vielversprechenden Berge,
da ich der Präparationsarbeit wegen in Ouärgla Zurückbleiben
musste. Achmed gelang es auf das Zureden hin den Horst zu
erreichen, aus welchem er zwei wenige Tage alte Dunenjunge
nahm. Die alten Vögel kamen Herrn W. beide zu Schuss, fielen
aber so unglücklich auf den Bergabhang, dass sie nicht gegriffen
werden konnten. Als ich die Dunenjungen sah, äusserte ich,
dass mir die erlegten Alten lieber gewesen wären als jene, da
man Dunenjunge in diesem Stadium nicht gross füttern könnte.
Meine Frau indessen gewann die reizend drein schauenden
Dingerchen gleich so lieb, dass sie beschloss, den Versuch des
Aufziehens zu machen. So sehr ich widerrieth und den Erfolg
in Abrede stellte, so fest bestand sie auf ihrem Willen, so dass
ich endlich nachgeben und ihrem Wunsche willfahren musste.
Zwar der kleinere von beiden musste beim Herabwerfen aus dem
Horste eine innere Verletzung erlitten haben, da er von Anfang
an kränkelte und im Wachsthum zurückblieb, bis er eines
morgens starb; — aber der grössere entwickelte gleich so erfreulichen
Appetit und nahm von Tag zu Tag so sichtlich zu,
dass die Annahme des Grossziehens immer mehr und mehr an
Wahrscheinlichkeit gewann. Die Flügel- und Schwanzfedern
keimten schön hervor, und das Kleingefieder sprosste gleichmässig,
so dass der junge Bussard am Ende unserer Wüstenreise, also
nach 4 Wochen, als völlig erwachsen betrachtet werden konnte.
Wir fütterten ihn mit dem Fleische geschossener Vögel, hauptsächlich
aber mit Reptilien, welche ihm ausserordentlich zu
munden schienen, und welche er zuletzt in g.anzen Stücken
lebend verschlang. Das leicht verdauliche Fleisch der Eidechsen
mag auch viel zu seiner Entwickelung beigetragen haben. Man
konnte ihm nicht genug Nahrung zutragen. Wenn er mich
schon von Weitem sah, fing er an sich aufzurichten und mich
streng im Auge zu behalten. Dabei liess er sein Mark und
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