
den Feldern und Bergen in der Luft stille stehen. Man erblickt
ihn dort einzeln oder paarweise, selten zu dreien oder mehreren
beisammen, seiner Natur gemäfs, die ihn zur Selbstständigkeit
erzog. Nur wenn sich ein überreiches Nahrungsfeld vor ihm
aufthut, und der Raub des Falken den Neid seiner Artgenossen
nicht mehr zu entfachen vermag, rottet er sich zu Flügen, die
Flüge zu ganzen Zügen zusammen. — Besäet ist ein Feld mit
den fressgierigsten Leibern dieser Welt, mit den geflügelten
Wanderheuschrecken, den gefürchteten „Schrad“ der Araber.
Alles Lärmen und Spectakeln, alles Schiefsen und Räuchern der
Landeskinder vermag die Nimmersatten nicht abzuhalten; in
dunkelen Wolken kommen sie herangezogen und werfen sich auf
die Felder, um diese ihrer Halme, ihrer Früchte zu berauben.
In heller Verzweiflung hüpft und tanzt der Araber auf seinem
sprossenden Getreidefelde herum, um seine Erzfeinde zu zermalmen
und zu vertilgen, oder aufzuscheuchen und zu vertreiben.
Der Thor! Ob er auch hunderte zertritt, tausende vor sich aufjagt
— hunderttausende lagern noch auf seinem Boden, bedecken
Frucht und Feld und arbeiten unaufhaltsam am Vernichtungswerke
weiter. Dem Ohre thun sie sich kund mit ihrem Geräusch,
das die arbeitenden Kinnladen hervor bringen, dem Auge nicht
weniger durch das schnelle Sinken der Halme, das Verschwinden
der Früchte von der Erde. Da vermag menschliche Kraft wenig
— die Masse spottet seinen Anstrengungen. Aber die allweise
Mutter Natur hat andere Mittel zur Hand, stellt andere Feinde
gegen die „Ungeheuer“ ins Feld. Wenn sie auffliegen, stürzen
sich Thurm-, Röthel- und Abendfalken, Steppen- und Wüstenweihen,
wüstenfarbige Käuzchen, farbenprächtige Bienenfresser
und Mandelkrähen, Würger, Milane, ja selbst Edelfalken ihnen
nach, fangen tausende und abertausende von ihnen im Fluge und
nähren sich und ihre Jungen mit den gefrässigen Heuschrecken.
Und nicht im Fluge allein gilt ihnen Rache für ihre Frevelthaten,
auch auf dem Boden lauert ihnen der Schlund des Unterganges
auf. Schnellläufige Eidechsen springen auf sie, Schlangen beissen
sie todt, überkleistern sie mit ihrem Geifer und würgen sie herab.
Fressgierige Ratten und Mäuse stellen ihnen unermüdlich nach.
Vor Allem aber am beharrlichsten arbeiten die Thurmfalken am
Werke ihres Unterganges. Zu ganzen Schwärmen stürzen sie
sich auf sie, ergreifen mehrere mit ihren Fängen, reissen
ihnen im Fluge den Leib auf, um den für sie beliebten Bissen
daraus zu schälen, lassen den übrigen Körper fallen und setzen
die Jagd auf sie von Neuem fort. So geht es ohne Unterlass
ihnen nach, wo sich auch die Schwärme der Gefrässigen hinwälzen
mögen — gleichviel, ob über Thäler und Berge, oder
über Seeen, über Steppen und Wüsten. Ich habe Heuschreckenschwärme
von Thurmfalken verfolgen sehen, wo ich stand und
ging, und oftmals beobachtet, dass ein fliegender Schwarm sich
vor seinen unablässigen Verfolgern zu retten suchte, indem er
nicht nur in der Luft die verschiedenartigsten Schwenkungen
ausführte, sondern im Angesichte seines Erzfeindes sich plötzlich
zu Boden warf und dadurch seinem Schicksale zu entrinnen
suchte. Aber das war den Thurmfalken erst recht willkommen.
Einen Augenblick rüttelten sie in der Luft und warfen sich dann
mitten unter ihre Haufen, jedesmal mehrere in den krummklauigen
Fängen davon tragend. Ein benachbarter Busch wurde zum Ruhesitz
erwählt, oder ein vereinzelter Steinblock, ein Pfosten, eine
höhere Erdscholle. Wohl an hunderten solcher Plätze bin ich
vorbeigekommen und habe dann nicht ohne gewisse Genugthuung
und Wonne die Wahlstätten erkannt, wo die Falken, von der
Vorsehung bestimmt, ihre Razzia abgehalten und am Vernichtungskriege
gearbeitet haben, den der Hass des Menschenkindes heraufbeschwor,
sehnlichst herbeiwünschte, um dem gräulichen
Getriebe dieses Ungeziefers zu steuern und zu wehren. Für
diese Länder ist der Thurmfalke das, was bei uns die Katze in
einer entsetzlichen Mäuseplage ist, und alle Mittel sollten in
Bewegung gesetzt werden, um den nützlichen Vogel zu schützen,
zu hegen und zu pflegen. Der Araber freilich erkennt dankbar
seine Hülfe und wird auch nicht daran denken, das Feuerrohr
auf den lieblichen Gesellen zu richten, — nur die Heerde von
Sonntagsjägern frevelt hier und da an solchen Orten, wo sich
Thurmfalken in grösserer Ansammlung zeigen, durch nutzloses
Wegschiessen der nützlichen Vögel. Welche Sünde die Menschen
damit begehen, welchen Unfug sie treiben, ahnen freilich die
Ungebildeten nicht. — Ich habe zu Nutz und Frommen der
Wissenschaft so manchen dieser anmuthigen Raubvögel erlegt,
ihn stets auf den Mageninhalt untersucht und weitaus zum
grössten Theile gefunden, dass der Inhalt die gefrässige und
geflügelte Heuschrecke bildete, auch wohl grosse Mistkäfer,
denen er ebenfalls mit Vorliebe nachstellt, ab und zu eine
Eidechse, ein Mäuschen, am wenigsten aber Vögel, die er wohl