
Das nördlich heim Bordj-Saada einsetzende, bis Kef el Dohr
südlich sich hinziehende Hochplateau der Algerischen Sahara führt
den Reisenden in eine neue Welt ein. Kaum hat er das Bordj
hinter sich, als er auch schon die melancholische, vorher noch
nicht gehörte, von unten nach oben steigende Weise der Wüstenläuferlerche
(Certhilaudn alaudipes) vernimmt. Es ist die Miika
der Araber. Ihrem empfänglichen Geist und Gemüth hat der
auffallende Vogel nicht gleichgiltig bleiben können, — und meisterhaft
haben sie es verstanden, die wehmüthige Weise mit der
liebenswürdigen Vogelerscheinung zu verknüpfen, sie zu deuten
und in das Netz ihres Märchengewandes zu hüllen.1) Zwei
andere Wüstenlerchen noch lenken unsere Aufmerksamkeit auf
sich: Die reizende Wüstenohrenlerche (Otocorys bilopha) und die
kleine gebänderte Sandlerche (Ammomanes cindura, Gould), --
beide allerliebste schmucke Vögelchen, davon das erste dem unbefangenen
Forscher sofort durch seine Gestalt, das zweite mehr
durch seine eigenartige Stimme auffallen muss. Auf den Spitzen
der Saribsträucher sitzt der blasse Grauwürger (Lanius dealba-
tus, Defil.) während im stacheligen Gestrüpp oder von einer
Retame zur anderen fliegend eine Schaar isabellartiger Wüstenbuschvögel
(Crateropus fulvus) ihr Wesen treibt. Nicht selten
gewahrt man auch in den niedrigen, dichten Ammodendron-
Sträuchern den kleinen flinken Buschsänger (Drymoeca saharae,
Loche) oder die niedliche Brillengrasmücke (Sylvia conspicillata,
Marm.). Der Karawane folgt der Wüstenläufer (Cursorius isabel-
linus), der Saüäg el Ibel, wie ihn die Araber nennen, übersetzt
der Kameelantreiber. Denn seine Stimme klingt dem
Beduinen wie seine eigene, wenn er das Dromedar zu rascherem
Marschtempo anspornen will. Schaaren von Wüstenhühnern
fliegen in der Luft oder erheben sich vor der nahenden Karawane.
Auch sie lassen ihre Stimme beim Auffliegen hören und erfüllen
die Atmosphäre mit ihren eigenthümlichen, noch lange in den
Ohren nachklingenden Tönen. Sie enthalten mehrere Arten,
davon die beiden Pteroclurus alchata und Pt. senegalus als die
häufigsten hervorzuheben sind. Von Säugethieren trifft man
schon hier und da die Dorcas-Gazelle {Antilope dorcas) und in
übergrosser Menge eine Wühlratte, den Meriones getuluS, Lat.,
den Djerd der Araber. Diese hurzgeschwänzte Erdratte unter-
J) Man lese darüber im betr. Abschnitte dieses Vogels nach.
wühlt stellenweise den Boden so sehr, dass Menschen und
Thiere beim Durchschreiten des Geländes oft tief einsinken und
Gefahr laufen sich die Beine zu brechen.
Von Reptilien sind hervorzuheben die Agama inermis, Reuss,
der Acanthodadylus scutellatus, Daud. und Ac. pardalis in der
Varietät deserti, sowie der seltenere Ac. bosltianus, Daud. in der
var: asper, Audouin; — von Schlangen hauptsächlich Psammo-
phis sibilans, L. var: punctata, D. & Bibr.
Bis Touggourt tritt ein Hochplateau in dem Sinne, wie wir
es eben kennen gelernt haben, nicht mehr auf; auch südlich
von Touggourt auf der Strecke nach Ouargla liegt ein solches
nicht, obschon die dort vorherrschende Sandwüste ab und zu
den Charakter eines steinigen Hochplateaus anzunehmen scheint.
Der Boden ist jedoch stets sandiger, niemals fest und wahrt auch
nicht die dem peträischen Hochplateau zukommende Pflanzen-
und Thierwelt. Dagegen gewinnt der Reisende vollkommen den
Eindruck eines Hochplateaugeländes, wenn er von Ouargla westlich
gen Gardäja, zieht. Ueberhaupt hat das Gebiet der Beni1)
M’zab ein ganz eigenes Gepräge. Dort erheben sich auf steinigem
hochgelegenen Gelände Hügel, die bald als isolirte Kegel
dem Boden entsteigen, bald als Kette Zusammenhängen und sich
als niedrige Erhebungen weiterziehen. In der Regel ist das
Element, welches diese Hügel bildet, ein bröckliges, völlig verwittertes
Gestein, das glutübergossen in wunderbar schöner
Weise blutroth oder bei gedämpftem Lichte blassrosa, oder auch
schwefelgelb-chamoisfarben leuchtet — Diese Hügel bergen vor
Allem die südlichen Trauersteinschmätzer in 2 Arten, den weiss-
steissigen nämlich und den weissköpfigen. Erstere, die Dromo-
laea leucopyga, tritt gans besonders häufig in den wildzerklüfteten
Mamelons, wie die Französen diese Hügel nennen, auf,
letztere die Dromolaea leucocephala auch wohl daselbst, siedelt
sich indessen mit Vorliebe in den Häusern der Pentäpolis von
Gardaia an, dort geradezu zum Hausthiere werdend. In den
höchsten, meist unzugänglichen Höhlungen, die sich in Sonderheit
an den Kämmen der Berghügel finden, sieht man Horste von
Raubvögeln und erkennt an den fliegenden Gestalten Falco Fel-
deggii, Cerchneis tinnunculus und Euteo desertorum. Nicht selten
i) Beni ist der Plural von Ben — und heisst die Söhne, Nachkommen.