
Süden zudampft. Näher rücken die steilen, immer kahler werdenden
Berge, bis sie bei El Käntara in zwei gewaltigen Seitenwänden
das Gebirge halbkreisförmig abzuschliessen scheinen.
Trotzig braust das schnaubende Dampfross gegen diese Wände
heran, und durchbricht sie an dem Orte, den die Araber Foum
es Sahara — Mund der Wüste — nennen. Da lässt der Reisende
den Blick auf die Berge hinter sich — und eine neue
Welt liegt vor seinen überraschten Augen. Es ist die petraeische
oder steinige Wüste, welche vor ihm sich breitet, mit ihrem
eigenen WTesen, mit ihren brennenden Farben, mit ihrer alles
versengenden Hitze, und ihrem gluthauchenden Winde, mit ihrer
Armuth und Strenge — und doch so voller Reiz und Poesie für
denjenigen, der tagelang in ihr gewandert ist, der sie von Grund
aus kennen gelernt hat. Einhunderteinundzwanzig Kilometer von
Batna und nur sechsundfünfzig Kilometer von El Käntara entfernt
liegt südlich die Oase Biscra, welche wir schon bei den Römern
als das alte Ad Piscinam angeführt finden. Dieser hübsche
Flecken, welcher seiner bequem zu erreichenden Lage wegen,
schon seit einer Reihe von Jahren für den Reisenden die
Touristenoase par excellence bildet, ist die Hauptstadt des Zab
(Plur. Ziban1), einer weit ausgedehnten Ebene, welche durch
zahlreiche Oasen hervorsticht, die unweit von einander gelegen,
das Zabgebiet ausmachen. Obschon Biscra nur wenige Striche
südlicher liegt als Batna, nämlich auf dem 35° 27' nördl. Breite
und dem 3° 22' westl. Länge, zeigt es doch eine so veränderte,
von Batna ganz verschiedene Bodenformation und mit ihr
eine so gänzlich ändere Fauna, dass dieselbe eingehend besprochen
zu werden verdient. Die sogenannte petraeische oder
steinige Wüste umgürtet Biscra, welches selbst in einer Höhe
von nur 111 Met. ü. d. M. liegt. Es wird nach Norden halbkreisförmig
von den südlichen Ausläufern des Auresgebirges
begrenzt, von denen in Sonderheit der Djebel Ahmarkhaddou —
der Berg der Rosenwangen — sich durch Form und
*} Aus „Kobelt, Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis, 1885“
entnehme ich folgende Stelle:
Zihan ist die Mehrzahl von Zab und bedeutet „die Dörfer“. Diese
Bezeichnung für die Oasen am Südfuss der Aures ist vorärabisch; eine
provincia Zaba nennt schon Procop und Salomon errichtete dort einen
limes, eine Art Militärgrenze, der dem comes limitis Zabensis unterstellt
war. Die Hauptstation Gemella lag zwischen Biscra und Tehouda, dem
antiken Thabudeos.
Schönheit abhebt. In der näheren Umgebung schütten
sich dann noch einige Höhenzüge auf, die alle mit Steingeröll
über und über bedeckt sind. Die Oase selbst verdankt
ihren Ursprung dem wasserführenden Bette des Oued1) Biscra,
welcher Fluss aus dem Oued Käntara und dem Oued Abdi gebildet
wird. Die nähere und weitere Umgebung Biscras ist ein
steiniges Hochplateau, das z. Th. Hügel und Hügelketten trägt,
oder aber in eine wüste Tiefebene herabsinkt und dann die
sogen. Sebkhaformation bildet. Jedes dieser ganz verschiedenen
Gelände trägt seinen typischen Boden, seine ganz charakteristischen
Thier- und Pflanzenformen. —
Wenn wir in die nahen Berge Biscras unsere Schritte lenken,
sehen wir uns von einer ganz eigenartigen, starrenWildniss umgeben.
Selten grünt ein Strauch in den unteren Partieen, eine vereinzelte,
aus dem Dattelkern entsprossene Palme (Phoenix dactylifera) oder
der akazienartige Judendorn (Zieyphus lotus, Lam.) Kümmerlich erheben
sich aus den Ritzen überhängender Felsen einige Gräser, und
nur eine Onowis-artige Pflanze überzieht die Gehänge. Vertraut sieht
man die interessante Rüsselmaus (Macroscelides Bozeti, Duv.) in
den Sonnenhängen oder auch im Schatten eines riesigen Steinblockes
spielen, vielleicht auch den Gundi der Araber (Ctenodac-
tylus massoni) auf einem Steine sitzen. In den Kavernen und
Klüften der Felsen findet man die Spuren des Schakals, nicht
selten auch der Hyäne, während man die Thiere selbst fast niemals
zu Gesicht bekommt. Die Kriechthierfauna stellt ihre
ganz bestimmten, wenn auch wenigen Arten. Da ist der Ptyo-
daetylus lohaius in der Varietät oudrii zu nennen, da die
Eremias guttulata, Licht, in der schön gefleckten Varietät par-
dalis, D. u. Bibr., welche behende am Boden einherläuft, — und
überall an den Löchern seiner selbstgegrabenen Wohnung sonnt
sich der an die Vorwelt erinnernde Leib des „Thsäb“ der Eingeborenen,
des TJromastix acanthinurus, Bell. Ich könnte noch
andere Kriechthiere nennen, Eidechsen zumal, wie auch Schlangen,
denen man dort häufig begegnet, darf mich aber nicht zu
sehr erbreitern und muss zur Ornis übergehen. Diese ist auffallend
arm in jenen Gegenden. Denn lautlose, selten einmal
durch den gellenden Schrei eines Raubvogels unterbrochene
Stille herrscht in den Schluchten der Berge vor. Um so mehr
% Oued — Fluss.