
dürcb die grossen Maschen gleichgültig zu. Und es hat Recht:
Denn in den endlosen Schluchten und Gebirgen vermag sich das
schöne Klippenhuhn zahlreich genug immer noch fortzupflanzen
und zu erhalten, wenn es auch das ganze Jahr hindurch gejagt,
verfolgt und beunruhigt wird. Die Natur allein hält hier schützend
das Gleichgewicht und der Mensch in seiner verhältnissmässig
schwachen Dichtigkeit kann dem durch das ganze Bergland weitschichtig
verbreiteten Huhne wesentlichen Abbruch nicht verursachen.
Aber diese Gegend birgt auch noch anderes Wild. Hier
war es hauptsächlich, wo der berühmte Pantherjäger B om b o n e lle s
seine Lorbeeren errungen und die meisten Erfolge auf dieses
gefährliche Raubthier zu verzeichnen hatte. Er selbst ist zwar
längst nicht mehr unter den Lebenden, aber seine Begeisterung
und Leidenschaft für die Jagd des Panthers Hess ihn in der
Nähe der Station ein Jagdhäuschen für die Nachwelt errichten
mit der ausdrücklichen Weisung, dass dieses für beherzte Pantherjäger
erhalten bleiben sollte. Leider nur sieht sich der muthige
Jäger nunmehr auch hier in seinen Erwartungen arg enttäuscht,
denn der Panther scheint nahezu ausgestorben im Algerischen
Lande und theilt mit dem Löwen das gleiche Geschick. Zwar
melden noch alljährlich Beduinen die Schreckensmähr von
Ueberfällen des gefürchteten „Nimr“ und fangen und erlegen
auch wohl einmal ein solches Ungeheuer, aber die Fälle sind
selten, sehr selten geworden; sie vereinzelten sich in dem letzten
Jahrzehnt immer mehr und mehr, sodass ein eigens zu diesem
Zweck ausziehender Jäger nur vom grössten Zufall reden kann,
wenn ihm das Jagdglück wirklich zu Theil werden sollte, einen
Panther zu erlegen.
Nach halbstündigem Aufenthalte in Bouira trägt uns der
Bahnzug weiter. Im Verlaufe der Fahrt treten die Berge zurück,
ohne den Charakter der Landschaft wesentlich zu verändern.
In „Mansourah“ präsentirt sich uns der Djebel Kteuf in der
stattlichen Höhe von 1862 M., ebenfalls mit schneebedecktem
Haupte. Dann sinkt die Bahn in die Ebene von Medjana herab,
die sich etwa bei der Station Bordj-bou-Areridj vor uns aufthut.
Sie bietet nur geringe Abwechselung und wenig Reize dar. Mit
Dunkelwerden sind wir in Sötif, einem grösseren Städtchen, wo
mehrere Passagiere aussteigen. Fortan hindert uns leider die
Nacht an dem weiteren Ausblick und der Betrachtung des Geländes.
Wir fahren durch nach Constantine, wo wir spät gegen
1 Uhr einlaufen, und uns vom Bahnhöfe sofort ins Hotel begeben,
froh, die lange, strapaziöse Reise endlich überstanden zu haben.
Die Strecke von Alger nach Constantine beträgt 464 Kilometer
und wird in 187a Stunden von der langsam laufenden Bahn
zurückgelegt.
Sehr schnell gingen die wenigen Stunden der erwünschten
Nachtruhe vorüber, und um 7 Uhr schon rasselten wir in einem
mächtigen Omnibus der Bahnstation wieder zu. Wir bedauerten unendlich,
dass wir das malerisch und hoch gelegene Constantine
nicht einige Tage gemessen konnten, aber es zog uns nach Biscra,
und ich wollte auch meinen Forschungen nicht längeren Ausstand
einräumen. Der Morgen war herrlich und füllte die Brust mit
frohen Hoffnungen und Empfindungen. Um 7 Uhr 35 Min. setzte
sich der Zug in Bewegung. Ueberrascht blickten wir aus dem
Coupéfenster auf die Gegend, welche eher an manche Gaue
Mitteldeutschlands erinnerte, als ah die des sonnedurch-
glühten Afrika’s. Ueberall, wo man das Auge hinwarf, sah
man saftige grüne Matten, die von rauschenden Bächlein
durchschnitten wurden ; an deren Rändern aber und in
den Niederungen wucherten üppige Weiden und Pappeln
und nahmen sich in ihrem ersten Frühlingsgrün unsagbar
prächtig aus. Wir vermeinten, dass eine neckische Fee uns
über Nacht wieder in die heimathlichen Gefilde zurückgetragen
habe und konnten uns an dem wundervollen Panorama
nicht satt sehen. Meine Aufmerksamkeit wurde im höchsten
Grade durch das Einherstolziren einer Unmenge weisser Störche
gefesselt, deren ich ja einzelne schon gleich hinter Alger wahrgenommen
hatte, hier aber geradezu in Massen angesammelt vorfand.
Sie fischten in den Bächen und suchten nach Gewürm
und Fröschen auf den schwellenden Auen, welche ihnen die
gewünschte Nahrung jedenfalls in reichlichster Weise zu Theil
werden Hessen. Doch nicht lange hielt dieser Charakter die
Gegend umfangen, er war ihr nur auf der Höhe eigen und umgürtete
gleichsam die Feste Constantine’s. Bald fiel die Bahn
und brachte uns in eine weite Steppengegend. Wir passirten
Khroubs, eine Zweigstation, wo die Linie Guelma-Böne abgeht
und kamen nach El Guèrra. Hier läuft die gestern befahrene
Route von Alger ein. Die nächste Station war A'in M’lflah und
zeigte rechtsseitig einen nackten schroffen Berg, dessen Höhe