
aber der Chambi von ihm eineh geliehenen Strick zurückverlangte,
da fuhr der ohnehin gereizte Spahis jähzornig auf,
fletschte die Zähne und versetzte seinem „Freunde“ ein paar
derbe Faustschläge ins Gesicht, dass demselben sofort das Blut
aus Mund und Nase quoll. Der Chambi aber ist auch nicht faul
und giebt das Erth eilte doppelt und dreifach wieder zurück. Nun
entsteht ein Handgemenge, dem wir Alle eine Weile ganz verblüfft
zuschauen, den heikelen Ausgang der Sache abwartend. Als sich
der Knäuel entwirrt hat, gehen die beiden Thätlichen auseinander,
aber nur um einen Augenblick später um so energischer
wieder zusammen zu treffen. Denn der Chambi greift voll
Gift und Galle nach seinem Gewehre und droht den Spahis zu
erschiessen. Jetzt war die Zeit für uns gekommen einzuschreiten.
Sofort springen wir — mein Schwager und ich — zwischen die
Beiden und entringen dem Chambi die Waffe, welche wir an uns
nehmen. Damit war der Steit geschlichtet und beide wurden an
ihre Arbeit verwiesen.
Die Vorbereitungen zum Abmarsch waren vollendet. Um-
8 Uhr ritten wir ab. Das Gelände verblieb im selben Character
wie gestern. Der weissliche Sandboden war mit dem rosa
blühenden Wüstenstrauche bestellt, .und endlos dehnte sich dasselbe
Bild vor dem Gesichtskreise aus, fast erdrückend in der
Eintönigkeit seines Wesens, in der Gleichförmigkeit seines Gepräges.
Und dennoch mangelte es nicht an Momenten der Freude.
Unser Touareg hatte eine riesige Hornviper gefangen und kam
nun grinsend vor Freude mit dem lebenden Ungethüme heran.
Ich hatte kein Gefäss zur Verfügung, in das ich diese Schlange
stecken konnte, und. musste sie daher in mein festgeknotetes
Taschentuch legen. Natürlich wurde dies mit der erdenklichsten
Vorsicht getragen und das giftige Thier vordem mehrfach gebunden
und geschnürt. Andererseits durfte ich es auch nicht
vollends tödten, da es dann auf der Reise angehen und verwesen
konnte. Ausserdem fanden wir einige Nester vom „Boufsiou“, wie
die Leute alle kleinen Vögel nannten, nämlich von der Brymoeca,
mit bald stark bebrütetem, bald noch nicht vollzähligem Gelege,
also frischen Eiern. Ich entdeckte unter einem Strauche
in einer Erdhöhle das Nest des Wüstensteinschmätzers mit 3 un-
bebrüteten Eiern, und der Spahis sah einen Varan, dem er in
seiner Ungeschicklichkeit und der ihm anhaftenden Angst vor
jedem Reptil mit seinem Säbel zu Leibe rücken wollte. —
Was ich gestern befürchtet hatte, stellte sich heute morgen
richtig heraus: wir haben bei der gestrigen Verirrung dieStrecke
von etwa 15 Kilometern eingebüsst. Nun ritten wir weiter dem
Telögraph optique zu und erreichten gegen Mittag die Brunnenstelle,
an der wir bereits eine Kameelkarawane antrafen. Ein Araber
schien mir bekannt zu sein, und als ich darüber hin und her
nachdachte, erkannte ich in ihm jenen Kunden, der sich uns in
derselben Gegend ab el Mouilah (Sandheim) nach Dra el Kastir
angeschlossen hatte. Ein Pärchen von Passer simplex flog an mir
vorüber — ich ging ihm nach und erlegte beide Vögel in einem
Wüstenstrauche. Das aufgefundene Nest war leider nicht fertig
gebaut und enthielt demnach natürlich auch keine Eier. Das
Wasser in diesen' Brunnenlöchern war verunreinigt und kaum
geniessbar. Wir hielten uns nicht lange an dieser Stätte auf und
gingen alsbald unseres Weges weiter. Die Gegend nahm nun
wieder jenen Character der Sanddünen mit reicher Vegetation
an und bot viel Interessantes beim nahen Anblick. Da sassen
wieder die dickleibigen Schwärmerraupen an der Wolfsmilchstaude,
da schwirrten die farbenprächtigen Julodeskäfer und die eigenartige
Diptere, deren ich auf der Route vor el Mouilah Erwähnung
that. Wir befanden uns wieder auf dem rothleuchtenden Sandgefüge,
in den Areg el Dem der Araber, den wegen ihrer Barbe
so genannten Bluthügeln. Am Telegraphenthurm wurde ein
Augenblick gerastet, wo uns ebenfalls bekannte Gesichter be-
grüssten, und dann ging es fort nach Bledet Amar zu. Wir
kamen bald auf die Route, welche wir beim Ausmarsch genommen
hatten, und Alles heimelte uns als bekannt an. Alte Erinnerungen
stiegen in uns auf, welche sich beim Passiren eines bekannten
Chotts, einer Sanddüne oder dergl. ergaben. Bledet Amar war
gegen 5 Uhr erreicht und auch jener traute palmenumrauschte
Platz, wo einstmals unser Zelt gestanden, und wo wir zum ersten
Male draussen campirt hatten. Einen Augenblick waren wir unschlüssig,
ob wir der Pietät wegen nicht abermals an dieser Stätte
über Nacht bleiben sollten, aber meine Frau drängte zur Vollendung
der Reise, zur Erreichung von Touggourt. So wurde denn weiter
geritten, ohne einmal Aufenthalt zu machen. Als wir Temacin
erreicht hatten, war die Sonne längst untergegangen und der
volle Mond stand leuchtend am Himmel. Es war eine wonnige
Nacht, so milde, ’ ruhig und schön, dabei so hell und klar, wie
man sie sich phantastischer kaum denken kann. Beim Durch-
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