
wir erst um Mittag abreiten konnten. In bleierner Schwere
lagerte sich die Atmosphäre auf uns, unheimliche Hitze und
Schwüle umfing uns, war doch der Gift hauchende Samum wieder
im Anzug! Gleich nachdem wir das östliche Thor der ganz
arabischen Stadt, welche nicht im Besitze auch nur eines europäischen
Hauses war, pnssirt hatten, nahmen uns die sandige Umgegend
und die rothleuchtenden Höhenzüge des M’zab-Gebietes
auf. Wir waren froh, aus dem Bereiche der verpesteten Stadt
zu kommen, hiessen die freie Luft willkommen, welche unserem
Körper alsbald die gewünschte Elasticität brachte, Kopfdruck und
Uebelkeit beseitigte und uns in frohe Laune und gute Stimmung
versetzte. In dem verwitterten Gesteine tauchten auch wieder
die südlichen Rennschmätzer auf. Als ich nach ihren Nestern
suchte, konnte ich feststellen, dass die Jungen auch hier bereits
lange erbrütet waren und sich gerade in dem Zustande befanden,
wo sie zwar noch von den Alten gefüttert wurden, aber doch
schon eine gewisse Selbstständigkeit errungen und angenommen
hatten. Auch hier gewahrten wir immer nur ein Junges bei den
fütternden Eltern. Die Nestersuche hatte eine ganze Spanne Zeit
in Anspruch genommen, sodass ich mir den Vorwurf zuzog, die
Karawane in unliebsamer Weise aufgehalten zu haben. Unser
el Haja hatte auch darunter zu leiden gehabt, da er nun
hinter uns herlaufen musste. Der arme Kerl war noch immer
nicht von seinem Sonnenstiche genesen und hatte sich gestern
deshalb am Halse einige Blutaderlasse machen lassen. Der
Verlust des Blutes hatte ihn aber besonders geschwächt, sodass
er jämmerlich klagte, stöhnte und wimmerte. Wir ritten nun,
ohne abzusetzen, eine lange Strecke fort und machten erst um
6 Uhr auf einem steinigen Hochplateau Halt. Der Wind hatte
nachgelassen und ein herrlicher Abend Hess uns wieder einmal
die Freuden des Zeitlebens voll und ganz geniessen. Dem wonnigen
Abend folgte eine ebenso ruhige und schöne Nacht, in der wir
zum ersten Male auf unserer Reise nicht froren.
M ittw o c h , den 26. A p ril 1893. Zwei halbverdurstete
Araber kommen in aller Frühe an unser Lager gestürzt und flehen
erschöpft um einen Schluck Wasser. Mich dauern die armen
Wesen und ich verabfolge ihnen eigenhändig eine Blechkanne voll
Wasser. Wie sie das schlürften, wie ihnen das schmeckte! Nun
zogen sie erfrischt ihres Weges weiter nach el Guerrärä, während
wir die entgegengesetzte Route nach el Alfa einschlugen. Bis
10 Uhr herrschte eine ängstlich beklommene Stille in der Natur,
wie wir sie kaum vorher in der Sahara erlebt hatten, und eine
entsetzliche Hitze lagerte sich auf uns. Dann erhob sich ein
leichter Wind, der, obschon glühend heiss, immerhin eine gewisse
Auffrischung mit sich brachte. Er ermöglichte wenigstens unseren
Marsch, den wir ohne ihn zurückzulegen schwerlich im Stande
gewesen wären. Die Hügelketten, welche uns bisher kreisförmig
umgeben hatten, rückten weit ab in die Ferne, und wir befanden
uns wieder auf dem anscheinend endlos sich vor uns ausdehnenden
Hochplateau. Der steinige Boden wechselte jedoch vielfach mit
dem sandigen ab. Unser Touareg war einer Springmaus (Djerboa)
ansichtig geworden, als sie vor ihm in einem Erdloche verschwand.
Nun kniete er vor demselben nieder und begann mit der Stahlhacke
zu graben, die lose Erde sehr geschickt mit der Hand
aufnehmend und rückwärts werfend. Als er eine gewisse Tiefe
erreicht hatte, brauchte er die Stahlhacke nicht mehr und würde
mit seinen beiden Händen allein fertig. In weitem Bogen warf
er nun den Sand seit- und rückwärts heraus, der sich bald
zu einem grossen Haufen ansammelte. Lange Zeit hatte er
gearbeitet, und schon glaubten wir nicht mehr an das Vorhandensein
des Thierchens, als er, der Röhre beharrlich weiter
folgend, sich plötzlich vor uns erhob, in der Hand die niedliche,
sandfarben gefärbte Springmaus haltend. Natürlich wurde er mit
Wort und That für seinen Eifer von uns belohnt und eilte nun
dem Vortrab wieder beizukommen. Wir Hessen indessen das
Thierchen weit ab von seiner Heimathstätte los, um uns seine
Fortbewegung auf dem Boden unmittelbar vor Augen zu führen.
Kaum fühlte es sich frei, als es auch schon in weiten Sätzen auf
den Hinterfüssen dahinflog, den am Ende schwarzen, buschigen
Schwanz zierlich und wagerecht über dem Boden haltend. Einen
Augenblick erfreuten wir uns an den lustigen Sprüngen des
Wüstenthieres par excellence, dann gaben wir Feuer, um es so
am raschesten vom Leben zum Tode zu befördern. — Ohren- und
Wüstenlerchen waren die einzigen Vertreter der Vogelwelt, denen
sich höchstens noch ein paar isabellfarbene Rennvögel (Cursorius)
anschlossen. Auch die Reptilienwelt zeigte ausser den bekannten
und schon vielfach erwähnten Repräsentanten keine neuen Formen.
Immer drückender wurde die Schwüle, heisser denn je brannte die
Sonne. Wir waren so erschöpft, unsere Gaumen so ausgetrocknet,
dass wir uns wie von der Sonne gebraten vorkamen und den