
wir eben wieder eine Höhe passirt hatten .und in das Thal herabgekommen
waren, wurden wir von dem plötzlichen Vegetationsbilde
überrascht, welches sich hier in Tamarisken, Zarib und
Oleanderbüschen vor uns aufthat. Eine grosse Wasserlache stand
auf dem Boden, in die sich sofort alle unsere Thiere stürzten,
um ihren brennenden Durst zu stillen. Als sie in langen, nimmer
endenwollenden Zügen getrunken hatten, ging es wieder weiter.
Immer wechselvoller, bergiger und interessanter gestaltete sich
die durchrittene Gegend. Da tauchte el Guörrärä vor uns auf,
die letzte der M’zab-Städte mit ihren weissschimmernden Marabut-
kuppeln und Minarets. Aber, obschon wir die Stadt greifbar nahe
hatten, dauerte es doch noch 2 volle Stunden, bis wir sie erreichten.
Ich hatte die rothleuchtende Gegend fortwährend scharf im Auge
und legte den W.eg grösstentheils zu Fuss zurück. Mit Sicherheit
vermuthete ich die Falkenlerche hier und suchte daher unausgesetzt,
— leider vergebens — nach dem begehrten^ Vogel. Ein leichter
Wind hatte sich erhoben, der gluthhauchend uns umwehte, und
ausdörrte. An einem der ersten Brunnen, welche sich zeigten,
löschten wir unseren zur peinigenden Qual gesteigerten Durst.
So schlecht das Wasser auch war, so bitter und faul es schmeckte,
so tranken wir es doch mit einem gewissen Wohlbehagen. Vor
der üppigen Palmenoase lag ein ziemlich grösser See und verlieh
mit seinem glitzernden Spiegel der umlagernden Oase, wie der
weiterhin sich aufbauenden Stadt ein lebendiges-, ungeinein anziehendes
Aussehen. Als wir uns an demselben genügend erfreut
hatten, ritten wir durch die Thore der Stadt und hielten bald
darauf vor dem Hause des Oberhauptes, des Ka'id von Guerrärä,
welcher uns seine ganze Wohnung bereitwilligst zur Verfügung
stellte. Nachdem wir uns in den dunkelen, dem Tageslichte kaum,
zugänglichen Räumlichkeiten einigermassen eingerichtet hatten,
setzte ich mich mit Herrn W. sofort an die Arbeit, während meine
Frau sich Stadt und Volk zeigen liess, photographische Aufnahmen
machte und den Frauen des Ka'id einen Besuch abstattete. Höchst
befriedigt von dem Anblick eines geradezu reizenden Geschöpfes;
welches in einem Winkel gesessen und erst-durch Anstecken von
Licht überhaupt sichtbar geworden war, kehrte sie zu mir zurück
und war des Lobes voll über die wirkliche Schönheit, welche sie
in dem m’zabitischen Mädchen erblickt hatte. Der Ka'id verfügte
über 4 Frauen, von denen 2 hier in Guörrärä, 2 in Gardäja
lebten; eine 5. (Negerin) war ihm kürzlich gestorben. Der Ka'id
selbst war ein langgewachsener, ebenfalls nicht unschöner Mann,
auf den bereits der wohlthätige Hauch der französischen Civili-
sation überkommen war. Er liess es sich denn auch nicht nehmen,
des Abends mit uns zu speisen, wo er uns eine Suppe, eine scharfe,
dann süsse Fleischspeise und den obligaten, nie fehlenden Kuskussu
mit süsser Sauce, diesmal ohne Fleisch, vorsetzte. Dann gab es
noch Thee und Kaffee zum Willkommensgruss, sowie frische
Granaten, Erdnüsse und köstliche Datteln zur Nachkost. Nach
diesen Genüssen setzten wir unsere Arbeit noch einige Zeit bei
Licht fort, bis wir völlig ermüdet uns dem willkommenen Schlafe
hingaben.
D ie n s ta g , d e n 25. A p ril 1893. Die Nacht gehörte
keineswegs zu den angenehmsten auf unserer Reise. Wir erwachten
mit starken Kopfschmerzen und einem Uebelbefinden,
das auf ungesunden Staub und ebensolche Luftpartikelchen in
der Wohnung des Ka'id schliessen liess. Auch unsere Herren
klagten über dieselben Erscheinungen, obschon sie es vorgezogen
hatten, im halb verdeckten Hofraume zu nächtigen. Der lag voller
Kisten und Säcke, die seit lange hier schon aufgestapelt gelegen
haben mochten, durchsetzt mit Ungeziefer aller Art, wie Scorpionen,
Ohrwürmern, Mäusen und Ratten. Wir fühlten uns Alle matt und
erschöpft, sodass die Anstalten zur Abreise mit grösserem Kraftauf-
wande denn je vorher betrieben werden mussten, wenn der Abmarsch
heute überhaupt vor sich gehen sollte. Dazu kam, dass das Pferd
vom Spahis erkrankt war und unser Aller Besorgniss erregte.
Es war offenbar gestern im Stalle gleich getränkt worden, bevor
es sich äbgekühlt hatte. Jetzt bot es einen geradezu jämmerlichen
Anblick dar. Das schöne goldbraune Haar war von Schweiss
durchtränkt, den zitternden Gliedern entströmte fortwährend
Dampf, matt und ausdruckslos schienen die sonst feurigen Augen,
und das zierliche Köpfchen hing traurig zu Boden. Der Spahis
war vor Aufregung Und Angst um seinen Verstand gekommen
und stellte sich bei der Behandlung des Thieres so ungeschickt
wie nur möglich an. Durch die energischen Eingriffe meines
Schwagers gelang es erst das beklagenswerthe Geschöpf wieder
aüf den Weg der Besserung zu bringen, und ich bin fest davon
überzeugt, dass der prächtige Hengst eingegangen wäre, wenn
nicht die erfahrene Umsicht und Hantirung des Herrn W. zu
Hülfe gekommen wäre. Die veranstalteten Manipulationen hatten
selbstredend nebst vieler Mühe auch viel Zeit gekostet, sodass