
.Der Ausflug ist mit vollem Erfolge gekrönt. Vier Thiere wurden getödtet: eins misst
5,3 Meter, ein anderes 4,4 Meter.
Sonnabend, 14. März.
Heute, am letzten Tage unsers Aufenthalts auf Java, sollte auf dem Waterlooplatze eine
Parade stattfinden, aber das Regenwetter verhinderte sie. Dafür bleibt mehr Zeit das grosse Museum
von Batavia anzusehen, das sehr viel Interessantes und in seiner Art Einziges bietet.
Nahe der Paradetreppe stehen Kanonen von der Insel Borneo. Das ganze Atrium und
die anstossenden Räume sind erfüllt mit Denkmälern heidnischer Sculptur aus jener Periode, als
im Archipel indische Ideale vorherrschten. Bildsäulen nehmen einen beträchtlichen Raum ein.
Gutmüthige Ganescha-Figuren mit Rüsseln verschiedenster Formen, mehrhändige Himmelsbewohnerinnen
und Götter, die über Steinaltären emporragen oder als Einzelfiguren auf einem Ochsen
stehend abgebildet sind, allerlei wunderliche Embleme des indischen Cultus und der geheimniss-
vollen Kraft der Götter, schöne, milde Götterköpfe mit einem dritten Auge auf der Stirn, darüber
die mit dem Symbol des Kreuzes geschmückte Tiara, prächtige Buddhas auf Lotusblumen, ein
phantastisches Pferd mit zwei Köpfen, Durga mit dem Todtenschädel auf dem Kopfe und der Schlange
im Gürtel, Kartikeya auf dem Pfau; ein bärtiger Schiwa in Menschengestalt mit dem Dreizack und
Rosenkranz: von allen Seiten blicken auf den in die Säle Eintretenden steinerne Fragmente einer
grauen Vergangenheit, in der das Land gross war. Es ist sehr zu bedauern, dass die archäologischen
Merkwürdigkeiten Javas verhältnissmässig spät ein gründliches Studium erfahren haben,
sodass zur Zeit manche ganz charakteristische Gegenstände sich nicht mehr genau bestimmen
lassen! Nur hier und da bemerkt man Bronzefiguren.
Im allgemeinen erscheint die Sammlung noch in einem fast chaotischen Zustande.
Einige Inschriften sind noch nicht entziffert Es steht zu hoffen, dass die aufgeklärten
Herren, die sich hier zu der nützlichen „Genootschap van Künsten en Wetenschapen“ vereinigt
haben, dafür sorgen werden, dass wenigstens auf die wichtigsten unter den schon halb
verblichenen Seiten der einheimischen Geschichte, der Landessage und der Landessitte, einiges
Lieht falle.
Die weitaus reichhaltigste unter den verschiedenen Abtheilungen des Museums ist die ethnographische.
Sumatra, Borneo, Celebes stellen sich in anschaulichster Form in einer Reihe von
Glaskästen dar, in welchen die Gegenstände so meisterhaft gruppirt sind, dass sie dem Besucher
sofort ein klares Vérstándniss des Landes eröffnen, aus welchem sie stammen. Modelle von
Häusern und Grabdenkmälern, kleinen Götterbildern und Musikinstrumenten, männliche und weibliche
Kleidungsstücke, mannichfaltige Schmuckgegenstände, Vogelscheuchen, Fischereigeräthe, Boote,
Waffen, Zierathen u. s. w. fesseln von Schritt zu Schritt die Aufmerksamkeit der Besucher. Die
ehemalige und die gegenwärtige Lebensweise der Javaner heben sich ganz besonders scharf ab.
Auf der einen Seite sieht man die.Tracht des auf Java jetzt aussterbenden Stammes Baduwi,
der sich zum '■Buddhismus bekennt Rundherum stehen ungeheuere Gongs, wie sie ehemals in
den fürstlichen Orchestern benutzt wurden, Attribute des Wayang, Putzsachen, Brautschmuck,
Kriegslanzen, alle möglichen Ehrenschirme, Bronzeschilde, Webstühle, Dorfgeräthschaften zur
Zucker- und Tabackcultur, zur Oelproduction u. s. w. Holländische Marineoffiziere spenden fortwährend
diese und jene Raritäten, die sie auch von den Küsten Neuguineas mitbringen. Einen
seltsamen Eindruck machen unter anderm eine Papuatrommel, aus Schlangenhaut, eine unförmliche
steinerne Keule, ein geschnitzter Kamm u. dgL
In einem aparten Zimmer, in welches Besucher nur selten zugelassen werden, findet man
alle möglichen Kleinodien, Gold- und Silbersachen aufbewahrt.
Im Museum befindet sich eine überaus reiche Bibliothek, in welcher wol die gesammte
Literatur über die niederländisch-indischen Besitzungen vereinigt ist. Ausser Büchern ist hier noch
eine Menge von Plänen und Karten, auch von Manuscripten der Eingeborenen auf Baumblättern.
Diese Manuscripte enthalten die Landesgeschichte, in Prosa und in Versen, Sammlungen von
Urtheilssprüchen aus dem Gewohnheitsrecht (Adat), Moralvorschriften, Theaterstücke, mythologische
Erzählungen, Gebete, Prophezeiungen, Zauberformeln u. s. w. Die Javaner haben Ehrfurcht vor
den Denkmälern ihrer vaterländischen Literatur, und es ist sehr schwer, sich von dem verschlossenen
Volke ältere Geistesproducte zu verschaffen.
Die numismatische Abtheilung zeichnet sich durch ihre Vollständigkeit aus und bildet den
Stolz des Museums. Man zählt gegen 6000 Nummern, darunter Papiergeld und Werthzeichen.
Unter den Medaillen interessirt auch eine zu Ehren der Ostindischen Compagnie in “den
Niederlanden geschlagene. Diese Handelsgesellschaft hatte im Laufe von hundert Jahren ihre überseeischen
Unternehmungen zu so hoher Blüte entwickelt, dass von 25000 Schiffen, die unter
Ludwig XIV. den Ocean durchfurchten, neben 600 unter französischer ungefähr 2000 unter holländischer
Flagge segelten.
Viele chinesische und japanische Kupfermünzen werden aus dem Schose der Erde gehoben.
Altjavanische Dukaten, persische Rupien und solche aus der britischen Periode auf Java,
von 18 1 1 bis 18 16, Halbdollars aus derselben Zeit von der Insel Sumatra, Geldsorten aus
den Besitzungen des Radscha Brooke auf der Nordküste der Insel Borneo, altchinesische, annamitische
und siamesische, indische und arabische Münzen füllen in reicher Menge die Glaskästen im Verein
mit numismatischen Raritäten europäischen Ursprungs.
Altägyptisches Geld aus den Zeiten der Kleopatra prangt neben chinesischen Amuleten,
niederländisch-indischen Marken aus den letzten zwei Jahrzehnten, Geldsorten verschiedener Dynastien
des Himmlischen Reiches (vom 3. Jahrhundert v. Chr. an), und neben einer numismatischen
Sammlung aus Siam, die dem Museum vom König selbst zum Geschenk gemacht wurde u. s. w.
Französische Münzen aus Pondich^ry in Indien (aus der Zeit Ludwigs X V .), dänische aus
Tranquebar (vom Jahre 1746 an) finden sich ebenfalls, ferner spanische Piaster, mittelalterliche
Münzen aus Ceylon, goldene „Mochur“ aus Nepal (vom 17. Jahrhundert) im Verein mit hebräischen
und syrischen bis zur christlichen Epoche; dann fesseln wieder parthische'"find sassanidische aus
dem Anfang unserer Zeitrechnung die Aufmerksamkeit der Besucher.
Noch fast unmittelbar vor der Abreise machen die erlauchten Reisenden einen kurzen Ausflug
nach dem Zoologischen Garten, der aber nicht zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt gehört
Verhältnissmässig wenige Thiere sind in einem dafür bestimmten Parke zusammengebracht
Kreischende Papagaien (weis'se mit gelbem Schöpfchen, rothe mit violetten Punkten auf den
Flügeln, schwarze und blaue), wunderbare Paradiesvögel, Affen und Kasuare bilden eine ziemlich
spärliche Reihe interessanter Exemplare. Am meisten Aufsehen erregt eine sonderbare Eule mit
einem fast menschenähnlichen, von einem Bart umrahmten Greisengesicht Wenn sie sich ärgert,
bellt sie wie ein Hund.
In der Mitte des Gartens steht ein leeres Haus, das einem vornehmen Eingeborenen
(Raden Saleh) von nicht geringem Rufe gehört hatte. Dieser Javaner hatte seine Bildung im
Abendlande erhalten und lange Zeit aüf Reisen in Europa zugebracht. Da er ein hervorragendes
Malertalent besass, führte er eine grosse Anzahl Aufträge in Darstellungen aus dem javanischen
Leben aus.
Orisiittcisé. II..