
aus den Grenzgebieten Russlands in Centralasien. Der gewandte, wegen seiner Wagethat gefeierte
junge Orientalist hat sich jetzt nach Java begeben und ist der Colonialregierung ausserordentlich
nützlich, denn er studirt scharfen Auges das Leben und Treiben der Eingeborenen
vom religionspolitischen Gesichtspunkte aus. Er lebt anspruchslos unter ihnen, um seinen Landsleuten
jeden Augenblick den Schlüssel zu verschiedenen unheilschwangern Erscheinungen liefern
zu können.
Ihre Hoheiten nehmen das Frühstück im Palaste des Gouverneurs von Preanger ein. Einen
seltsamen Eindruck macht dabei ein junger, reicher als seine Umgebung gekleideter Javaner, der
bei der Tafel servirt. Er ist der Sohn eines einheimischen Fürsten, weshalb ihm der Resident
„erlaubt“ , die Obliegenheiten eines Dieners bei einer Mahlzeit von Europäern zu erfüllen, denn „es
gereiche einem Jüngling zum Nutzen, sich bei einem solchen Anlass an guten Ton zu gewöhnen“ .
Ich lehne es ab, zu entscheiden, ob das Mittel dem Zwecke entspricht. Aber schon das
Factum flösst unwillkürlich wehmüthige Gedanken ein. Diese Abkömmlinge ehemaliger Häuptlinge
und Fürsten verdienen in ihrer gegenwärtigen Erniedrigung gewiss unsere innigste Theilnahme.
Haben denn nicht die eingeborenen Herrscher vor kurzem noch selbst eine prachtvolle Hofhaltung
geführt? Lanzenträger in mit Edelsteinen verzierter Rüstung, Tänzerinnen,. Zwerge, Mohren
erfüllten die üppigen Paläste der braunen Beherrscher Javas. Wenn sie ihren glänzenden Hofstaat
empfingen, blieben sie selbst dem zu ihren- Füssen kauernden Rathe unsichtbar. Nur ihre
Stimme erscholl hinter den Brocatvorhängen. Ein Maharadscha hatte die Gewohnheit, bei offi-
ciellen Empfängen in einem Panzer mit Flügeln, einen vergoldeten Adler auf der Krone, auf einem
Throne zu sitzen, vor welchem über ihm ein Wasserfall niederrauschte, der ihn durch seinen
Nebelschleier jedem zudringlichen Blicke entzog. Erhabene Namen mussten die Persönlichkeit des
Herrschers verherrlichen. Klang es nicht poetisch, wenn z. B. eine einheimische Fürstin die „gold-
rothe Blume“ hiess?
Die frühem Obersultane (Susuchunan oder Susunan) sind jetzt jeder Macht entkleidet
Schon 1708 wurden sie nach Ceylon und sogar ans Cap der Guten Hoffnung in die Verbannung
geschickt. Sie beugten sich schon damals vor dem Gouverneur von Batavia zur Erde.- Der Osten
ist vom Westen entthront!
Wif . sind nach der Hauptstadt zurückgekehrt. Nach neun Uhr fahren Ihre Hoheiten zum
Ball der „Harmonie“ , des ersten. Clubs in Batavia. Nach hergebrachtem Brauch versammelt sich
hier das Publikum zu den Soireen ohne Hüte — so nachsichtig macht eine Tropenwelt mit ihrem
verzärtelnden Lufthauch und Dämmerlicht Im Ballsaal erhebt sich auf goldenen Lanzen ein Thron
unter einem azurblauen, silbergeschmückten Baldachin. Zwischen dem blendenden Marmor und
dem Glanze der Lichter treten überall, auf Bändern und Blumen, die Namenschiffren des Gross-
fürsten-Thronfolgers und des Prinzen Georg von Griechenland hervor. An der hervorragendsten
Stelle prangt das Porträt Ihrer Majestät der Königin der Niederlande.
Freitag, 13. März:
Gegen Abend fahren Ihre Hoheiten durch das alte originelle Batavia, von dem jetzt nur
noch die Contöre der Handelsleute übriggeblieben sind, sodann auf Kähnen hinter die Stadt, zur
Jagd auf die daselbst wimmelnden Krokodile. Die Javaner empfinden vor denselben ein abergläubisches
Grauen und tödten die Ungethüme selbst nicht, sind aber gern geneigt, europäische
Sportsmen zur Jagd auf sie einzuladen.
DAS VON SEINER KAISERLICHEN HOHEIT ERLEGTE KROKODIL (PETERSBURG, 1893).