
Die Abendluft strömt in sanften Wogen durch die Fenster herein. Die Hämmer des
Gamelang locken Melodie um Melodie hervor. Mechanisch treten die vermummten Schauspieler
nach allen Regeln des Wayangspiels auf und wieder ab. Ein unbestimmtes Gefühl der Beklemmung
und Uebersättigung schleicht sich in die Seele ein und verhindert, Belehrung und fesselnden
Reiz am Schaustück zu finden........
Montag,-9. März.
Ausflug nach dem 240 Kilometer entfernten Garut, dem Endpunkt der noch unvollendeten
Eisenbahnlinie, die von Batavia ins Innere der Insel führt.
Die Waggons rollen geschwind durch die Berggegend, zwischen den Vulkanen Salach und
Gedeh, in der Richtung nach den sogenannten „Preanggr-Landschaften“ , der ausgedehntesten
Provinz Mitteljavas, die hoch über dem Meere gelegen ist, mit sehr fruchtbarem Boden und
ausserordentlich günstigen Verhältnissen für Grossplantagenbetrieb.
Die uns umgebenden Anhöhen nehmen. allmählich eine eigenartig grünlichweisse Färbung
an, die von der dichten Rasendecke des Grases „Alang-Alang“ herrührt. Wohin immer man den
Blick wendet, erstrecken sich endlose, stufenförmig übereinanderliegende, künstlich überschwemmte,
zum Reisbau eingerichtete Terrassen. Schmale Streifen von Maispflanzungen bilden die Einfassung
eines jeden solchen Reistümpels. Die Bewässerung, die zum Theil durch Bambusrohren erfolgt, ist
überall zur höchsten Vollkommenheit entwickelt. Wo die auf Vererbung berühende uralte Kunst
der Eingeborenen nicht ausreicht, da geizt die Colonialregierung nicht mit ihrer Subvention und
den Mitteln der Bewässerungstechnik.
Im Rahmen der dunkelvioletten Gebirgszüge, unter dem in seinen fernsten Tiefen durchsichtigen
blauen Himmel wogt leise die smaragdene oder safrangelbe Ernte hin und her. Auf
Pfosten und an Stricken, die man gezogen hat, wehen bunte Lappen zur Verscheuchung der
Vögel. Von dem Gepolter des dahinjagenden Zuges aufgeschreckt, flattern fuchsähnliche Fledermäuse
von den Obstbäumen bei den Dörfern empor und kreisen unentschlossen über dem Laubwerk.
Der Weg mit seinen häufigen, plötzlichen Wendungen wird malerischer und erhabener.
Die Bahnstrecke bildet den Stolz der holländischen Ingenieure, die sie mit Zwangsärbeitern fertig
stellten; sie ist auch ein Gegenstand des Entzückens für naturliebende Touristen, denn nicht selten
schwebt sie über wilden Sturzbächen und düstern, romantischen Felswänden vulkanischen Ursprungs.
Der Gouverneur der Landschaften Preanger, Herr Heyting, stellte Sich in Bandong Ihren
Hoheiten vor. Die Verwaltung der Provinzen von Java ist besondern europäischen Beamten, sogenannten
„Residenten“ , anvertraut, die das fürstliche Vorrecht auf den vergoldeten Sonnenschirm,
den „Payong“ , und sonst noch ganz bedeutende Vollmachten gemessen. Der Gouverneur begleitet
den Grossfürsten bis Garut, welcher Ort das Centrum des Kreises Limbangam bildet. Wir
langen daselbst etwa um ein Uhr nachmittags an.
Der Tag wird der Erholung gewidmet In der feuchtheissen Luft fühlt man sich nicht
minder erschlafft als nach einem längern Dampfbade. Am Abend zeigen in der Wohnung des
eingeborenen Ortsvorstehers, der das Recht auf den halb grünen, halb weissen „Payong“ besitzt,
Tänzerinnen ihre Kunst Der Tanz erinnert an die „Natsch“ Indiens, und die Aehnlichkeit ist
um so auffallender, als auch auf Java seit uralten Zeiten der Brauch herrscht, die Unterhaltungskünste.
der Bajaderen zu Ehrenbezeigungen zu benutzen.
Dienstag, 9. März.
In aller Frühe ist schon alles auf den Beinen, um sich für den Ausflug auf den 2400 m
hohen Vulkan Papandayan bereit zu halten.
Das Wetter ist trüb. Rasch fahren wir durch einen weiten, hügeligen Thalkessel. Seine
Einfassung bilden Vulkane, die zur Hälfte von Plantagen bedeckt, zum Theil in Wolken und Hochwald
verborgen sind. Die Pferde von Preanger, die etwas arabisches Blut haben und wegen ihrer
Ausdauer und Schnelligkeit gelobt werden, traben munter dahin.
Die Pferde werden zwar wie gewöhnlich stark angetrieben, aber doch müssen die Anwohner
an einigen steilen Wegkrümmungen den armen Thieren zu Hülfe kommen, indem sie Steine unter
die Räder legen und mit Aufbietung aller Kräfte die Wagen emporschleppen. Lagerhäuser der
JAVANISCHES DORF.
Regierung für den Kaffee schimmern zu beiden Seiten des Weges. Anmuthige Javanerinnen
tragen kleine Kinder auf dem Rücken, rothgraue unbehaarte Büffel mit nach rückwärts gebogenen
Hörnern liegen getreulich ihrer Arbeit ob, von einem auf ihnen reitenden kleinen Jungen an
einem einfachen Strick gelenkt.
Hammel, von den Eingeborenen „holländische Ziegen“ genannt, flüchten sich beim Herannahen
unserer Equipage in die nahen Gräben. Aber scheuer noch und charakteristischer verhält sich
das Volk selbst. In ganzen Gruppen biegen die Fussgänger seitwärts vom Wege ab, kehren uns
den Rücken, beschirmen sich mit ihren schildartigen Hüten, kauern auf die Fersen nieder und
geben sich sichtlich alle Mühe, die fremden Machthaber nicht anzusehen. Das ist hierzulande seit
den ältesten Zeiten ein Brauch, der- von den Weissen ausserhalb Batavias sorgfältig aufrecht erhalten
wird, theilweise zum Kennzeichen ihres Vorrangs!