
150 IM GEBIETE DER VULKANE.
Mehrere Baumarten streben Mastbäumen gleich in die Luft empor, wo ihr Laubwerk entweder sich
zu einem zottigen Haarschopf zuzammenschliesst oder in einen prachtvollen Fächer ausläuft. Andere
zeichnen sich durch eine seltsame candelaberförmig
Verzweigungaus, wieder andere (darunter be-
sonders die feigenbaumartigen
„Waringin“ , die in den Augen des
javanischen Volkes für heilig
gelten) verflechten sich zu gewölb-
ähnlichen Galerien, die in
ihrem Schatten Schmarotzerpflanzen
und Orchideen Schutz ge-
währen. Schmetterlinge und Zwergfarbenprächtigen
vögelchen bringen mit ihrem
Fluge Leben und Bestille
wegung unter das sonst so
Schutzdach. Zarte weisse und
FRUCHTPYRAMIDE IM BOTANISCHEN GARTEN ZU BUITENZORG.
gelbe Blumen glänzen überall. Hundert Fuss lange Schlingpflanzen umklammern jeden Baum mit
fast unzerreissbaren Ketten.
Die Blätter mancher Baumriesen setzen durch ihre Grösse geradezu in Erstaunen,
denn mehrfach haben sie über 5 Meter im Durchmesser. Es gibt Stämme, deren Holz so
hart ist, dass ein mit einem Stock dagegen geführter Schlag tönt wie der Widerhall von einer
Metallplatte.
Statt der Orangerien bemüht sich die Direction Kühlkeller einzurichten, die die allerempfindlichsten
Pflanzen künstlich vor der unerträglichen Hitze beschützen sollen.
Der Gehülfe von Dr. Treub, Herr Wigmann, hatte zur Ankunft des Grossfürsten-Thron-
folgers in einer besondern grossen Laube vier Pyramiden von 250 hier gedeihenden Fruchtgattungen
errichtet. Man sagt, der Geschmack der meisten Tropenfrüchte entspreche im allgemeinen
nicht der bezaubernden Vorstellung, die ihr Anblick erwecke.
Ein Gewitter mit ununterbrochenem Regengüsse
verhinderte die Ausführung des geplanten
Besuchs der Kasernen des hier stationirten Detachements.
Es ist schade, dass wir uns nicht
durch Augenschein von den Lebensverhältnissen
der hiesigen Miethstruppen überzeugen konnten,
denn diese sollen ganz eigenartig sein. Die
weissen Soldaten leben mit ihren Familien, mit
schwarzgesichtigen Frauen und
Kindern zusammen. Die Gefährtinnen
ziehen in einem
Feldzuge mit hinaus und versehen
den Dienst von Marketenderinnen
und Krankenschwestern.
Nach dem Galadiner
wohnen Ihre Hoheiten der
Aufführung eines eigenthüm-
lichen dramatischen s Stücks
(„Wayang Wong“ , wie dasselbe
bei den Javanern heisst)
bei, unter den Klängen eines
einheimischen Orchesters.
Das Schauspiel gewährt
ein doppeltes Interesse. Zunächst
bewundert man den
vielgepriesenen „ Gamelang“
. 0 . . . „ T WAYANG WONG. mit seinen originellen Instrumenten.
Dann aber sieht man
eine Production, in deren handelnden Personen sich die ganze eigenartige Vergangenheit des
Landes widerspiegelt, das ganze noch so wenig erforschte Alterthum Javas.
Unter dem Einflüsse von Indien hatte sich auf der Smaragdinsel allmählich eine reiche Literatur
religiös-epischen Charakters entwickelt Bei der angeborenen Gottesfurcht der Bevölkerung stieg
die Verehrung der Götter und Heroen zur höchsten Stufe und forderte im täglichen Leben reale
Vorbilder, um den ästhetischen Bedürfnissen des Volkes zu genügen. So entstand damals auf
Java ganz selbständig ein Theater, dessen Bühne ein wirkliches Abbild der Geistesströmungen
war, von welchen sich das Volk bewegt fühlte. Dieses Theater schlug so dauerhafte Wurzeln,
dass, obwol in der Folge der Islam triumphirte, er dennoch diesem Kunstzweige nichts anzu