
arbeitenden Gebiete im nordöstlichen Russland. Damit ist klar, dass wir nicht so zurückgeblieben
und sorglos sind, als gemeiniglich sogar bei uns das Schlagwort lautet.
Das Innere Javas ist bis heute noch wenig erforscht In dieser Beziehung haben die
Colonialbehörden eine unbegreifliche Lethargie gezeigt, indem sie die Unbestimmtheit des Bergbaugesetzes
als Hemmschuh benutzten, um die Versuche von Privaten zu hintertreiben, sich mit
den unterirdischen Reichthümern des Landes näher bekannt zu machen.
Historische Thatsachen beweisen, dass sich auf der Insel Gold im Ueberfluss vorfand. Im
vorigen Jahrhundert hat man auch Silber entdeckt Es gibt im Lande überreiche Lager von
Naphtha, Schwefel, Salpeter, Salz, Zinn, Asphalt, herrlichem Marmor, Porzellanerde, Eisen, Basalt,
Granit und Porphyr. Alle diese Schätze liegen brach da, und die Inselregierung hält es, wie man
behauptet, noch nicht für angezeigt, die Geheimnisse der Erde aüfzustöreh.
In der. letzten Zeit sind viele wichtige Bewässerungsarbeiten unternommen worden, und es
ist darum kein Wunder, wenn die Insel gegenwärtig jährlich 400 Millionen Kilogramm Reis
producirt, sodass die Hungersnöthe, die früher eintraten, solange man genöthigt war, diese Hauptnahrung
der Bevölkerung aus Siam und Cochinchina einzuführen, sich nicht wiederholen können.
Ausserdem gewinnt man (wie ich 1891 notirte) ungefähr 65 Millionen Kilogramm Kaffee, 340 Millionen
Kilogramm Zucker, 9 600000 Kilogramm Taback und 9500000 Kilogramm Thee; letzteres
ist eine sehr bescheidene Quantität, wenn man sie mit dem vergleicht, was gegenwärtig allein
von den Engländern auf den Markt gebracht wird.
Die Theeproduction verfährt nach musterhaften Methoden. In London concurrirt der hiesige
Thee mit dem chinesischen und indischen. Der erste Strauch wurde 1826 durch Dr. Siebold
aus der holländischen Factorei zu Nagasaki eingeführt, später gelangten erfahrene Pflanzer in den
Besitz von wilden Theesträuchern aus Assam.
Eigentliche Kaffeepflanzungen sind im indo-malaiischen Archipel wahrscheinlich erst seit
dem Jahre 1690 bekannt Einem der höchsten Administratoren auf Java gelang es, Kaffeesträucher
aus Samen zu ziehen, die er direct von arabischen Kaufleuten an der Malabarküste erhalten hatte.
Anfänglich ging die Sache sehr schlecht, und die Eingeborenen im Verein mit den Colonisatoren
kamen erst spät zur Einsicht
Das Abendland hat von alters her die Smaragdinsel mit Recht als eine Art indischen
Paradieses betrachtet, mangels richtiger Karten aber haben die Europäer in alter Zeit Java lange
mit Japan verschmolzen, woran der Name „Zipangu“ die Schuld trug, der jenem von dem berühmten
Marco Polo gegeben worden war. Erst in der Neuzeit ist es den Geographen,
gelungen, diesen Irrthum aufzuklären, indem sie nachwiesen, wie der indische Name der Insel
„Sumbhava“ allmählich* in den zwar unähnlichen, nichtsdestoweniger aber identischen Namen „Zipangu“
verunstaltet wurde. Zur Bestätigung meiner Ansichten über den vorhistorischen Zusammenhang
der südlichsten buddhistischen Insel mit dem den tlrbuddhismus bekennenden
Festlande Asiens kann ich noch hinzufügen, dass die Lamaisten Transbaikaliens einen geheimniss-
vollen „Buddha Sumbhava“ verehren, der in unvordenklichen Zeiten in die Regionen der Südsee
ausgezogen sei, um den dunkelhäutigen Wilden die wahre Lehre zu predigen.
Zipangu ist von den mittelalterlichen Reisenden wegen der Reichthümer seiner Natur und
seiner Bevölkerung verherrlicht worden. Auch theilte man gar manches Interessante mit über die
auf der Insel vorkommenden Göttertempel und Götterbilder, was beweist, dass es sich nur um
Java handelt, da solche nach ihrem Stilcharakter nicht im mindesten den Heiligthümern und Cultur-
objecten Japans ähnlich sind.
IM G E B IE T E D E R VULKANE.
Sonntag, 8. März.
I leute steht uns eine kurze Eisenbahnfahrt ins Gebirge bevor, wo der Landpalast des
Vicekönigs liegt.
Ein ganzes Meer von Laubwerk umgürtet die Sphäre der menschlichen Cultur. Lianen
schlingen sich guirlandenartig zwischen riesigen Banianen und Palmen hin. Die am Fusse saffiangrauen,
auf ihren Gipfeln opalfarbenen Anhöhen treten näher und näher. Salach, Pangerang, Gedeh,
drei erst jüngst noch thätig gewesene Vulkanriesen, nehmen unter dem silbernen Firmament eine
zarte blaue Färbung an. Die unterirdische Thätigkeit kommt in ihnen heute nicht mehr mit erschreckender
Energie zur. Erscheinung. Sie bewahren einstweilen lautloses Schweigen — vielleicht
sind sie zum Theil erloschen —, und nur ein leichtes Wölkchen schwebt noch über einem, der
vor zehn Jahren über den Bezirk von Tandschor Tod und Verwüstung gebracht. Als 1690 der
Salach Batavia mit Schlamm, Sand und Asche überschüttete, litten die Einwohner schrecklich
unter der Verstopfung der Kanäle und Bäche, der Ansammlung faulender Substanzen am Ufer
des Meeres u. s. w. Hoffentlich bleibt die Stadt künftig von solchen Katastrophen verschont. Aber
in diesem Lande ist alles möglich! Bei dem 1883 erfolgten fürchterlichen Ausbruch des Inselvulkans
Krakatau — weit ab von Batavia, im Ocean — wälzte sich die Lava in ganzen Wogen
bis Tandjunk Priok, trieb das Wasser in den Europäervierteln in die Höhe und überschwemmte
einen Theil der Häuser der Eingeborenen.
Neun Ühr. Balsamische Bergluft. Die erlauchten Reisenden mit Herrn Pynacker Hordyk
und der Suite sind in Buitenzorg angekommen. Eine vierspännige Galaequipage mit einem
barfüssigen Kutscher in Cylinder, Handschuhen und Livree mit Epauletten, fünfzig javanische
Begleiter auf feurigen starken Pferden als Ehrengeleite, mit Fähnchen in russischen, niederländischen
und griechischen Landesfarben auf den Lanzen, ein gewaltiger gelber Sonnenschirm zur Ueber-
schattung des Grossfursten und des Hauptvertreters der Regierung, wie es der Landesbrauch
verlangt: welch seltsames Gemisch von Civilisation und fast prähistorischen Eigentümlichkeiten!
Das Städtchen Buitenzorg („Ohne Sorgen“) , die Residenz des Generalgouverneurs, heisst
eigentlich Bogor; es erhielt seinen holländischen Namen von seiner idyllischen Abgelegenheit, obwol
es in der Nähe der Hauptstadt der Insel liegt Wenn die Batavier von der feuchten Hitze erschöpft
sind oder am Sumpflieber leiden, fahren sie mit Vorliebe hierher, um neue Kräfte zu gewinnen.
Buitenzorg ist für die Creme der niederländischen Gesellschaft dasselbe, was Simla für Indien.